Immer wieder kommt es vor, dass im gynäkologischen Ultraschall plötzlich Strukturen gesehen werden, bei denen man nicht weiß, welchem Organ man sie zuordnen soll und bei denen die UntersucherIn in der ersten Sekunde zunächst das Gefühl beschleicht, dass die Strukturen da nicht hingehören. Am Beispiel von Gartner-Gang-Zysten, Nierendystopien und Implantaten soll die abwechslungsreiche Welt der verwirrenden Nebenbefunde im Ultraschallalltag aufgezeigt und erläutert werden.

Es lohnt sich, sowohl beim Einführen als auch beim Herausziehen der Vaginalsonde die Augen auf dem Monitor zu lassen und sich die Strukturen rund um die Vaginalwand anzusehen. Wenn sich hier eine Flüssigkeitsansammlung zeigt, so wird es meist die Harnblase sein. Wenn man neben der Harnblase eine mit dieser nicht kommunizierende weitere Struktur sieht, so ist es wahrscheinlich eine Gartner-Gang-Zyste. Im indifferenten Stadium der frühen Embryonalentwicklung haben alle Embryonen 2 Geschlechtsgänge: die Müller-Gänge (für Entwicklung zur Frau) und die Wolff-Gänge (für Entwicklung zum Mann). Aus den Müller-Gängen entstehen die Tube, das Corpus und die Cervix uteri sowie der obere Anteil der Vagina. Die Wolff-Gänge obliterieren, weil der stimulierende Faktor aus den Hoden fehlt. Selten bleiben Residuen der Wolff-Gänge zurück, die sich als Gartner-Gang-Zysten in der Vaginalwand präsentieren können, oder – noch seltener – als Zysten im Mesovar oder dem Ligamentum latum [1]. Die Morgagni-Hydatiden, die man häufig im Bereich des Fimbrientrichters sieht, sind dagegen embryologisch der oberste Rest des Müller-Gangs.

Der Anatom und Begründer der Histologie, Marcello Malpighi (1628–1694), hat in seinem umfangreichen Werk auch einmal eine Zyste in der Vaginalwand beschrieben. Der dänische Arzt Hermann Treschow Gartner (1785–1827) war aber der erste, der diese Zysten bei der Frau von den Resten des Mesonephrons (Wolff-Gang) herleiten konnte. Bis heute heißen sie auf Französisch und Italienisch „canal de Malpighi-Gartner“, in allen anderen Sprachen „Gartner’s duct“ oder, wie im Deutschen, Gartner-Gang-Zysten (Abb. 1, [2]).

Abb. 1
figure 1

Über Jahre konstante Gartner-Gang-Zyste mit 6 cm Längsdurchmesser (links, proximal der Blase), die trotz der unmittelbaren Nähe zur Blase der Patientin nie Beschwerden machte. Darüber die mäßig gefüllte Blase und der Uterus

Gartner-Gang-Zysten sind im Prinzip harmlos, das Innere der Zysten ist meist dünnflüssig, kann aber auch gallertartige Konsistenz haben [3]. Die Zystenwand ist mit zylindrischem Epithel ausgekleidet und besteht aus Bindegewebe mit glatten Muskeln. Selten – und dann eher im jugendlichen Alter – können sie sehr groß werden [4]. Eine zwischen Harnblase und Vaginalwand angesiedelte Gartner-Gang-Zyste kann einen Deszensus oder gar Prolaps der vorderen Vaginalwand imitieren [5]. Es gibt sehr vereinzelte Fallberichte von malignen Prozessen im Vaginalbereich, die aus Gartner-Gang-Zysten entstanden sein sollen [6]. Beobachtungen mittels gut dokumentierter Bildgebung in regelmäßigen Intervallen sind bei symptomlosen Patientinnen nach entsprechender Differenzialdiagnostik einer Punktion oder Exzision vorzuziehen.

Im Ultraschall kommt es bei Entdeckung so einer Struktur in erster Linie darauf an, die Lokalisation und Ausdehnung der Zyste zu dokumentieren, sodass eine Verlaufskontrolle möglich ist. Da Assoziationen mit Fehlbildungen des inneren Genitals beschrieben wurden, sollte bei der Gelegenheit – möglichst mit 3‑D-Schall – die anatomische Form des Uterus überprüft werden [7]. Eine Ergänzung des Vaginalbefunds mit Ultraschall von abdominal und perineal sollte bei dieser Gelegenheit auch durchgeführt werden (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Mit dem Abdominalschallkopf durch die Blase geschallte, seit 4 Jahren konstante Gartner-Gang-Zyste im Bereich des Fornix vaginae

Beckenniere

Beckennieren sind bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern und häufiger auf der linken als auf der rechten Seite. Meist sind sie den Patientinnen bekannt, sie können aber durchaus auch bei einem Vaginalultraschall erstmals auffallen. Es gibt auch Patientinnen, die abwarten, ob die junge Ärztin oder der Arzt ihre Beckenniere erkennt und etwas dazu sagt. Auch wer routinemäßig Nierenschälle macht, wird eine Beckenniere nicht auf den ersten Blick als solche erkennen: Da im Zuge der embryonalen Entwicklung einer Nierendystopie die Rotation der Nieren selbst gestört ist, liegt das Nierenbecken ventral des Nierenparenchyms und nicht medial (Abb. 3). Die Beckenniere sieht also nicht aus wie eine „typische“ Niere im Ultraschall und kann auf den ersten Blick auch für einen soliden Ovarialtumor gehalten werden (Abb. 4). Steht die Diagnose fest, sollte die Gelegenheit genutzt werden, gleich mit 3‑D-Ultraschall nach einer Uterusfehlbildung zu fahnden, da diese bei Nierendystopien gehäuft auftreten [8].

Abb. 3
figure 3

Beckenniere im Vaginalschall mit zentralem Nierenbecken und Nierenkelchen

Abb. 4
figure 4

Seitlich angeschnittene Beckenniere nahe am linken Ovar und den Iliakalgefäßen

Reservoirs von Kathetern und künstlichen Sphinkteren

Traditionell sind die Reservoirs von Blasenkathetern eine beliebte Gelegenheit, AnfängerInnen beim Vaginalschall zu verwirren und auf den Arm zu nehmen. Spätestens beim Einbringen der Vaginalsonde in die Scheide sollte bei der Untersuchung ein liegender Blasenkatheter aufgefallen sein und das von ihm hervorgerufene Bild einer kreisrunden Struktur in dem Bereich vor dem Uterus sollte nicht allzu viel Staunen auslösen (Abb. 5). Wenn etwas Harn in der Blase ist, ist das Bild sofort plausibel, wenn nur der Katheter in der Blase liegt, kann dies zunächst verwirren, wenn man nicht daran denkt.

Abb. 5
figure 5

3‑D-Aufnahme eines transurethralen Verweilkatheters in einer fast leeren Harnblase im Vaginalschall. Der mit Blockiermedium gefüllte Ballon wird durch den Katheter durchquert

Artifizielle Sphinkter für Harn- oder Stuhlinkontinenz brauchen Depots, wobei ein mit physiologischer Kochsalzlösung gefülltes Ballonreservoir auch intraabdominal in unmittelbarer Nähe der Ovarien platziert werden kann (Abb. 6). Betroffene Patientinnen wissen darüber immer Bescheid, wenn man in den Unterlagen nichts findet, sollte man sie danach fragen. Vor allem sollte ein voreiliges Anpunktieren dieser Ballonreservoirs, sei es aus diagnostischen Gründen, sei es, weil man es für einen Follikel hält, unterbleiben. Rücksprache mit Vertretern des Fachs (meist Chirurgen und Urologen), die üblicherweise solche Implantate legen, kann sehr aufschlussreich sein und Schaden für die Patientin verhindern [9].

Abb. 6
figure 6

Das Reservoir eines Scott-Sphinkters im Fornix vaginae. Es kann unmittelbar neben den Ovarien liegen und sollte im Zuge reproduktionsmedizinischer Maßnahmen möglichst nicht punktiert werden

Kontrazeptive Vaginalringe

Zum Abschluss sollten noch die vaginalen Kontrazeptiva wie der NuvaRing® (Organon Healthcare, Oss, Niederlande) erwähnt werden (auch Circlet® [Organon, München, Deutschland], GinoRing® [Exeltis, Ismaning, Deutschland] und Cyclelle® [Hexal, Holzkirchen, Deutschland]). Diese weisen ein charakteristisches sonographisches Erscheinungsbild auf – im normalen Schnittbild haben sie eine nahezu rechteckige Form hinter der ein Schatten liegt, wie man ihn von Hormonspiralen kennt (Abb. 7). Es gibt Fallberichte von durch Anwenderinnen versehentlich in der Harnblase platzierten NuvaRingen, diese können mit entsprechend gefüllter Blase im Ultraschall gesehen und zystoskopisch entfernt werden [10].

Abb. 7
figure 7

Ein NuvaRing imponiert als rechteckiger, echoarmer Block unmittelbar hinter der Zervix und kann leicht mit Ovula Nabothi verwechselt werden. Er wirft einen charakteristischen distalen Schatten („shadowing“)

Ultraschall ist in allen klinischen Fächern immer mehr zu einer Point-of-care-Technik geworden, wobei in jedem Untersuchungsraum ein Ultraschallgerät steht und keine Untersuchung ohne Ultraschallbefund vollständig ist. Dies bringt mit sich, dass viel diagnostisches Wissen autodidaktisch erworben werden muss, was nur bei besonderer Aufmerksamkeit auf Haupt- und Nebenbefunde gelingen kann. Die Wahl der richtigen Presets, Dokumentation und Archivierung gehören ebenso dazu wie das nie ablassende Interesse daran, ob sich die eigene Diagnose als richtig herausgestellt hat.