Hintergrund

Die Zystische Fibrose (CF) ist die häufigste autosomal rezessive Erkrankung bei Kaukasiern mit einer weltweiten Prävalenz von 1 zu ~2500 Lebendgeborenen [1]. In den letzten Jahrzehnten kam es durch verbesserte Therapien zu einem deutlichen Anstieg der Lebenserwartung der an CF erkrankten Personen [2].

Damit einhergehend kam es zu einem Anstieg des CF-assoziierten Diabetes (CF-related diabetes = CFRD), der aktuell somit die häufigste chronische Komplikation der Zystischen Fibrose darstellt [3].

Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter stark an [3]. Während bei österreichischen Patienten zwischen 10 und 19 Jahren bei knapp 9 % ein CFRD besteht, steigt der Prozentsatz an CFRD-Erkrankten bei jungen Erwachsenen im Alter von 20–29 Jahren auf 20 %, bei über 30-Jährigen auf 30 % an [4].

Risikofaktoren für die Entwicklung eines CFRD sind weibliches Geschlecht, Schweregrad des CFTR-Genotyps, Pankreasinsuffzienz, CF-assoziierte Hepatopathie, nächtliche Sondierungen sowie Einnahme systemischer Kortikosteroide und Organtransplantation [1, 5].

Die Entstehung des CFRD ist komplex und unterscheidet sich pathogenetisch sowohl von der Entstehung des Typ-1-Diabetes (T1D) als auch des Typ-2-Diabetes (T2D) [1, 5].

Einerseits besteht durch die chronische Zerstörung des Pankreas ein partieller Verlust an Inselzellen, der mit einer ungenügenden Ausschüttung von Insulin, aber auch von Glukagon einhergeht. Als verstärkende Faktoren für die Beta-Zell-Dysfunktion kommen u. a. chronische Inflammation sowie oxidativer Stress hinzu. Andererseits sind Faktoren wie akute Infektionen, Medikamente (orale Kortikosteroide, Immunsuppressiva) bzw. Mangelernährung mit der Entstehung einer Insulinresistenz vergesellschaftet [1, 5].

In der Frühphase des CFRD bestehen meist normale Blutzuckerwerte im Nüchternzustand, Blutzuckerschwankungen bzw. Blutzuckererhöhungen treten postprandial auf, da die am frühesten beobachtete Veränderung der Verlust der First-Phase-Insulinsekretion bzw. die verzögerte Insulinsekretion ist [1, 5].

Patienten mit CFRD haben in den meisten Fällen keine Beschwerden. Nur selten treten diabetesspezifische Symptome wie Polyurie und Polydipsie auf. Die Diagnosestellung bzw. Einleitung einer Therapie eines CFRD erscheint daher für manche Betroffene als nicht notwendige, zusätzliche Belastung.

Da ein unerkannter CFRD aber durch Verschlechterung der respiratorischen Situation, Reduktion des BMI bzw. Begünstigung von Bakterien- bzw. Pilzinfektionen einen negativen Einfluss auf die Grunderkrankung hat und somit mit erhöhter Morbidität und Mortalität einhergeht, sind eine frühzeitige Diagnosestellung sowie Therapieeinleitung und eine Betreuung durch ein multidisziplinäres Team mit vierteljährlichen Kontrollen von großer Bedeutung [1].

Diagnostik

Guidelines zur Diagnostik des CFRD wurden 2008 von der American Diabetes Association (ADA) bzw. 2018 von der International Society of Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD) publiziert [1, 6]. Prinzipiell sind die Kriterien zur Diagnostik des CFRD ident zu den Diagnosekriterien bei anderen Diabetesformen, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass niedrige oder normale Hämoglobin A1c(HbA1c)-Werte einen CFRD nicht ausschließen (siehe unten).

Die Manifestation des CFRD wird als der Zeitpunkt definiert, an dem das erste Mal diagnostische Kriterien eines Diabetes erfüllt werden, auch wenn sich die Hyperglykämie im weiteren Verlauf wieder verbessern sollte [1].

Screening

Screeninguntersuchungen zur Früherkennung eines CFRD sind bei allen Patienten ab dem 10. Lebensjahr 1 × jährlich empfohlen [1].

Zusätzlich gibt es noch weitere Sondersituationen (akute pulmonale Verschlechterung mit Notwendigkeit einer i.v. antibiotischen Therapie, nächtliche Sondierung, geplante oder bereits eingetretene Schwangerschaft, geplante Transplantation etc. …), in denen ein Screening laut den Richtlinien der American Diabetes Association empfohlen ist [6].

Oraler Glukosetoleranztest

Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) ist der Goldstandard bei der Diagnose des CFRD.

Als erste Auffälligkeit im oGTT sieht man meist einen isoliert erhöhten 1‑h-Blutzuckerwert.

Im Rahmen der North American CFRD Consensus Conference wurde die Glukosetoleranz bei Personen mit einem 1‑h-Wert > 200 mg/dl als indeterminierte Glykämie („indeterminate glycemia“; Tab. 1) definiert, da diese Patienten ein 10fach erhöhtes Risiko haben, einen CFRD zu entwickeln.

Tab. 1 Glukosetoleranzkategorien bei Zystischer Fibrose. Modifiziert nach Moran et al. [3]

Als pathologische Nüchternglukose bzw. pathologische Glukosetoleranz bezeichnet man Vorstufen des Diabetes, bei denen die Nüchternglukose bzw. der 2‑h-Blutzuckerwert leicht erhöht sind (Tab. 1).

Ein Diabetes liegt schließlich vor, wenn die Nüchternglukose ≥ 126 mg/dl und/oder der 2‑h-Glukosewert ≥ 200 mg/dl ist. Schlussendlich wird der CFRD noch in eine Form mit normalen („CFRD fasting hyperglycemia“, FH−) bzw. pathologisch erhöhten Nüchternglukosewerten (CFRD FH+) eingeteilt (Tab. 1; [1]).

Die aktuellen ISPAD-Guidelines weisen außerdem auf den besonderen Stellenwert des 1‑h-Wert des oGTT hin, weswegen halbstündliche Glukosemessungen erwogen werden sollten. Ebenso wird, aufgrund des hohen Risikos einer raschen Progression von IGT und „indeterminate glycemia“ hin zum CFRD, im frühen Adoleszentenalter von manchen Zentren bereits ab dem 6. Lebensjahr ein Screening mittels oGTT durchgeführt [1].

Als Einschränkung für den oGTT gilt vor allem die zeitaufwendige, unangenehme Durchführung des Tests, die zu einer hohen Incompliance mit den Screening-Empfehlungen führt. Laut Daten des jährlichen Reports des CF Foundation Patient Registry 2019 findet der empfohlene oGTT nur bei 52 % der Patienten statt [7].

Nüchtern- bzw. Nicht-Nüchtern-(„Random-“)Blutzucker bzw. häusliche Blutzuckermessungen

Normale Nüchtern- oder „Random“-Glukosewerte schließen das Vorliegen eines CFRD nicht aus. In Risikosituationen wie bei nächtlicher Sondierung, akuter pulmonaler Verschlechterung oder bei oraler Glukokortikoidgabe kann ein Prescreening durch häusliche Blutzuckermessungen sinnvoll sein, ersetzt aber nicht die Abklärung in einem Labor [1].

Hämoglobin A1c (HbA1c)

Eine untergeordnete Rolle beim Screening nach CFRD kommt dem HbA1c zu.

Dieser gilt beim CFRD als unverlässlicher Parameter, weil der HbA1c oft niedriger ist, als es die parallel dazu gemessenen Blutzuckerwerte vermuten lassen würden. Die Ursache hierfür ist nicht eindeutig geklärt [1].

Als mögliche Ursache wird ein erhöhter Erythrozytenturnover im Rahmen der chronischen Inflammation diskutiert. Ebenso könnte die nur transiente postprandiale Hyperglykämie nicht ausreichend sein, um eine signifikante Glykosylierung der Erythrozyten zu erreichen. Schließlich werden auch CF-assoziierte Erkrankungen wie Eisenmangelanämie und chronische Hepatopathie als Einflussfaktoren diskutiert [7].

Es gilt somit, dass ein erhöhter HbA1c hinweisend für einen CFRD ist, ein normaler HbA1c einen CFRD aber nicht ausschließen kann. Der HbA1c ist somit als Screeningtest nicht geeignet.

CGM-Systeme

In den letzten Jahren werden in der Diagnostik des CFRD auch vermehrt kontinuierliche Glukosemesssysteme („continuous glucose monitoring system“) eingesetzt [8].

Mittels kontinuierlicher Glukosemessung (CGM) lassen sich Gewebszuckerwerte den ganzen Tag konstant 1‑ bis 5‑minütlich verfolgen. Gewebszuckerschwankungen bzw. -erhöhungen bei CFRD lassen sich schon früh nachweisen. CGM bietet somit die Möglichkeit, Real-Life-Daten mit kompletter Abbildung des Glukoseverlaufs über einen längeren Zeitraum zu erhalten [8].

CGM wird bei Patienten mit bekanntem CFRD und bereits begonnener Insulintherapie in den letzten Jahren routinemäßig angewandt. Daten bzgl. des Benefits von CGM gegenüber der kapillären Glukosemessung im Hinblick auf Outcome bzw. auf etwaige Nebenwirkungen sind allerdings noch unzureichend und beziehen sich auf einzelne „case reviews“ [8].

Der Stellenwert von CGM im Rahmen des Screenings bzw. der Diagnostik ist derzeit auch noch unklar [1, 8].

Mittels CGM können (teilweise auch persistierende) Glukoseabnormalitäten schon bei sehr jungen Kindern (< 10 Jahren) mit CF nachgewiesen werden, ähnlich zum oGTT wurde aber auch beim CGM über eine hohe Test-zu-Test-Variabilität berichtet [9].

Weiters korrelieren abnorme CGM-Glukoseprofile mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion, Gewichtsverlust sowie einer erhöhten Rate an Pseudomonas-aeruginosa-Kolonisation [8].

Parameter wie Time spent > 140 mg/dl, Time spent > 200 mg/dl, Anzahl an niedrigen Glukosewerten, peak‑C GM-Glukose bzw. Glukosevariabilität zeigten einen Zusammenhang mit klinischer Verschlechterung bei CF [8].

Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen allerdings noch klare Kriterien zur Beurteilung des CGMs bei CFRD. Während eine Konsensusgruppe im Jahr 2019 klare Ziele für Time in range70–180mg/dl bzw. Time below range <70mg/dl für T1D und T2D definiert hat, fehlen solche Kriterien noch für CGM bei Personen mit CF. Manche Autoren schlagen das Anstreben von stringenterer Kontrolle mit Time in range70–140mg/dl ähnlich dem Gestationsdiabetes vor [8].

Für den aktuellen Zeitpunkt kann zusammengefasst werden, dass vorerst weiterhin in folgenden Fällen anhand der klassischen Kriterien die Diagnose eines CFRD gestellt wird:

  • Nüchtern-Blutglukose ≥ 126 mg/dl

  • 2‑Stunden-Blutglukose im oGTT ≥ 200 mg/dl

  • HbA1c ≥ 6,5 % (48 mmol/mol) – Achtung: ein HbA1c < 6,5 % ist kein Ausschluss für CFRD

  • Zufallsblutzucker ≥ 200 mg/dl, wenn Symptome vorliegen

Management laut ISPAD-Guidelines

Patienten mit CFRD sollten durch ein multidisziplinäres Team mit Expertise bezüglich CF und des Diabetes betreut werden [1]. Ambulante Vorstellungen sollten vierteljährlich erfolgen. Von besonderer Bedeutung sind Diabetesschulungen inkl. Ernährungsschulung, die bei Diagnosestellung, aber auch regelmäßig im Verlauf erfolgen sollten [1]. Die Therapie der Wahl ist eine Insulintherapie, da die orale antidiabetische Therapie der Insulintherapie sowohl im Hinblick auf die Stoffwechselkontrolle als auch auf den Ernährungsstatus unterlegen ist [1].

Der Insulinbedarf bei Patienten mit CFRD ist bei normalem Gesundheitsstatus im infektfreien Intervall generell eher niedrig (mittlere Insulindosis < 0,5–0,8 IE/kg Körpergewicht/Tag). Patienten mit Fastenhyperglykämie werden mit einer intensivierten Insulintherapie entweder mit Insulinpumpe, mit kurzwirksamem Insulin oder Basis/Bolus-Therapie mittels Pen mit einer Kombination aus langwirksamen und kurzwirksamen Insulinen behandelt [1]. Bei Patienten ohne Fastenhyperglykämie kann ein kurzwirksames Insulin als Bolus vor den Mahlzeiten verabreicht werden [1]. Bei Patienten, die viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt essen, kann in Einzelfällen auch eine ausschließliche Therapie mit Langzeitinsulin erwogen werden [1].

Der Stellenwert von neueren Therapien wie GLP-1-Analoga, SGLT-2-Hemmern etc. ist zum jetzigen Zeitraum noch unklar und muss in weiteren Studien untersucht werden.

Komplikationen

Patienten mit einer Insulintherapie sollten initial ausführlich über die Symptome, Behandlung und Prävention einer Hypoglykämie geschult werden [1].

Die Messung des Blutdrucks sollte vierteljährlich erfolgen, ein Lipidprofil sollte jährlich bei Patienten mit CFRD und exokriner Pankreasinsuffizienz bzw. Adipositas, positiver Familienanamnese für Koronargefäßerkrankung oder einer Transplantation bestimmt werden [1]. Ab dem 5. Jahr nach Diagnosestellung sollte einmal jährlich ein Screening auf mikrovaskuläre Komplikationen (Retinopathie, Nephropathie, Neuropathie) durchgeführt werden [1].

Konklusion

Der CFRD ist eine häufige, mit dem Alter zunehmende Komplikation der Zystischen Fibrose. Die frühe Diagnosestellung des CFRD ist wichtig, da die Einleitung einer Therapie einen positiven Einfluss auf den Ernährungsstatus und die respiratorische Situation hat.

Im Moment ist der oGTT noch der Goldstandard beim Screening nach CFRD. Neuere Methoden wie CGM werden in laufenden Studien evaluiert und werden in Zukunft wahrscheinlich an Stellenwert gewinnen.

Ein unerkannter CFRD geht mit erhöhter Morbidität und Mortalität einher, weswegen eine frühzeitige Diagnosestellung sowie Therapieeinleitung essentiell ist.