Organtransplantationen und medizinische Gewebsersatzstrategien haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Dennoch bleiben Zellersatz und Transplantation für verschiedene komplexe Gewebe ohne funktionell ausreichende Geweberegeneration eine große wissenschaftliche Herausforderung. Ein Ziel der gegenwärtigen Forschung ist es, Gewebe mittels geeigneter zellbesiedelter Biomaterialien im Rahmen des „tissue engineering“ (TE) nachzubilden oder zumindest ihre Funktion nachzuahmen.

Aufgrund des demografischen Wandels werden Kliniker zunehmend mit Erkrankungen des alternden Menschen konfrontiert. Hierzu zählen insbesondere schlecht heilende, große Knochendefekte, die ein klinisches Problem darstellen, da in über 40% autologe Knochentransplantate nicht zur Verfügung stehen. Das TE des Knochens erfordert poröse, degradierbare Materialien in Kombination mit einer nichtimmunogenen Zellquelle mit osteogenem Potenzial. Kollagen Typ I als wichtigstes Protein der knöchernen Matrix stellt ein vielversprechendes Biomaterial dar, das zudem für sein osteoinduktives Potenzial bekannt ist [1, 2]. Durch eine Kombination von Kollagen Typ I mit dem fibrillären Kollagen Typ III können die Struktur der Matrix sowie die Resorption positiv beeinflusst werden.

Vielversprechende Zellen für das TE stellen mesenchymale Stammzellen (MSC) dar, da sie

  • durch ihr multipotentes Differenzierungspotenzial in verschiedene mesodermale Gewebe differenzieren können und

  • eine biosynthetische Aktivität besitzen, die sowohl immunmodulatorisch als auch trophisch ist [3, 4].

MSC können aus dem Stroma verschiedenster adulter Organe gewonnen werden. Da es bis heute keinen spezifischen Marker für sie gibt, werden sie nach den Kriterien charakterisiert, die 2006 von der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie publiziert wurden [5]. So sind sie

  1. 1.

    plastikadhärent und erscheinen in Kultur als spindelförmige, den Fibroblasten ähnliche Zellen,

  2. 2.

    können sie unter definierten Kulturbedingungen in vitro in Adipozyten, Osteoblasten und Chondrozyten differenziert werden und

  3. 3.

    exprimieren sie ein typisches Oberflächenmarkerprofil, das negativ ist für hämatopoetische Marker und positiv für mesenchymale Marker, wie CD90, CD105 und CD73.

Mittlerweile ist bekannt, dass die Schlüsselfunktion der MSC nicht nur ihr Differenzierungspotenzial ist, sondern ihre ausgeprägte parakrine Aktivität [4]. Neuste Arbeiten zeigen, dass MSC einen perizytären Charakter haben und die Gefäßwand ihre Stammzellnische darstellt [6]. Diese Arbeiten erlauben die Hypothese, dass MSC nach einer Gewebsverletzung aus dieser Nische rekrutiert werden und in das geschädigte Gewebe migrieren. Im geschädigten Gewebe besteht ihre Hauptaufgabe nach heutigen Kenntnissen nicht nur im Ersatz des Gewebes durch Proliferation und Differenzierung, sondern in ihrer immunomodulatorischen, antiapoptotischen, antifibrotischen und proangiogenen Aktivität sowie in der Remodellierung der extrazellulären Matrix (ECM).

Eine stabile ECM, die die physikalische und biologische Funktion der nativen ECM übernimmt, ist neben Osteoblasten/-zyten zwingend für einen stabilen Knochenersatz erforderlich. Neben adulten MSC zeigte sich in den letzten Jahren, dass MSC auch aus perinatalen Geweben wie der Nabelschnur [7], dem Nabelschnurblut sowie fetalem Blut [8] isoliert werden können. Gerade die Nabelschnur ist ein attraktives, geeignetes Ausgangsgewebe zur Zellisolation, da sie als postnatales Organ nach der Geburt verworfen wird und die Zellisolation nichtinvasiv, schmerzlos und gefahrlos für Mutter und Kind ist. Während adulte Stammzellen von älteren Spendern eine hohe Zellseneszenz, eine eingeschränkte Proliferation und Differenzierung aufweisen, haben perinatale Stammzellen diese Einschränkungen nicht und zeigen eine hohe Plastizität und entwicklungsbiologische Flexibilität [9].

Unsere Arbeit vergleicht das osteogene Differenzierungspotenzial von auf einer kollagenen Matrix kultivierten MSC aus 2 unterschiedlichen anatomischen und ontogenetischen Ursprüngen:

  • der Wharton-Sulze der Nabelschnur (UC-MSC) und

  • des Knochenmarks (BM-MSC).

Im Fokus der Studie steht die MSC mit der dreidimensionalen Matrix bezogen auf Differenzierung, Adhäsion, Wachstum sowie Remodellierung der ECM.

Untersuchungsmethoden

Zellkultur

Die humanen MSC wurden nach etablierten, standardisierten Protokollen aus der Nabelschnur (UC-MSC) und dem Knochenmark (BM-MSC) isoliert und zum Nachweis der Multipotenz nach ebenfalls standardisierten Protokollen in Adipozyten und Osteoblasten differenziert [10, 11, 12, 13].

Generierung der dreidimensionalen Kollagengele

Die Basis des kollagenen Konstrukts (organotypisches Kultivierungsmodell) bildet saures, flüssiges Kollagen G (3 mg/ml Kollagen Typ I und III in 12 mM HCl) mit einem Anteil von 80% an dem Gesamtvolumen des Kollagengels.

Das Kollagen G wird mit 10% zehnfachem Dulbecco’s MEM (4,5 g/l D-Glukose) gemischt und mit 1 M NaOH neutralisiert (pH 7,4). Danach werden noch 10% Medium zu der Suspension gegeben und die Suspension auf Zellkulturplatten verteilt. Das Kollagengel ist nach etwa 1,5 Stunden komplett polymerisiert.

Histologische Aufarbeitung

Die Aufarbeitung der Kollagen-Zell-Hybride erfolgt nach gängigen histologischen Protokollen. Die elektronenmikroskopische Auswertung erfolgt nach Fixierung für mindestens 24 Stunden in 1 ml 3%iger Glutaraldehyd-Gebrauchslösung. Die weitere Aufarbeitung der Proben erfolgte in der elektronenmikroskopischen Einrichtung der Medizinischen Fakultät der RWTH Aachen.

Realtime-RT-PCR

Die RNA-Isolation erfolgte mit der Trizol-Isolationsmethode. 1 µg RNA wurden mit dem „high capacity cDNA Reverse Transkriptase Kit“ (Applied Biosystems, Darmstadt) in cDNA umgeschrieben. Die quantitative Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) wurde mit dem „Power SYBR Green PCR Master Mix“ (Applied Biosystems) durchgeführt. Die cDNA von unstimulierten MSC von den jeweiligen MSC-Spendern wurde als relativer Standard für das jeweilige Gen eingesetzt. Die Amplifikation wurde mittels „ABI Prism 7300“ (Applied Biosystems) detektiert. Als „housekeeping gene“ wurde GAPDH eingesetzt. Die Auswertung erfolgte mittels der 2ΔΔCt-Methode.

Ergebnisse

Multipotenz der mesenchymalen Stammzellen aus Nabelschnur und Knochenmark in vitro

Nach Isolation der MSC aus der Wharton-Sulze der Nabelschnur (UC-MSC) und des Knochenmarks (BM-MSC) wiesen beide Zelltypen die typische spindelförmige Morphologie auf (Abb. 1 ad). Sie waren gekennzeichnet durch einen konsistenten Phänotyp mit fehlender Expression der Oberflächenmarker CD14, CD34, CD4 und Expression von CD105, CD73, CD90 sowie dem intrazellulären Marker Vimentin (Daten nicht gezeigt). In den unstimulierten Kontrollen wiesen sie weder Kalzium-/Phosphatablagerungen noch Lipidvakuolen auf (Abb. 1 ad), was eine spontane Differenzierung der MSC in Kultur ausschließt.

Nach osteogener und adipogener Differenzierung stellten sich Oil Red O-positive Lipidvakuolen im Zytoplasma (Abb. 1 be) sowie Alizarinrot-positive Kalzium-/Phosphatablagerungen in der ECM dar (Abb. 1 cf). Verglichen mit den distinkten, runden Lipidvakuolen in den BM-MSC, zeigten sich im Zytoplasma der UC-MSC nur kleine, tröpfchenförmige Vakuolen, wie dies für diesen Zelltyp bereits in der Literatur beschrieben ist. Nach osteogener Stimulation färbte sich bei beiden MSC-Typen die ECM stark Alizarinrot. Jedoch zeigten die BM-MSC in der Realtime-RT-PCR eine höhere Expression der osteogenen Marker Osteopontin (OPN, Abb. 1 g) und alkalische Phosphatase (AP, Abb. 1 h) nach osteogener Differenzierung.

Kollagen Typ I, als dominantes Protein der osteogenen Matrix, wurde in den UC-MSC nach osteogener Differenzierung stark heraufreguliert, während sich die Expression von Kollagen Typ I in den BM-MSC im Vergleich zur unstimulierten Kontrolle kaum veränderte (Abb. 1 i).

Abb. 1
figure 1

MSC aus Nabelschnur (UC-MSC, a) und Knochenmark (BM-MSC, d) weisen die typische spindelförmige Morphologie nach der Isolation auf. Der Nachweis der Multipotenz erfolgt über die In-vitro-Differenzierung in Adipozyten (be; Oil Red O-Färbung) und Osteoblasten (cf; Alizarinrot). Die quantitative Bestimmung der osteogenen Differenzierung erfolgte mittels Realtime-RT-PCR. Alle Daten wurden mit GAPDH als „housekeeping gene“ normalisiert und auf die undifferenzierten UC-MSC bzw. BM-MSC bezogen, deren Expression als 1 festgelegt wurde (g–i). AP alkalische Phosphatase. (Mod. nach [13])

Kontraktion der Kollagen-MSC-Hybride sowie Matrixsynthese nach osteogener Differenzierung

Nach Aussäen der MSC auf die 3-D-Kollagenmatrix (Abb. 2 a) und 21-tägiger osteogener Differenzierung zeigte sich eine ausgeprägte progressive Kontraktion. Zusätzlich trat nach osteogener Differenzierung eine Verhärtung der Matrix als Zeichen der zunehmenden Ossifikation auf. Die Zellen ließen sich als bräunliche Ablagerungen im Zentrum der Kollagene erkennen (Abb. 2 b–g, Pfeile). Die Quantifikation der Kontraktion ergab eine signifikant stärkere Reduktion der Kollagenfläche durch die UC-MSC auf 17,3% (±7,7%) in den unstimulierten Kontrollen im Vergleich zu 46% (±14,5%) durch die BM-MSC (p=0,004). Nach osteogener Differenzierung zeigten beide MSC-Typen eine vergleichbare Kontraktion der Kollagenmatrix, was durch die ausgeprägte Verhärtung und Ossifikation der Matrix zu erklären ist (p=0,118). Nach adipogener Differenzierung reduzierten die UC-MSC erneut stärker die Kollagenfläche als die BM-MSC (40,3±6,3% vs. 70,3±13,9%, p=0,002).

Die histologische Aufarbeitung der Kollagen-MSC-Hybride demonstrierte die unterschiedlichen Wachstumsmuster der beiden MSC-Typen (Abb. 2 h–k). Während die BM-MSC mehrschichtig mit direkten Zell-Zell-Kontakten auf der kollagenen Matrix nach osteogener Differenzierung wuchsen, waren die UC-MSC als Zell-Cluster in einer homogenen Matrix unter unstimulierten (Wachstums-) Bedingungen positioniert, die nach osteogener Differenzierung inhomogen, basophil und granuliert erschien. Die unstimulierten BM-MSC wuchsen einzellig mit spindelförmiger Morphologie im oberen Drittel der homogenen Kollagengele.

Abb. 2
figure 2

a Aussäen der MSC auf die 3-D-Kollagenmatrix. Makroskopische (b–g) und histologische (h–k) Analyse der mesenchymalen Stammzellen aus Nabelschnur (UC-MSC) und Knochenmark (BM-MSC) im organotypischen Kultivierungssystem (HE-Färbung). Skalen: 1 cm (b–g), 500 µm (hj), 50 µm (i), 100 µm (k). (Mod. nach [13])

Differenzierung der Kollagen-MSC-Hybride in Osteoblasten

Die osteogene Differenzierung der MSC in den 3-D-Konstrukten wurde detailliert untersucht. Sowohl die von-Kossa- als auch die Alizarinrot-Färbung zeigten eine deutliche Positivität der kollagenen Matrix als Zeichen einer progressiven Ossifikation nach 21-tägiger osteogener Stimulation. In den BM-MSC-Kollagenhybriden waren die Kalzium-/Hydroxylapatitablagerungen gleichmäßig im oberen Drittel der kollagenen Matrix positioniert (Abb. 3 b). Die Kalzium-/Hydroxylapatitablagerungen bei den UC-MSC waren vornehmlich in den Zell-Matrix-Clustern lokalisiert, jedoch zeigten höhere Vergrößerungen auch eine von-Kossa-Positivität in Assoziation zu migrierenden Zellen auf (Abb. 3 a).

Auch ultrastrukturell ließ sich eine vollständige Differenzierung der MSC in Osteoblasten im Kollagengel darstellen. Während die unstimulierten Kontrollen der UC-MSC (Abb. 3 c) und BM-MSC (Abb. 3 d) spindelförmig in einer homogenen kollagenen Matrix wuchsen, veränderte sich die Struktur des Kollagens nach osteogener Stimulation deutlich. Bei den UC-MSC zeigte sich eine ausgeprägte Matrixproduktion an der Kollagen-Zell-Grenzfläche. Die neu synthetisierte Matrix bestand hauptsächlich aus fibrillär angeordneten Faserbündeln mit interponierten schwarzen Hydroxlyapatitkristallen (Abb. 3 e, Pfeil). Der fibrilläre Aspekt der Matrix könnte durch das Vorliegen insbesondere von Kollagenfibrillen resultieren, die als vorherrschendes Protein neben Chondroitin-Sulfat und Osteocalcin in der osteogenen Matrix zu finden sind. Die Kombination von Hydroxylapatitkristallen mit der Neu-Synthese von ECM (Kollagen) sind typischerweise bei der Osteoidformation zu finden. Bei den BM-MSC traten an der Kollagen-Zell-Grenzfläche ebenfalls Hydroxylapatitkristalle auf, die jedoch nicht von einer so ausgeprägten Matrixsynthese begleitet waren.

Die Realtime-RT-PCR-Analyse bestätigte die osteogene Differenzierung beider MSC-Typen im Vergleich zur unstimulierten Kontrolle. Vergleichbar mit den Daten der Monolayer-Kultur (Abb. 1 g–i), regulierten die BM-MSC die osteogenen Marker Osteopontin und alkalische Phosphatase (AP) signifkant höher herauf als die UC-MSC (Abb. 3 gh), während die UC-MSC die BM-MSC erneut in der Expression von Kollagen Typ I überbaten (Abb. 3 i).

Abb. 3
figure 3

Analyse der osteogenen Differenzierung im organotypischen Kultiverungssystem mittels von-Kossa-Färbung (ab), Transmissionselektronenmikroskopie (c–f) und Realtime-RT-PCR (g–i) der UC-MSC und BM-MSC. Die Genexpression wurde auf GAPDH normalisiert und die Expression der undifferenzierten MSC als 1 festgelegt. AP alkalische Phosphatase, AR Alizarinrot, Col Kollagen, Ost Osteoid, Cf Kollagenfibrillen, ER endoplasmatisches Retikulum. Skalen: 20 µm (ab), 2 µm (cd), 5 µm (ef). (Mod. nach [13])

Ausgeprägte Matrixproduktion im Rahmen der osteogenen Differenzierung

Die Analyse zeigte eindeutig eine osteogene Differenzierung der MSC in Osteoblasten unter den dreidimensionalen Wachstumsbedingungen. Auffallend war dabei die ausgeprägte Matrixsynthese durch die UC-MSC. Die Natur der teils fibrillären, teils granulären Matrix haben wir weiter untersucht. In der Alzianblau-Färbung zeigte sich eine intensive Positivität der die Zellen umgebenden Matrix und der Interzellularräume (Abb. 4 a). Die umgebende Kollagenmatrix war insbesondere an der Grenzfläche zwischen der neu-synthetisierten Matrix und dem Kollagen als solchem ausgeprägt verdichtet, was sich in einer dunkelroten Elastica-van-Gieson- (EVG-)Färbung äußerte (Abb. 4 b).

Die BM-MSC bildeten an der Oberfläche des Kollagengels ein dichtes Zellnetzwerk ohne Alzianblau-positive Matrixdeposition (Abb. 4 c). Jedoch zeigte sich auch hier an der Kollagen-Zell-Grenzfläche sowie in Höhe der in das Kollagen migrierenden Zellen eine deutliche Rotfärbung der Kollagenfibrillen als Zeichen einer Matrixverdichtung in der EVG-Färbung (Abb. 4 d).

Während beide MSC-Typen nur geringfügig Kollagen Typ III nach osteogener Stimulation exprimierten (Abb. 4 e), übertrafen die UC-MSC die BM-MSC in der Expression von Kollagen Typ IV (Abb. 4 f) und Laminin (Abb. 4 g). Diese ausgeprägte Expression ließ sich auch auf Proteinebene mittels Immunfluoreszenz darstellen. Die granulierte, teils knotenförmig angeordnete Matrix in den Interzellularräumen der UC-MSC färbte sich stark positiv für die ECM-Proteine Kollagen Typ IV (Abb. 4 h) und Laminin (Abb. 4 i). Die ECM der BM-MSC färbte sich hingegen nur schwach positiv für Laminin (Abb. 4 k) und blieb negativ für Kollagen Typ IV (Abb. 4 j).

Abb. 4
figure 4

Analyse der unterschiedlichen Wachstumsmuster sowie der Remodellierung der ECM der UC-MSC und BM-MSC mittels Alzianblau- (ac) und Elastica-van-Gieson- (EVG-)Färbung (bd), Realtime-RT-PCR (e–g) und Immunfluoreszenz (h–k). Die Genexpression wurde auf GAPDH normalisiert und die Expression der undifferenzierten MSC als 1 festgelegt. Skalen: 1000 µm (ab), 100 µm (cdhi), 20 µm (jk). (Mod. nach [13])

Matrixmigration und Matrixremodellierung durch MMP-Expression

Die auf der Oberfläche der kollagenen Matrix ausgesäten MSC migrierten während der Kultivierungs- und Differenzierungsdauer von 21 Tagen in das dreidimensionale Kollagengel, und insbesondere die UC-MSC wiesen eine ausgeprägte Remodellierung der ECM auf. Da Matrix-Metalloproteinasen (MMP) zwingend notwendig für die Zellmigration sind (insbesondere MMP-2), haben wir die Expression der MMP mittels Realtime-RT-PCR und Immunfluoreszenz untersucht. Während die BM-MSC nur eine leichte Heraufregulation von MMP-1 in der dreidimensionalen Kultivierung und nach osteogener Differenzierung zeigten, regulierten die UC-MSC MMP-1 bereits stark in der Kultivierung auf dem Kollagengel herauf, und diese Expression wurde nach osteogener Differenzierung sogar noch gesteigert (Abb. 5). Ein ähnliches Expressionsmuster zeigte sich für beide Zelltypen auch für MMP-2. Die immunhistochemische Analyse der migrierenden Zellen zeigte eine deutliche Expression von MMP-1 und MMP-2 für die UC-MSC, jedoch auch eine geringfügige Expression in den BM-MSC (Daten nicht gezeigt).

Abb. 5
figure 5

Expression von MMP zur Migration im Kollagengel. Die Genexpression wurde auf GAPDH normalisiert und die Expression der undifferenzierten MSC im Monolayer als 1 festgelegt. (Mod. nach [13])

Diskussion

Das TE des Knochens erfordert eine geeignete Zellquelle mit osteogenem Potenzial, optimale biochemische Konditionen und ein biokompatibles Trägermaterial, das in der Lage ist, Zelladhäsion und Zellfunktion zu erhalten, zu unterstützen oder sogar zu verbessern. In den letzten Jahren zeigte sich, dass es eine zwingende Notwendigkeit ist, die Biomaterial-Zell-Interaktionen in vitro zu bestimmen, bevor eine Transplantation oder Injektion der Zellen in vivo erfolgt.

In der vorliegenden Arbeit haben wir systematisch die Stammzell-Biomaterial-Interaktionen unter unstimulierten und osteogenen Bedingungen von je 4 verschiedenen Zellspendern verglichen. Die MSC wiesen einen unterschiedlichen anatomischen und ontogenetischen Ursprung auf (Nabelschnur und Knochenmark) und unterschieden sich in ihrem Zellalter. Beide MSC-Typen konnten entsprechend den Kriterien der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie als MSC charakterisiert werden [5]. Zunächst konnten wir die exzellente Zytokompatibilität der Kollagen-I/III-MSC-Hybride zeigen. Interessanterweise zeigten die MSC aus Nabelschnur und Knochenmark ein unterschiedliches Zellverhalten, bezogen auf die Differenzierung, das Wachstumsmuster und die Remodellierung der ECM, das sich sowohl durch das Zellalter als auch durch das Wachstumsmilieu („microenvironment“) und unterschiedliche Stammzellnischen erklären lässt.

Aktuelle Studien, die die UC-MSC charakterisiert haben, lassen darauf schließen, dass durch die partielle Expression von Pluripotenzmarkern [14, 15] und ihr entwicklungsbiologisch jüngeres Alter UC-MSC ein erweitertes Differenzierungspotenzial aufweisen. Dass diese Aussage nur teilweise zu unterstützen ist, zeigt die in der Literatur bekannte, eher mäßig erfolgreiche Differenzierung in Adipozyten.

Unsere Arbeit zeigte weiterhin, dass die quantitativ mittels Realtime-RT-PCR ermittelte osteogene Differenzierung der UC-MSC im Vergleich zu BM-MSC eher schwach ist. So zeigten frühe (Osteopontin) und intermediäre Marker (alkalische Phosphatase) der osteogenen Differenzierung eine signifikant höhere Expression in den MSC aus dem Knochenmark. Hier zeigen sich der anatomische sowie der Einfluss der Stammzellnische auf die osteogene Differenzierungskapazität. So konnte ebenfalls bereits gezeigt werden, dass MSC aus dem Fettgewebe oder dem Nabelschnurblut schlechter in Osteoblasten differenzieren als die aus dem Knochenmark [16]. Gerade Osteopontin, als valider Marker zur Quantifizierung der osteogenen Differenzierung, zeigte eine ausgeprägte Expression in den BM-MSC. Osteopontin ist zudem ein Hauptbestandteil der hämatopoetischen Stammzellnische und ein Regulator der hämatopoetischen Stammzellen [17, 18]. Daher kann die ausgeprägte Expression von Osteopontin durch die BM-MSC durch ihre Rolle im Knochenmark erklärt werden, wo die BM-MSC an dem Aufbau der Stammzellnische beteiligt sind und wesentlich die Selbsterneuerungskapazität der hämatopoetischen Stammzellen unterstützen.

Der supportive Effekt der MSC und der Aufbau einer Stammzellnische zeichnen sich weiterhin aus durch die Produktion von Komponenten der ECM, Wachstumsfaktoren sowie Chemokinen. Gerade die Differenzierung und Proliferation von Osteoprogenitorzellen erfordern eine kontinuierliche ECM-Synthese und -degradation. Unsere Arbeit zeigt, dass beide MSC-Typen in der Lage sind, ECM-Bestandteile zu produzieren und die kollagene Matrix zu remodellieren. Insbesondere die UC-MSC stachen durch eine ausgeprägte Matrixproduktion und -remodellierung hervor. Sie differenzierten, wenn auch langsamer als die BM-MSC, in funktionell aktive, strukturell intakte Osteoblasten wie die Transmissionselektronenmikroskopie-Analyse zeigte, exprimierten jedoch ausgeprägt Kollagen Typ I, IV, Glykosaminoglykane sowie Laminin.

Diese Fähigkeit lässt sich durch ihre Rolle in der Embryogenese erklären. Die Stromazellen der Wharton-Sulze entstammen dem extraembryonalen Mesoderm und migrieren während der Entwicklung in Interaktion mit den primordialen Keimzellen sowie den hämatopoetischen Stammzellen, deren Stammzellnische sie bilden, in den Fetus. Innerhalb der Nabelschnur ist die durch die Stromazellen der Wharton-Sulze produzierte ECM die strukturgebende Komponente der Nabelschnur und schützt die Nabelschnurgefäße vor einer zunehmenden Kompression. Die Rolle der UC-MSC in der Embryogenese ist also vor allem der Aufbau einer Stammzellnische für Keimzellen und hämatopoetische Zellen einhergehend mit einer strukturgebenden Funktion durch die Produktion von ECM.

Matrix-Metalloproteinasen (MMP) haben zudem eine entscheidende Rolle in der Zellmigration, Zellproliferation und sind entscheidend für entwicklungsbiologische Vorgänge wie Apoptose und Differenzierung [19]. MMP-1 und MMP-2 sind die verantwortlichen MMP für den Knochenmetabolismus und die Knochenmorphogenese. Als Zeichen einer augeprägten Remodellierung der ECM wurden diese MMP insbesondere von den UC-MSC produziert.

Zusammenfassend wiesen beide MSC-Typen die typischen Charakteristika für funktionelle Osteoblasten auf: sie interagierten

  1. 1.

    aktiv mit der osteogenen Matrix, produzierten

  2. 2.

    die typischen Hydroxylapatit-/Kalziumkristalle, wiesen

  3. 3.

    auch ultrastrukturell die typischen morphologischen Charakteristika auf, migrierten

  4. 4.

    in die kollagene Matrix, um

  5. 5.

    die wesentlichen Bestandteile der osteogenen Matrix zu produzieren.

Die etablierte Knochenmatrix ähnelte weiterhin in ihrer Struktur der Knochenmarknische.

Fazit

Die MSC aus Nabelschnur und Knochenmark wiesen nach der osteogenen Differenzierung auf der kollagenen Matrix alle Charakteristika von funktionellen Osteoblasten auf. Obwohl die MSC-Typen mit unterschiedlichem anatomischem und ontogenetischem Ursprung alle Kriterien zur Definition der MSC erfüllen, zeigten sich deutliche Unterschiede in der osteogenen Differerenzierung und Remodellierung der osteogenen Matrix. Während die BM-MSC die robusteste osteogene Differenzierung aufwiesen, übertrafen die UC-MSC sie in der ECM-Synthese. Unser etabliertes Modell einer artifiziellen Knochennische kann somit Einsatz im Gewebeersatz finden, stellt jedoch auch ein optimales Modell zur Nachahmung der Knochennische dar. Die wesentlichen Bestandteile der Knochenmarknische sind mesenchymale Stammzellen, Osteoblasten und ECM-Bestandteile wie Osteopontin, Kalzium und Phosphat. Die Interaktion von hämatopoetischen Stammzellen mit der Knochenmarknische reguliert deren Differenzierung und Proliferation. Die Ergebnisse von nachfolgenden Arbeiten sollen Erkenntnisse über die regulatorischen Mechanismen von Adhäsion, ECM-Interaktion und Zellproliferation von hämatopoetischen Zellen in unserer etablierten Knochenmarknische in vitro bringen.