Es war wieder einmal erfrischend, beim Diabetes-Update 2014 in Mainz einen Strauß mit all den Neuigkeiten in den verschiedenen Teilgebieten des Diabetes und darum herum präsentiert zu bekommen. Ein prominenter Teilnehmer hat die Veranstaltung als „das spannendste Diabetes-Update aller Zeiten“ bezeichnet. Tatsächlich spricht die hohe Zahl der jährlichen „Wiederkommer“ für die große Akzeptanz durch die Teilnehmer, die ja auch bereit sind, für die Leistungen der Update-Veranstaltung eine signifikante Gebühr zu bezahlen. Dafür bekommen die Ärzte und auch Diabetesberater/innen Vorträge auf höchstem Niveau geboten, bei denen Experten der entsprechenden Gebiete die wichtigsten in den vorausgegangenen ein bis 2 Jahren neu hinzugekommenen klinischen Erkenntnisse selektieren und strukturiert vortragen. Im Gegensatz zu so vielen anderen Symposien gibt es bei der Diabetes-Update-Veranstaltung ausgiebig Zeit, mit den Referenten zu diskutieren – sowohl während des Vortrags selbst als auch im „speaker’s corner“ nach dem Vortrag und während der beiden Tage der Veranstaltung. Darüber hinaus bekommt jeder Teilnehmer ein Manual mit den gesamten Exzerpten der wichtigsten Arbeiten, einschließlich einer kritischen Wertung derselben durch den jeweiligen Experten [30] und danach eine CD mit den Präsentationen für die eigene Verwendung.

Hohe Zahl der „Wiederkommer“ spricht für große Akzeptanz durch die Teilnehmer

In diesem Heft von Der Diabetologe wurden 4 Referate für die Publikation ausgewählt und werden zum vertieften Lesen empfohlen. Dies sind die Themen „Typ-1-Diabetes“ (Autor: Professor Manfred Dreyer von den Asklepios-Kliniken in Hamburg), „Diabetische Neuropathie“ (Autor: Professor Dan Ziegler vom Deutschen Diabeteszentrum in Düsseldorf), „Diabetes und Schwangerschaft“ (Autor: Dr. Helmut Kleinwechter) sowie „Ernährung“ (Autoren: Professor Andreas Pfeiffer und Frau Dr. S. Gebauer von der Charité in Berlin).

Die weiteren „Highlights“ des Diabetes-Update 2014 will ich Ihnen im Folgenden nur mit einigen Schlaglichtern aufzeigen.

Pathophysiologie und Prävention

Herr Professor Stefan Martin vom Westdeutschen Diabeteszentrum in Düsseldorf referierte zum Thema Pathophysiologie und Prävention. Besonders hervorzuheben ist die hochkarätig publizierte prospektive multizentrische Studie Prevention with Mediterranean Diet (PREDIMED) mit 3 Studiengruppen, in der der Effekt von 2 unterschiedlichen mediterranen Diäten bezüglich der Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen prospektiv geprüft wurde. Die Ergebnisse waren überraschend: Während bisher vom Konsum von Nüssen aufgrund ihres hohen Fettgehalts abgeraten worden war, erwies sich der Konsum von 30 g Nüsse/Tag in dieser Studie als vorteilhaft. Auch die Empfehlung einer generell fettreduzierten Kost kann nach den Ergebnissen dieser Studie nicht mehr aufrechterhalten werden [12]. Interessant war ebenfalls die Vorstellung von 3 prospektiven longitudinalen Kohortenstudien, die insgesamt zeigten, dass durch den vermehrten Konsum zuckerhaltiger Getränke, aber auch durch Fruchtsäfte das Diabetesrisiko ansteigt. Besonders spannend war die Vorstellung von Daten, die darauf hinweisen, dass durch den Verzehr des künstlichen Süßstoffs Sucralose die glucoseinduzierte Insulinsekretion verstärkt wird. Diese Faktoren tragen zur basalen Hyperinsulinämie bei, die in den Anfangsstadien des Typ-2-Diabetes nachzuweisen ist [23]. Ein weiterer Schwerpunkt der Präsentation waren neue Daten zum amerikanischen Diabetespräventionsprogramm (DPP) und zur finnischen Diabetespräventionsstudie (DPS). Beide belegen, dass die positiven Effekte einer Lebensstilintervention noch viele Jahre über die Intervention hinaus anhalten und nicht nur das Diabetesrisiko reduzieren, sondern auch einen günstigen Effekt auf depressive Symptome ausüben [11, 16, 28].

Diagnose, Epidemiologie und Screening

Herr PD Dr. Wolfgang Rathmann vom Deutschen Diabeteszentrum in Düsseldorf referierte zum Thema Diagnose, Epidemiologie und Screening. Besonders zu erwähnen ist eine von ihm vorgestellte Studie aus Taiwan, in der der Stellenwert des HbA1c-Werts und der Nüchternglucosekonzentration beleuchtet wurde. Wird der orale Glukosetoleranztest (oGTT) als Goldstandard für die Diabetesdiagnose zugrunde legt, hat die Messung der Nüchternglucosekonzentration eine bessere diagnostische Güte bei kardiologischen Patienten beim Screening auf das Vorliegen eines unentdeckten Diabetes als der HbA1c-Wert [34]. Ein nationaler Survey aus Korea zeigte, dass die alleinige Verwendung der Nüchternglucosekonzentration zu einer Unterschätzung von Diabetes und Prädiabetes im Vergleich zu einer Kombination mit dem HbA1c führt [17]. Dr. Rathmann erklärte, dass sich der HbA1c-Wert möglicherweise als komplementärer diagnostischer Test zur Glucosemessung anbietet. Eine für die Praxis wichtige Info: Eine Analyse aus dem amerikanischen DPP zeigt, dass bei nur der Hälfte der Personen mit erhöhten Nüchtern- oder 2-h-Glucose-Werten (im oGTT) anschließend in einem zweiten Test die Diabetesdiagnose bestätigt wurde [6]. Diese Studie belegt erneut die in Leitlinien geforderte Notwendigkeit einer Bestätigung erhöhter Glucosewerte durch einen zweiten Test zur Diabetesdiagnostik. Und noch eine für die Praxis wichtige Erkenntnis: In der Allgemeinbevölkerung gibt die zusätzliche Information über Risikogene keine signifikante Verbesserung von Prädiktionsmodellen für den Typ-2-Diabetes [22].

Pädiatrische Diabetologie

Herr Professor Wieland Kiess von der Universitäts-Kinderklinik in Leipzig referierte zum Thema pädiatrische Diabetologie. Wichtig fand ich insbesondere die Vorstellung einer multizentrischen randomisierten kontrollierten „Cross-over“-Studie zur Effektivität eines kontinuierlichen Glucosemonitorings (CGM), bei der 153 Kinder für jeweils 6 Monate mithilfe einer Insulinpumpe mit einem CGM-System oder ohne behandelt CGM wurden. Ein CGM war assoziiert mit niedrigeren HbA1c-Werten. Auch war die zeitliche Dauer von Hypoglykämien bei Kindern und Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes, die eine Insulinpumpentherapie nutzten, bei CGM geringer. Der positive Effekt verschwand allerdings sofort, wenn die CGM eingestellt wurde. Ein langfristiger und nachwirkender Effekt wurde bisher nicht nachgewiesen [3]. Interessant war auch ein systematischer Review zur Häufigkeit der diabetischen Ketoacidose bei Neumanifestation eines Typ-1-Diabetes bei Kindern in verschiedenen Ländern. Diese variiert weltweit extrem stark, von etwas über 10 % in Schweden bis > 80 % in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE). In Deutschland beträgt die Häufigkeit der diabetischen Ketoacidose bei Erstmanifestation des Typ-1-Diabetes im Kindesalter etwa 25 % [33]. Noch eine besorgniserregende Info: Kinder mit Typ-2-Diabetes scheinen entsprechend einer retrospektiven Analyse von Krankenakten einer großen amerikanischen Kinderklinik rascher insulinabhängig zu werden als Erwachsene mit Typ-2-Diabetes. In der Regel musste bei Kindern und Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes nach 3 bis 4 Jahren die orale Medikation durch eine Insulintherapie ergänzt werden [2].

Lipidologie

Herr Professor Klaus Parhofer von der Ludwig-Maximilians-Universität, München, referierte zum Thema Lipidologie. Aus der Fülle der von ihm vorgestellten Daten sollen hier nur einige wichtige Aussagen aus neuen Leitlinien bzw. Konsensus-Statements wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften herausgegriffen werden. Die heterozygote familiäre Hypercholesterinämie (FH) wird viel zu selten diagnostiziert. Ihre Häufigkeit beträgt 1:200 bis 1:300. Ihre Prognose hat sich seit Einführung der Statine deutlich verbessert [24]. Ein generelles Screening zur systematischen Erfassung der heterozygoten FH wird gegenüber einem Gelegenheitsscreening (z. B. bei Patienten mit vorzeitiger koronarer Herzkrankheit) empfohlen. Die genetische Testung aller Indexpatienten wird ebenfalls empfohlen [35]. Es wurde darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, zwischen einer schweren Hypertriglyzeridämie (> 10 mmol/l, ca. 900 mg/dl) und einer leichten bis moderaten Hypertriglyzeridämie (2–10 mmol/l, 170–900 mg/dl) zu unterscheiden. Bei einer schweren Hypertriglyzeridämie ist die Verhinderung einer akuten Pankreatitis von besonderer Bedeutung, während bei einer leichten bis moderaten Hypertriglyzeridämie die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen im Vordergrund steht [31].

Bariatrische Chirurgie

Herr Professor Stephan Kriwanek vom Donauspital in Wien berichtete über Neuigkeiten zur bariatrischen Chirurgie aus der Sicht des Chirurgen. Unter anderem stellte er eine repräsentative und standardisierte weltweite Umfrage vor, mit der Anzahl und Art der Übergewichtseingriffe erfasst wurden. Diese zeigte, dass die Gesamtzahl der in den letzten 5 Jahren durchgeführten Übergewichtseingriffe mit ca. 340.000 stabil ist. Während die Zahl der Implantation eines Magenbands deutlich zurückging, stieg die Rate der „Sleeve“-Gastrektomien auf das 5-Fache an [5]. Er stellte auch verschiedene Studien vor, in denen die operativen Risiken evaluiert wurden. Dabei zeigte sich, dass v. a. ein Alter von mehr als 45 Jahren, ein Body-Mass-Index (BMI) > 50 kg/m2, männliches Geschlecht und Begleitmorbidität prognostisch relevant sind [26]. Auf der Basis dieser Daten wurde ein Risikokalkulator entwickelt, der für die klinische Entscheidungsfindung hilfreich ist [25]. Nicht verwunderlich ist, dass die postoperative Morbidität und Letalität signifikant von der Qualität der operativen Leistung abhängen [4]. Die Quintessenz von Prof. Kriwanek lautet, dass alle gängigen bariatrischen Verfahren in randomisierten Studien bezüglich ihrer Wirksamkeit bei adipösen Diabetespatienten untersucht worden sind und dass in allen Untersuchungen für chirurgische Verfahren eine signifikant bessere Kontrolle des Diabetes im Vergleich zu konservativen Therapien nachgewiesen werden konnte. Der Referent stellte aber auch Studien vor, die verschiedene negative Langzeitfolgen der bariatrischen Chirurgie beschreiben. Die wichtigste und gefährlichste Spätkomplikation ist ein Dünndarmileus nach Magenbypass. Hier kann es zu einem isolierten Stau in der biliopankreatischen Schlinge kommen, der nicht zum Erbrechen, sondern zu einer Dilatation bis Perforation des ausgeschalteten Magenanteils führt [14]. Als metabolische Spätkomplikationen sind insbesondere schwere Hypoglykämien aufgrund eines Dumping-Syndroms zu erwähnen.

Diabetisches Fußsyndrom

Herr Professor Maximilian Spraul vom Matthias-Spital in Rheine trug in seiner gewohnt kurzweiligen Art und Weise neue Studien zum diabetischen Fußsyndrom (DFS) vor. Durch Analyse von Diagnosis-Related-Groups(DRG)-Daten konnte gezeigt werden, dass sich in Deutschland zwischen 2005 und 2010 die Zahl der Majoramputationen reduziert hat [29]; dies wurde von dem Referenten als Verbesserung der Versorgung von Patienten mit DFS gewertet. Eine Studie an 214 Patienten mit diabetischem Fußulkus zeigte eine hohe Mortalität dieser Patientengruppe, die insbesondere durch eine verlängerte QT-Zeit und einen niedrigen HbA1c-Wert angezeigt wurde [13]. Für die Klinik wichtig ist auch das Ergebnis einer Studie zur peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), die zeigte, dass ein normaler Ankle-Brachial Index (ABI) und/oder Knöcheldruck eine kritische Extremitätenischämie nicht ausschließt. Deshalb sind bei Verdacht auf eine kritische Extremitätenischämie weitere Methoden zur Abklärung der Ischämie notwendig [32]. Vor dem Hintergrund exzellenter Kurz- und Langzeitergebnisse distaler Gefäßrekonstruktionen und Angioplastien bei diabetischen Patienten plädiert Herr Prof. Spraul für ein aggressives Vorgehen. Wann immer eine Amputation erwogen wird, sollte die Möglichkeit einer Revaskularisation stets zuerst bedacht werden. Der Referent stellte auch mehrere Studien zur lokalen Wundbehandlung beim DFS vor und kam zu der ernüchternden Feststellung, dass es keine ausreichende Evidenz dafür gibt, irgendeine spezielle Wundauflage bei der Behandlung diabetischer Ulzera zu bevorzugen.

Diabetes und Herz/Kreislauf

Herr PD Dr. Michael Lehrke vom Universitätsklinikum Aachen referierte als Kardiologe zum Thema Diabetes und Herz/Kreislauf. Unter anderem stellte er eine Studie vor, die den Effekt einer Körpergewichtsreduktion und einer Reduktion kardiovaskulärer Risikofaktoren auf das Vorhofflimmern untersuchte. Dabei zeigte sich, dass die Inzidenz von Vorhofflimmern mit steigendem Körpergewicht zunimmt und häufig Diabetespatienten betrifft [1]. Der Referent folgert daraus, dass eine Körpergewichtsreduktion zum Behandlungskonzept bei Vorhofflimmern gehört. Er stellte auch eine neue Analyse von Daten der United Kingdom Prospective Diabetes Study (UKPDS) vor, bei der gezeigt wurde, dass durch ein Ruhe-Elektrokardiogramm (Ruhe-EKG) einfach und kostengünstig das Vorliegen eines stattgehabten stummen Myokardinfarkts diagnostiziert und eine Aussage über die Prognose getroffen werden kann [8]. Eine andere neue Studie untersuchte die enorm wichtige Frage, ob bei Patienten mit perkutaner Koronarintervention Marcumar und Clopidogrel ausreichen oder besser auch Aspirin hinzugegeben werden sollte. Dies betrifft u. a. viele Diabetespatienten mit Vorhofflimmern. Die Ergebnisse dieser randomisierten, kontrollierten Studie bestätigten eine Reihe von Registerarbeiten, die die Überlegenheit einer Kombinationstherapie aus Marcumar mit Clopidogrel gegenüber einer „Triple“-Antikoagulation beschreiben [10]. Und noch eine wichtige Info aus einer neuen Studie: Patienten mit komplexer Dreigefäßerkrankung profitieren von einer Aortokoronaren-Venen-Bypass(ACVB)-Operation, während Patienten mit Hauptstammstenose oder nichtkomplexer Dreigefäßkoronarerkrankung auch einer interventionellen Therapie zugeführt werden können. Dies trifft für Patienten ohne Diabetes [20] als auch für Diabetespatienten [18] zu.

Typ-2-Diabetes

Herr Professor Michael Stumvoll vom Universitätsklinikum Leipzig hielt einen hoch spannenden Vortrag zum Thema Typ-2-Diabetes, insbesondere mit neuen Daten zur Pathogenese des Diabetes, der Rolle der Genetik und des Mikrobioms sowie auch zur Therapie des Typ-2-Diabetes. Dabei konnte er eindrucksvoll aufzeigen, wie die neuen Erkenntnisse der Grundlagenforschung in die klinische Medizin, speziell in die praktische Diabetologie, einfließen. Zum Beispiel gibt es neue Befunde, die zeigen, dass zusätzlich zu Diät und Sport bestimmte Darmbakterienspezies mit übergewichtsabhängigen Krankheiten korrelieren [7]. Auch stellte er faszinierende Untersuchungen an Zwillingen vor, mit denen belegt werden konnte, wie man durch gezielte Intervention, nämlich Änderung der bakteriellen Stämme und Spezies günstige Stoffwechselwirkungen erreichen kann [27]. Klinisch wichtig und zum Lesen empfohlen ist eine Metaanalyse von Studien, bei denen die positive Wirkung von Metformin bei Tumorpatienten mit Typ-2-Diabetes nachgewiesen wurde [36], außerdem eine Metaanalyse von randomisierten Studien zur Frage des Pankreatitisrisikos bei Anwendung von Dipeptidylpeptidase-4-Hemmern (DPP-4-Hemmer, [21]). Hier war kein Zusammenhang nachzuweisen, weder mit der Pankreatitis noch mit dem Pankreaskarzinom. Inzwischen haben ja sowohl die amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) als auch die europäische Zulassungsbehörde (European Medicines Agency, EMA) zu diesem Thema Entwarnung signalisiert.

Diabetische Nephropathie

Herr Professor Tom Lindner, Nephrologe am Universitätsklinikum Leipzig, referierte zur diabetischen Nephropathie. Als ein zentrales Thema wurde die Frage der dualen Renin-Angiotensin-Aldosteron-System(RAAS)-Blockade [Angiotensinkonversionsenzym (ACE)-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp-1-Antagonisten (AT1-Rezeptor-Antagonisten)] anhand neuer Daten aus den Studien VA NEPHRON-D (Combination Angiotensin Receptor Blocker and Angiotensin Converting Enzyme Inhibitor for Treatment of Diabetic Nephropathy), ONTARGET (Ongoing Telmisartan Alone and in Combination With Ramipril Global End Point Trial) und ALTITUDE (Aliskiren Trial in Type 2 Diabetes Using Cardiovascular and Renal Disease Endpoints) diskutiert [15]. Nach der Einschätzung des Referenten gibt es nun mit den Daten der VA-Nephron-D Studie bereits 3 große klinische Studien, die keinen kardiovaskulären oder renalen Vorteil einer dualen RAAS-Blockade gegenüber einer Monotherapie sehen. Im Gegenteil, die duale Blockade geht mit höheren Risiken (Hyperkaliämie, akutes Nierenversagen) einher. Die duale RAAS-Blockade kann bei Diabetespatienten mit kardiovaskulärem Hochrisikoprofil nicht mehr empfohlen werden. Das heißt jedoch nicht, dass sie bei anderen Nephropathien bzw. schlecht einstellbarem Hochdruck nicht hilfreich sein kann. Ähnliche Effekte zeigte eine neue Subanalyse der ONTARGET-Studie zur RAAS-Blockade bei diabetischen Hochrisikopatienten [19]. Typ-2-Diabetes-Patienten mit diabetischer Nephropathie tragen per se und unabhängig von der Art der RAAS-Blockade ein höheres Schlaganfallrisiko als Typ-2-Diabetes-Patienten ohne Nephropathie. Die duale RAAS-Blockade erbrachte gegenüber der jeweiligen Monotherapie keinen Vorteil, war aber mit mehr Nebenwirkungen assoziiert. Die Datenlage gegen eine duale RAAS-Blockade wurde damit für die Hochrisikogruppe der Diabetespatienten weiter untermauert.

Depression

Als Spezialthema referierte Herr Professor Dieter Braus von den Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken GmbH (Wiesbaden) zum Thema Depression aus der Sicht des Psychiaters und Psychotherapeuten. In seinem spannenden Vortrag gab er eine Übersicht über die Grundlagen von Gefühlen, Emotion und Motivation und deren Beziehung zum Diabetes. Außerdem machte er die engen Beziehungen zwischen Gehirn, Immunsystem und Ernährung deutlich, die beim Diabetes eine wichtige Rolle spielen. Er vermittelte einige wichtige Grundlagen zur Pathogenese von Depressionen, zum Zusammenhang zwischen Angst, Schmerz und Depression, zur Komorbidität depressiver Störungen und zu Konsequenzen dieser Erkenntnisse für die Therapie. Schließlich ging der Referent auch auf die Adhärenz und auf den Placeboeffekt als Wirkfaktoren der Therapie ein, was er wie folgt beurteilte: Das Beachten der Adhärenz (oder Compliance) und die Nutzung des Placeboeffekts spielen bei der Behandlung der Depression eine zentrale Rolle. Adhärenz ist aber auch ein Grundpfeiler der Diabetesbehandlung [9]. Hier ist beim Behandler eine effektive und einfühlsame psychosoziale Kommunikation erforderlich, die neben der Sachebene („habe Schwindel“) Hinweise der Emotionsebene („ich mache mir Sorgen“) aufgreift. Ein Zusammenhang zwischen empathischer Gesprächsführung, somatischen Parametern (z. B. HbA1c-Wert) und psychischen Symptomen (Depression, Angst, Lebensqualität) ist gut belegt und zentraler Aspekt der Heilkunst. Der professionelle Umgang mit den geäußerten Gefühlen durch eine empathische Öffnung und Gesprächsführung nach dem NURSE-Schema („name, understand, respect, support, explore“) sollte jedem Behandler vertraut sein bzw. sollte erlernt werden.

Aus diesen kurzen Ausführungen möge der geneigte Leser erkennen, dass sich die Teilnahme am Diabetes Update 2014 gelohnt hat. Bei dieser Gelegenheit möchte ich schon jetzt auf das 10. Diabetes Update hinweisen, das vom 20. bis 21. März 2015 in Düsseldorf stattfinden wird.