1 Einleitung

Seit den 2000er Jahren stehen die Qualität von Schule sowie die Leistungen von Lehrkräften zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit und Bildungspolitik. Nicht zuletzt aufgrund der Ressourcenarmut der Schweiz stellt die Bildung und somit auch die Weiterbildung einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor des Landes dar. Gemäß des Schweizer Bildungsberichts (SKBF 2014) wird die Weiterbildung „als Antwort (…) auf die Herausforderungen einer globalisierten Wirtschaft mit raschem technologischem Wandel und einer Internationalisierung der Arbeitsmärkte“ gesehen (S. 266). Dementsprechend müssen Wissen und Kompetenzen von Lehrkräften in Fort- und Weiterbildungen ständig erneuert und erweitert werden, damit diese einen adäquaten Unterricht gewährleisten können, welcher die Schülerinnen und Schüler optimal auf diese „globalisierte Wirtschaft“ vorbereitet. Die Fort- und Weiterbildung von Lehrpersonen ist somit ein entscheidender Faktor im Qualitätsentwicklungsprozess von Schule und Unterricht.

Allerdings wird die Bedeutsamkeit von Lehrerfortbildung und -weiterbildung auch heute noch unterschätzt (Vigerske 2016, S. 24), was die wenigen existierenden Studien auf diesem Gebiet belegen. Diese erweisen sich meist als nachfrageorientierte Untersuchungen, d. h. sie eruieren das Forschungsfeld aus der Perspektive von Lehrpersonen mit der Zielsetzung, das bestehende Fort- und Weiterbildungsangebot zu optimieren. Die Studien zeigen vor allem ein Problem im Rahmen der Lehrerfortbildung und -weiterbildung auf – das einer fehlenden Nachhaltigkeit. Die vermittelten Weiterbildungsinhalte finden demnach nur äußerst selten Anwendung in der pädagogischen Praxis. Die Lehrerfortbildung und -weiterbildung wird als nachhaltig angesehen, wenn die in der Weiterbildung erworbenen Qualifikationen zu einem neuen, adäquateren Verhalten der Lehrperson führen (Landert 1999, S. 21). Vor allem die Studie von Landert (1999), in welcher die Veränderungen auf der Verhaltensebene der Lehrpersonen selbst als sehr gering beurteilt wurden, galt hier lange Zeit als richtungweisend.

Aktuellere Untersuchungen kommen hier jedoch zu anderen Ergebnissen. Vigerske (2016) konnte beispielsweise nachweisen, dass mehr als drei Viertel der befragten Lehrpersonen zumindest kurzfristig Weiterbildungsinhalte in die schulische Praxis transferieren. Zudem konnten Villiger et al. (2015) zeigen, dass die weitergebildeten Lehrpersonen auch nach einem Abstand von zwei Jahren noch in der Lage waren, die erlernten Weiterbildungsinhalte im Unterricht anzuwenden. Diese Ergebnisse erscheinen insofern von Bedeutung, da die Schulen im Rahmen ihres eigenen Qualitätsentwicklungsprozesses in der Pflicht stehen, das eigene Lehrpersonal innerhalb von schulinternen Fort- und Weiterbildungen eigenständig weiterzuqualifizieren, um so den gestiegenen Bildungsanforderungen Rechnung zu tragen. Die berufsbildenden Schulen stehen hierbei aufgrund ihrer Nähe zur Wirtschaft in einer besonderen Pflicht.

Die vorliegende Studie setzt an dieser Problematik an und untersucht erstmalig explorativ die Nachhaltigkeit der schulinternen Lehrerweiterbildung an sechs Zürcher Berufsfachschulen. Hierzu wurden die Lehrkräfte dieser Schulen mittels quantitativer und qualitativer Verfahren befragt. Die Resultate dieser Studie zeigen die folgenden drei Hauptergebnisse. Erstens: Es zeigen sich schon bei der Auswahl der Weiterbildungsinhalte große Unterschiede in Bezug auf die Nachhaltigkeit zwischen den Schulen. Während einige Schulen ihre Weiterbildungsinhalte anhand eines übergeordneten Konzepts wie z. B. dem Schulprogramm ausrichten, erfolgt die Auswahl an anderen Schulen kurzfristig und systemlos. Zudem verfügen nicht alle der befragten Schulen über ein Konzept im Bereich der schulinternen Lehrerweiterbildung. Zweitens: Im Bereich der Lehrerweiterbildung lässt sich eine Wissensdiskrepanz zwischen Voll- und Teilzeitlehrkräften konstatieren. Vollzeitlehrkräfte verfügen allgemein über mehr Wissen hinsichtlich der Lehrerweiterbildung an ihrer Schule und über das dahinterstehende Konzept, wenn vorhanden, als Teilzeitlehrkräfte. Drittens: Die befragten Lehrkräfte sind nicht der Ansicht, dass die schulinterne Lehrerweiterbildung einen positiven Einfluss auf ihre berufliche Situation, d. h. den Unterricht, ihre beruflichen Fähigkeiten oder ihren beruflichen Alltag hat. Die Lehrpersonen wünschen sich daher keine Unterstützung bei der Umsetzung der Weiterbildungsinhalte in ihrem Unterricht.

Im folgenden Artikel werden zunächst die allgemeine Forschungslage und der Stand der Nachhaltigkeitsforschung der Lehrerfortbildung und -weiterbildung erläutert. Anschließend werden die theoretischen Grundlagen, speziell die begriffliche Abgrenzung zwischen der Schweiz und dem übrigen deutschsprachigen Raum, die Formen der Lehrerweiterbildung, die begriffliche Abgrenzung zwischen Wirksamkeit und Nachhaltigkeit sowie die Berufsfachschulen in der Schweiz präzisiert. Nachfolgend wird in Abschn. 3 das Untersuchungsdesign dieser Studie samt Stichprobe und Untersuchungsinstrumenten vorgestellt und begründet. Daraufhin werden die quantitativen und qualitativen Ergebnisse in Abschn. 4 dargelegt. In Abschn. 5 erfolgt die Zusammenfassung der Ergebnisse, in Abschn. 6 werden die Ergebnisse kritisch gewürdigt. Im letzten Kapitel, Abschn. 7, werden kurz Handlungsempfehlungen aufgezeigt und es wird ein Ausblick auf mögliche zukünftige Forschungsfragen gegeben.

2 Forschungsstand und theoretische Grundlagen

2.1 Zum Forschungsstand in der Lehrerfortbildung und -weiterbildung

Forschungstechnisch nehmen Aspekte der Lehrerfortbildung und -weiterbildung im Vergleich zur Lehrerausbildung nach wie vor eine unbedeutende Stellung ein. Erste Studien im Bereich der Lehrerfortbildung und -weiterbildung entstanden vereinzelt in den 1970er, dann meist Ende der 1980er bis Anfang der 2000er Jahre (vgl. u. a. Kaiser 1970; Haari 2000; Howald 1992; Landert 1999; Rüegg 2000). Hierbei handelt es sich meist um nachfrageorientierte Untersuchungen, d. h. sie eruieren das Forschungsfeld aus der Perspektive von Lehrpersonen mit dem Ziel, das bestehende Fort- und Weiterbildungsangebot zu optimieren. Die Untersuchungsfragestellungen beschäftigen sich überwiegend mit den Präferenzen der Lehrpersonen hinsichtlich der Gestaltungsbedingungen (Planung, Organisation, Durchführung), Meinungen/Einstellungen, gewünschte/besuchte Kursinhalte, Gründe für Teilnahme bzw. Nicht-Teilnahme sowie der Wirksamkeit/Nachhaltigkeit derselben. Während bis zum Jahr 2000 eher Studien im Sinne generalistischer Bestandsaufnahmen der Lehrerfortbildung und -weiterbildung erfolgten, verknüpfen die Studien ab Mitte der 2000er Jahre sowie auch neuere Untersuchungen die Lehrerfortbildung und -weiterbildung oft mit zusätzlichen Thematiken (z. B. Blended Learning (Florian 2008); Schulentwicklung (Fischer 2016); Videos (Kleinknecht und Pochinski 2014); Rechenstörungen (Lesemann 2016)). Allen Studien ist gemein, dass sie oftmals einer lokalen Begrenzung unterliegen, z. B. eines Bundeslandes, sich auf einzelne Schulformen, Fächer sowie spezifische Maßnahmen beziehen. Darüber hinaus sind die Studien meistens monoperspektivisch aus der Perspektive der Lehrpersonen durchgeführt worden. Begründet wird diese Forschungsperspektive vielfach damit, dass Lehrpersonen als direkt betroffene Personen von Lehrerweiterbildung für deren Gelingen verantwortlich sind. Allerdings konnte sich aufgrund dessen bisher keine allgemeingültige Theorie der Lehrerfortbildung und -weiterbildung im Sinne einer Didaktik etablieren.

2.2 Zum Forschungsstand der Wirksamkeit/Nachhaltigkeit in der Lehrerfortbildung und -weiterbildung

Die meisten Studien im Bereich Wirksamkeit/Nachhaltigkeit beziehen sich auf die Wirksamkeit und demnach den Veranstaltungserfolg und nicht auf die Anwendung der Weiterbildungsinhalte in der pädagogischen Praxis, was auch als Nachhaltigkeit bezeichnet wird (s. auch Abschn. 2.5 Begriffliche Abgrenzung Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von (schulinterner) Lehrerweiterbildung). Zahlreiche Fort- und Weiterbildungen werden von den Teilnehmenden zwar als wirksam eingeschätzt, wobei die Inhalte allerdings nicht in die Schulpraxis übertragen werden (Huber et al. 2009, S. 28). Somit besteht eine Diskrepanz zwischen Wirksamkeit und Nachhaltigkeit innerhalb der Lehrerfortbildung und -weiterbildung. Insgesamt existieren nur wenige Studien, welche sich mit dem Transfer von Weiterbildungsinhalten in die Schule bzw. den Unterricht beschäftigen (Nachhaltigkeit). Problematisch erscheint ebenfalls, dass sich diese Studien meist punktuell auf konkrete Fort- und Weiterbildungen, Fächer etc. beziehen und demnach keine übertragbaren Ergebnisse z. B. in Bezug auf hinderliche und förderliche Transferfaktoren liefern und die Nachhaltigkeit von den Lehrpersonen selbst beurteilt wird. Als transferförderliche, aber nicht generalisierbare Faktoren wurden beispielsweise die Vernetzung und die Reflexion (Zehetmeier 2008) sowie der kollegiale Austausch und die Unterstützung der Schulleitung (Jäger und Bodensohn 2007) identifiziert. Hingegen wurden die technischen und zeitlichen Ressourcen (Florian 2008, S. 280; Zehetmeier 2008, S. 174) als transferhemmend bewertet.

Wie bereits in der Einleitung herausgestellt, ergeben sich in Bezug auf die Beurteilung der Nachhaltigkeit differierende Ergebnisse. Während in der einzigen umfassenden Studie (Landert 1999) die Lehrerfortbildung und -weiterbildung als nur wenig nachhaltig beurteilt wird, wird diese in neueren, punktuell erhobenen Studien positiv beurteilt (Florian 2008; Lesemann 2016; Vigerske 2016; Villiger et al. 2015). Als wesentliche Einflussfaktoren auf die Beurteilung der Nachhaltigkeit wurde zudem das Geschlecht, die Dauer der Veranstaltung, die freiwillige Teilnahme und Anzahl der Berufsjahre identifiziert (Landert 1999; Zehetmeier 2008).

2.3 Begriffliche Abgrenzung Lehrerfort- und Lehrerweiterbildung

In der einschlägigen Forschungsliteratur wird zwischen den Begrifflichkeiten der Lehrerfort- und Lehrerweiterbildung nicht immer trennscharf unterschieden; vielfach werden diese Termini auch synonym verwendet (Heck und Schurig 1982, S. 1; Howald 1992, S. 139). Gemäß Terhart (2000) steht „bei der Lehrerfortbildung (…) die Aufrechterhaltung bzw. Aktualisierung des Kompetenzniveaus der Erstausbildung (Qualifikationserhaltung) im Mittelpunkt“, wohingegen die Lehrerweiterbildung „auf die Erweiterung des gegebenen Kompetenzniveaus für zusätzliche neue Qualifikationen oder Ämter gerichtet ist (Qualifikationserweiterung)“ (S. 131). Demzufolge bezieht sich die Lehrerweiterbildung auf ein training on the job, durch welches sich die Lehrpersonen für neue Tätigkeitsbereiche innerhalb der Schulorganisation zusätzlich qualifizieren. Die Lehrerweiterbildung ist daher im Gegensatz zur Lehrerfortbildung mit einer beruflichen Statusveränderung im Sinne eines Aufstiegs verbunden (Hamann 2006, S. 42; Tenorth und Tippelt 2007, S. 468).

Konträr zu diesen im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich) verwendeten Definitionen hat die Schweizer EDK (1998) ihrerseits in ihren Empfehlungen zur Terminologie in der Lehrer- und Lehrerinnenbildung eine andere begriffliche Bestimmung für den Schweizer Bildungsraum definiert. Seither ersetzt der Begriff der Weiterbildung die vorgängige Bezeichnung Fortbildung und der Terminus „Zusatzausbildung“ den der Weiterbildung.

Einen Überblick über die verwendeten Termini bietet die Tab. 1.

Tab. 1 Überblick Begriffe Lehrerbildung (Quelle: Fischer 2016, S. 29)

Da sich dieser Artikel auf die Schweiz bezieht, wird hier durchgängig die Bezeichnung „Weiterbildung“ verwendet.

2.4 Formen der Lehrerweiterbildung

Das Lernen im Bereich der Lehrerweiterbildung ist weitestgehend nicht verbindlich geregelt, weshalb viele verschiedene Formen nebeneinander bestehen und Lernen auf unterschiedlichen Stufen (individuell, schulintern und schulübergreifend) möglich ist (Tenorth und Tippelt 2007, S. 465). Zudem ist auch die Abgrenzung zu freizeitlichen Aktivitäten schwierig, da streng genommen beinahe alle Lernhandlungen und -prozesse von Lehrkräften unter dem Begriff „Weiterbildung“ subsumiert werden können (Bickel und Christen 1979, S. 32). Vielfach lassen sich die folgenden Differenzierungsansätze finden (vgl. Hamann 2006, S. 43 f.; Terhart 2000, S. 131 f.): angebots – versus nachfrageorientierte Weiterbildung, schulinterne versus schulexterne, individuelle, institutionelle und freiwillige versus obligatorische Weiterbildung sowie formelle versus non-formelle (informelle) Weiterbildung. Im Folgenden sollen nun die für diesen Artikel wichtigsten Formen der Lehrerweiterbildung knapp erläutert werden:

2.4.1 Formelle versus non-formelle (informelle) Weiterbildung

Formelle Weiterbildung wird durch organisierte „Aktivitäten von Bildungsträgern (betriebliche oder über-/auβerbetriebliche)“ erlangt (Faust und Holm, 2001, S. 5). Non-formelle bzw. informelle Weiterbildung findet demnach außerhalb solch organisierter Bildungsaktivitäten in Lebens- und Erfahrungszusammenhängen sowie im Prozess der Arbeit selbst statt.

2.4.2 Schulinterne versus schulexterne Lehrerweiterbildung

Unter schulinterner Lehrerweiterbildung (Schilw) versteht man, wenn sich das gesamte Kollegium einer Schule oder auch nur bestimmte Teile hiervon in „auf Lernprozesse zielende, didaktische Handlungssituationen begeben“ (Wenzel und Wesemann 1990, S. 25). Hierbei spielt es keine Rolle, ob diese in der eigenen Schulinstitution oder außerhalb dieser stattfinden. Die schulexterne Weiterbildung findet außerhalb des regulären Schulalltags, d. h. grundsätzlich in der Freizeit der Lehrpersonen statt. Angeboten wird diese durch externe, private oder staatliche Weiterbildungsträger.

2.5 Begriffliche Abgrenzung Wirksamkeit und Nachhaltigkeit von (schulinterner) Lehrerweiterbildung

Im Rahmen der Lehrerweiterbildung steht vorwiegend die Wirksamkeit und weniger die wissenschaftliche und theoretische Auseinandersetzung mit der Nachhaltigkeit im Vordergrund (Häuptle et al. 2008, S. 6). Eine Abgrenzung und Definition beider Begrifflichkeiten wurde von Landert (1999) vorgenommen und von Florian (2008) theoretisch weiter ausgeführt. Die Wirksamkeit bezieht sich hierbei auf die Übereinstimmung von intendiertem und realisiertem Ziel, was auch als Veranstaltungserfolg bezeichnet wird (Florian 2008, S. 143; Landert 1999, S. 20). Die Evaluation der Veranstaltung erfolgt i. d. R. unmittelbar im Anschluss an sie. Somit wird die Programmausschreibung mit dem wie auch immer ermittelten Resultat der Weiterbildung verglichen. Demnach lässt die Wirksamkeit keine Rückschlüsse auf die Anwendung der Weiterbildungsinhalte zu (Vigerske 2016, S. 25).

Nachhaltigkeit hingegen bedeutet nach Häuptle et al. (2008) allgemein einen „Grad gelungener Umsetzung“ (S. 4). Somit tritt Nachhaltigkeit auf, „wenn die im Rahmen der Weiterbildung erlangten Qualifikationen in neuem, angemessenerem Verhalten der Lehrperson münden“ (Landert 1999, S. 21). Demnach geht es hierbei um die Anwendung von Weiterbildungsinhalten in der pädagogischen Praxis, weshalb synonym auch von Transfererfolg gesprochen wird. Nachhaltigkeit in Bezug auf Weiterbildung beschreibt somit die sichere und beständige Anwendung des intendierten Verhaltens als Ergebnis des Transfers.

Folglich gilt laut obiger Definition die schulinterne Lehrerweiterbildung als nachhaltig, wenn die innerhalb der schulinternen Weiterbildung erlangten Qualifikationen in der pädagogischen Praxis in der intendierten Art und Weise sicher und beständig angewendet werden. Da die schulinterne Weiterbildung gleichfalls dazu dient, Reformen im Rahmen der Schulentwicklung umzusetzen (Rüegg 2000, S. 21), müssen die Weiterbildungsbemühungen angelehnt an die allgemeine Definition von Schulentwicklung auch systematisch (vgl. Muftic 2012, S. 102 f.), d. h. Bestandteil des schulischen Qualitätskonzepts, z. B. dem Schulprogramm, sein.

2.6 Berufsfachschulen in der Schweiz

Schweizer Berufsfachschulen haben seit dem Inkrafttreten des Berufsbildungsgesetzes (BBG) von 1978 einen eigenständigen Bildungsauftrag. Diesen können sie eigenständig innerhalb der Lehrplanvorgaben und unter Berücksichtigung der anderen Lernorte (Betrieb und überbetriebliche Kurse) definieren (BBG 1978, Art. 27, Abs. 1). Aufgrund der drei Lernorte (Berufsfachschule, Betrieb und überbetriebliche Kurse) spricht man im Gegensatz zu den anderen deutschsprachigen Ländern, welche über zwei Lernorte (Berufsschule und Betrieb) verfügen, auch vom trialen Bildungssystem. Die bekannteste Aufgabe der Berufsfachschule ist die Vermittlung der beruflichen Grundbildung an Berufslernende (Wettstein und Gonon 2009, S. 156).

Die Berufsfachschulen haben eine bedeutende Stellung im Schweizer Bildungssystem, da rund zwei Drittel aller Jugendlichen nach Abschluss der Sekundarstufe I in eine berufliche Grundbildung eintreten (SBFI 2017, S. 11). Angenommen werden müssen von den Schulen alle Lernenden mit gültigem Lehrvertrag ohne weitere Auflagen (Wettstein und Gonon 2009, S. 160). Grundlegend für die Schulzuweisung ist der Sitz des Betriebs. Bedingt durch das triale Bildungssystem verbringen die Berufslernenden i. d. R. 1,5 Tage pro Woche in der Berufsfachschule und die restlichen 3,5 Tage im Betrieb.

Träger der Berufsfachschulen sind meistens die Kantone, vereinzelt auch Vereine oder die Berufsverbände wie beispielsweise im kaufmännischen Bereich. Die Kosten werden aber nur teilweise vom Träger übernommen; der Rest wird von den Kantonen sowie vom Bund finanziert (Wettstein und Gonon 2009, S. 162). Die Organisation der Berufsfachschulen erfolgt nach Berufsfeldern in den folgenden fachlichen Richtungen: gewerblich-industrielle und technische Richtung, kaufmännische Richtung und Detailhandel, Gesundheit und Soziales, Land- und Fortwirtschaft sowie Gestaltung.

3 Methodik

3.1 Vorgehen

Das Studiendesign dieser Erhebung ergab sich u. a. durch die Auswertung der bisherigen Studien im Bereich der Lehrerweiterbildung in der Schweiz der vergangenen 20 Jahre (s. auch Abschn. 2.1 Zum Forschungsstand in der Lehrerfortbildung und -weiterbildung). Daneben wurde das Design wiederholt in Einzel- und Gruppensitzungen mit Experten aus Wissenschaft und Praxis diskutiert. Die grundlegenden Überlegungen sollen hier im Folgenden kurz dargestellt werden.

Aufgrund der Unterschiedlichkeit der historisch gewachsenen Schullandschaften innerhalb des Landes, des Schweizer Föderalismus und der sich hieraus ergebenden abweichenden gesetzlichen Regelungen, erschien eine regionale und eine auf einen Schultyp bezogene Begrenzung sinnvoll zu sein. Als Analyseregion wurde der Kanton Zürich ausgewählt, da hier grundlegende Kenntnisse der schulischen Situation vorhanden sind und bereits Kontakte zu einigen Schulen bestanden. Die Konzentration auf die Berufsfachschule als Untersuchungseinheit erschien ratsam, da diese Schulform aufgrund ihrer Nähe zur Wirtschaft in der besonderen Verpflichtung steht, schulische Neuerungen im Rahmen der schulinternen Weiterbildung schnellstmöglich zu implementieren. Der Stellenwert der schulinternen Weiterbildung ist demzufolge hoch.

Die Perspektive der Lehrpersonen erschien es hier sinnvoll zu erfassen, da diese als direkt Betroffene für das Gelingen der Umsetzungsprozesse eigenverantwortlich sind (s. Abschn. 2.1 Zum Forschungsstand in der Lehrerweiterbildung in der Schweiz). Zugleich ist die pädagogische Steuerung und Koordination durch die Schulleitung ein bedeutsames Element für die Qualität und Effektivität einer Schulorganisation (Huber 1997). Die Sichtweise der Schulleitung sollte insofern konträr zur Perspektive der Lehrkräfte zusätzlich erhoben werden. Schließlich ist Lehrerweiterbildung nur erfolgreich, wenn sich ein „kohärentes und effektives System aus innerschulischen Entwicklungsbemühungen ergibt“ (Bonsen 2010, S. 199), das alle betroffenen Personen einer Schulorganisation gleichermaßen umfasst.

Die Methodentriangulation, bestehend aus quantitativen und qualitativen Verfahren, wurde angesichts des Einbezugs der verschiedenen Perspektiven gewählt, durch welche einerseits ein Erkenntnisgewinn auf verschiedenen Ebenen ermöglicht sowie andererseits die Validität der Ergebnisse erhöht werden sollte. Aus forschungsökonomischen Gründen wurde die Methode der quantitativen Befragung gewählt, weil eine möglichst große Stichprobe von Zürcher Berufsfachschullehrpersonen erfasst werden sollte. Die qualitative Methode der Experteninterviews wurde gewählt, um tiefergehende Erkenntnisse seitens der Schulleitung oder schulleitungsnahen Personen innerhalb ihrer Funktion als Experten für Lehrerweiterbildung zu gewinnen. Die Entscheidung für ein Querschnittsdesign ergab sich hierbei aus zeitlichen und finanziellen Restriktionen, denen dieses Forschungsprojekt unterlag.

3.2 Zielsetzung

Die vorliegende Untersuchung war Teil einer größeren Querschnittsstudie und eines Dissertationsprojekts. In diesem Artikel soll die folgende explorative Fragestellung beantwortet werden: Wie nachhaltig ist die schulinterne Lehrerweiterbildung an ausgewählten Berufsfachulen im Kanton Zürich?

3.3 Stichprobe

Die quantitativen Daten wurden von Oktober 2013 bis Januar 2014 erhoben, direkt gefolgt von den qualitativen Experteninterviews, die von Mitte Januar 2014 bis Ende März 2014 stattfanden. Insgesamt haben sechs Zürcher Berufsfachschulen an dieser Erhebung teilgenommen. Der Fragebogen wurde auf Wunsch der Probanden im Pretest via Paper-Pencil-Form ausgefüllt, die Experteninterviews wurden face to face in sogenannten Hohlstunden, also Freistunden, an den jeweiligen Berufsfachschulen geführt.

3.3.1 Quantitativ

Es wurden 243 Fragebögen retourniert. Zwei Fragebögen wurden nicht vollständig ausgefüllt und mussten daher aussortiert werden, weshalb sich die Stichprobe auf 241 Personen (N = 241) beläuft. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 49,82 %. Beim Vergleich mit Rücklaufquoten anderer Studien,Footnote 1 in welchen Lehrpersonen befragt wurden, kann eine Rücklaufquote von rund 30 % als verwertbar interpretiert werden. Von den Probanden waren 138 Teilnehmer (57,3 %) männlich und 103 Teilnehmerinnen (42,7 %) weiblich. Im Durchschnitt gaben die TeilnehmerFootnote 2 an, 13 Jahre als Lehrperson tätig zu sein (M = 13,03, SD = 9,61). Die kürzeste angegebene Dauer der Tätigkeit als Lehrperson lag bei einem Jahr, die längste bei 40 Jahren. Die befragten Lehrer sind im Mittel knapp neun Jahre an ihrer jetzigen Schule angestellt (M = 8,90, SD = 7,09). In Bezug auf das Anstellungspensum ergab sich Folgendes: Durchschnittlich sind die Probanden mit rund 60 % an ihrer Schule angestellt (M = 60,81, SD = 27,39), wobei 25 % der Lehrkräfte weniger als 40 % angestellt sind, weitere 25 % sind zwischen 40 % und 57 % sowie rund die Hälfte der Teilnehmer mehr als 50 % angestellt. Zwei Drittel (67,6 %) der Teilnehmenden, 163 Personen, gaben an, ihre Lehrerausbildung zum Erhebungszeitpunkt bereits vollständig abgeschlossen zu haben, wogegen 31,5 %, 76 Personen, noch keine voll ausgebildeten Lehrer waren. Zwei Probanden (0,8 %) machten hier keine Angaben. Hinsichtlich einer Funktionsstelle gaben elf Probanden (4,6 %) an, Mitglieder der (erweiterten)Footnote 3 Schulleitung zu sein, zwölf Lehrer (5,0 %) Mitglieder des Organisationsteams der schulinternen Lehrerweiterbildung, zehn Lehrer (4,2 %) Mitglieder des Teams Schulentwicklung, 76 Lehrkräfte (31,5 %) besetzen eine sonstige Funktionsstelle und die Mehrheit der Teilnehmenden (51,0 %) bzw. 123 Personen haben keine Funktionsstelle. Neun Teilnehmer (3,7 %) machten hierzu keine Angaben.

3.3.2 Qualitativ

Insgesamt wurden neun Experteninterviews durchgeführt. Fünf Interviews, welche im Folgenden berichtet werden, befassten sich mit Inhalten dieses Artikels. Hiervon sind zwei weiblich und drei männlich. Im Durchschnitt sind die Experten mit einem Pensum von 82 % an ihren Schulen tätig. Das höchste Anstellungspensum beläuft sich hierbei auf 100 %, das niedrigste auf 55 %. Das durchschnittliche Alter dieser fünf Experten beläuft sich auf 48,4 Jahre, der jüngste Experte war 41 Jahre, der älteste 58 Jahre alt. Durchschnittlich gaben die Experten an, über 15,75 Jahre Unterrichtserfahrung zu verfügen. Die Dauer der geführten Interviews variierte stark zwischen 11:22 und 25:49 min und ergab im Durchschnitt 18:23 min.

3.4 Instrumente

Da dies die erste explorative Studie mit der in Abschn. 3.2 Zielsetzung erläuterten Zielsetzung war, konnte nicht auf bereits existierende Erhebungsinstrumente zurückgegriffen werden. Somit mussten die hier verwendeten Instrumente zur Datenerhebung, Fragebogen und Interviewleitfaden, neu entwickelt werden.

3.4.1 Fragebogen

Der Fragebogen bestand insgesamt aus 59 Items. Aufgrund der Forschungsfragestellung wurden hier nur sechs Items in die Auswertung mit einbezogen. Gemäß Reinders (2011) wurde der Fragebogen in unterschiedliche Teile untergliedert (S. 55; vgl. auch Mummendey 1999, S. 68 ff.): Einführung/Instruktion, Demografie, Einstiegsteil, Hauptteil mit diversen Unterteilen sowie Schlussteil.

Zur Beantwortung der Items wurden bipolare Ratingskalen verwendet. Nach Garland (1991) führt das Weglassen einer neutralen Mittelkategorie dazu, dass die Probanden vermehrt negative Skalenpunkte als Antwortalternative ankreuzen. Zudem würde das Weglassen einer solchen die Probanden zu einem positiven/negativen Entscheid drängen (forced choice; vgl. Jankisz und Moosbrugger 2008, S. 49), weshalb diese in den Fragebogen inkludiert wurde. Um eine hinreichende Differenzierung im Antwortverhalten zu erreichen und die Anwendungsmöglichkeit zu verbessern (vgl. Rohrmann 1978, S. 243), wurden siebenstufige Antwortskalen mit Mittelkategorie verwendet. Diese Kategorienanzahl sollte der Abstraktionsfähigkeit von Lehrpersonen entsprechen (vgl. Porst 2009, S. 85).

Inhaltlich bestand der Hauptteil des Fragebogens aus den Kategorien: Einstellung, Wissen, Ziel‑/Konzeptentwicklungsprozess, Zielerreichung, Auswirkungen und Kontakt. In diesem Artikel werden jedoch nur Items aus den folgenden Kategorien verwendet: Wissen und Auswirkungen.

3.4.2 Interviewleitfaden

Der Interviewleitfaden im Bereich der Lehrerweiterbildung bestand ursprünglich aus 25 Items. In diesem Artikel werden jedoch lediglich drei Items verwendet. Der Interviewleitfaden wurde kongruent zum Fragebogen konstruiert.

In den geführten Experteninterviews sollte das spezifische, realitätsbezogene Expertenwissen über die schulinterne Lehrerweiterbildung abgefragt werden. Der Interviewleitfaden bestand mit 12 Items überwiegend aus Faktfragen (Gläser und Laudel 2006, S. 118 f.). Als Unterform der Faktfrage kamen sechs Erfahrungsfragen und sechs Wissensfragen zur Anwendung. Ferner beinhaltete der Leitfaden acht Meinungsfragen.

Inhaltlich bestand der Leitfaden aus ähnlichen Kategorien wie der Fragebogen: Wissen/Allgemeines, Ziel‑/Konzeptentwicklungsprozess, Abstimmung und Auswirkungen Ziele/Konzept. In diesem Artikel werden nur Items folgender Themenblöcke genutzt: Wissen und Auswirkungen. Ausgewertet wurden die Interviews im Programm MAXQDA anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (vgl. Mayring und Frenzl 2014, S. 534 ff.). Die hierbei gewählten Codes entsprechen den inhaltlichen Schwerpunkten der Studie (hier: Konzept und Nachhaltigkeit).

4 Ergebnisse

4.1 Konzept

4.1.1 Quantitative Ergebnisse

Sämtliche Items wurden mit einer siebenstufigen Likert-Skala (1 = sehr schlecht – 7 = sehr gut) erhoben. Mittelwertvergleichstests zeigen, dass das Konzept der schulinternen Lehrerweiterbildung, wenn vorhanden, Teil- und Vollzeitlehrpersonen unterschiedlich gut bekannt ist. Demzufolge verfügen Lehrpersonen ohne Funktionsstelle (Teilzeitlehrpersonen) über signifikant weniger Wissen in Bezug auf das Konzept als Lehrpersonen mit Funktionsstelle (Vollzeitlehrpersonen) (t(224) = −1,80, p = 0,037) (Tab. 2).

Tab. 2 Item Bekanntheit Konzept Schilw (Quelle: eigene Darstellung)

Bemerkenswert ist auch, dass die Lehrkräfte die Kenntnisse ihrer Lehrerkollegen über das Konzept der schulinternen Lehrerweiterbildung im Mittel signifikant geringer als „5 = eher gut“ einschätzen (M < 5; M = 4,69, SD = 1,26, t(233) = 3,78, p = 0,000).

4.1.2 Qualitative Ergebnisse

Die qualitativen Interviews ergaben, dass nur einige der befragten Schulen (Schule A, C und E) ihre schulinterne Weiterbildung an ihrem Schulprogramm als übergeordnete Konzeption ausrichten. So stellen nur diese Experten einen Bezug zwischen dem Konzept der schulinternen Weiterbildung und dem eigenen Schulprogramm her. „Wir richten uns natürlich vor allem nach dem Schulprogramm“ (Experte Schule C). An Schule A folgt ein Teil der Konzeption der schulinternen Weiterbildung direkt aus der Strategie, was dafür spricht, dass diese Schule noch eine dem Schulprogramm übergeordnete Konzeption aufweist. „Ein Teil davon ist auch in der Strategie, da wo unser Schulprogramm ist, drin“ (Experte Schule A). An Schule E werden gezielt Themen aus dem Schulprogramm für die Lehrerweiterbildung herausgegriffen:

Also unser Ziel ist eigentlich unser pädagogisches Schulprogramm, (…), nachdem dieses entwickelt wurde, haben wir eben auch die Aufgabe dazu bekommen, die schulinterne Fortbildung [Anmerkung: gemeint ist die schulinterne Weiterbildung] nach diesem zu organisieren. Und das ist eben auch unsere Basis, hier überlegen wir uns Themen, was könnte man hier herausgreifen, damit dieses Schulprogramm eben irgendwie nicht nur Papier ist, sondern auch lebt (Experte Schule E).

Hingegen greifen die anderen Schulen (Schule B und D) nur punktuell Weiterbildungsschwerpunkte auf und richten ihre schulinterne Weiterbildung nicht an ihrem Schulprogramm als rahmende Komponente aus, weshalb auch der Experte von Schule D das Schulprogramm als „Papiertiger“ bezeichnet: „Das haben wir, glaube ich, irgendwo, aber das ist ein ‚Papiertiger‘. (…) Für alle Lehrer besteht momentan ehrlich gesagt kein Konzept“ (Experte Schule D).

Das relativ offene Interviewitem nach dem allgemeinen Wissen der Lehrkräfte zum Konzept der schulinternen Weiterbildung war für die Experten daher auch besonders schwer zu beantworten, weshalb sich nur die Experten der Schulen A und C explizit hierzu äußerten. Der Experte A beurteilte den diesbezüglichen Wissenstand seiner Lehrerkollegen als nicht besonders gut. „Ich glaube, der ist nicht groß“ (Experte Schule A). Konträr dazu beurteilt der Experte an Schule C den Wissenstand der Lehrer an seiner Schule jedoch als gut, was u. a. eventuell auch darauf zurückzuführen ist, das diese Schule eine schulinterne Weiterbildungsveranstaltung mit dem Titel „Pädagogisches Konzept“ anbietet:

Ja, ich denke das ist sehr gut verbreitet, existiert, ich bin jetzt hier seit 2009 (…). Das Programm wird auch jedes Jahr, wenn es neu rauskommt, an der Personalinformationsveranstaltung präsentiert (Experte Schule C).

4.2 Nachhaltigkeit

4.2.1 Quantitative Ergebnisse

Die quantitativen Ergebnisse der Studie offenbaren erhebliche Zweifel an der wahrgenommenen Effektivität der schulinternen Lehrerweiterbildung. Ein Mittelwertvergleichstest bei einer Stichprobe (Testwert = 5)Footnote 4 ergab, dass die befragten Lehrkräfte grundsätzlich nicht der Meinung sind, dass schulinterne Lehrerweiterbildung Auswirkungen auf ihren Unterricht, ihre beruflichen Fähigkeiten sowie auf den schulischen Alltag hat (1 = sehr schwach – 7 = sehr stark; M’s < 5, p’s < 0,01, vgl. Tab. 3).

Tab. 3 Items Nachhaltigkeit von schulinterner Lehrerweiterbildung (Quelle: eigene Darstellung)

Zudem wurde untersucht, inwiefern sich die Lehrkräfte Unterstützungsleistungen bezüglich der Umsetzung von schulinterner Lehrerweiterbildung in ihrem Unterricht wünschen. Die Resultate verdeutlichen, dass die Lehrpersonen hier keinen großen Unterstützungsbedarf sehen. Ein einseitiger Mittelwertvergleichstest (basierend auf dem Testwert 5) zeigt, dass sich die Lehrenden generell keine bzw. nur sehr geringe Unterstützungsleistungen bei der Implementierung von Inhalten der schulinternen Lehrerweiterbildung in ihrem Unterricht wünschen (M = 3,87, SD = 1,61, t(240) = −10,89, p = 0,000).

4.2.2 Qualitative Ergebnisse

Die qualitativen Ergebnisse zeigen, dass die interviewten Experten konträr zu der Ansicht der Lehrpersonen der Meinung sind, dass die Inhalte der schulinternen Lehrerweiterbildung die berufliche Situation dieser (positiv) beeinflussen. Des Weiteren sind alle Experten ebenfalls der Meinung, dass die gewählten schulinternen Weiterbildungsinhalte allgemein zu einer Erhöhung der beruflichen Fähigkeiten der Lehrpersonen beitragen. Allerdings existieren hierfür an den Schulen keine konkreten Kontrollmechanismen bzw. empirisch durchgeführte Erhebungen, welche die Aussagen der Experten auch entsprechend belegen.

Der Experte A unterscheidet die vermittelten Inhalte nach deren direkter bzw. indirekter Einflussnahme auf den Unterricht der einzelnen Lehrperson. Demnach ist seiner Meinung nach der Einfluss der Weiterbildungsinhalte auf diesen unterschiedlich stark: „Ich überlege jetzt einfach, weil es nicht immer gleich ist“ (Experte Schule A). Als beispielhaft für eine indirekte Einflussnahme nennt er in diesem Zusammenhang das Thema „Gewalt‑/Suchtprävention“:

Wir hatten ja mal das Thema Gewalt‑/Suchtprävention (…), dort ist es weniger fasslich. Aber auch dort würde ich sagen, weil wir aufgrund von dem Interventionsschemen entwickelt haben, die im Moment mehr oder weniger unbestritten sind. Also, welche die Leute auch anwenden würden, wenn sie das hätten oder auch anwenden, wenn es einen Konflikt gibt (Experte Schule A).

Der Experte von Schule D sieht einen direkten Zusammenhang vor allem dann, wenn die inhaltlichen Inputs der Lehrerweiterbildung vom Lehrerkollegium selbst stammen:

Also, wenn man die Basis fragt, viele Inputs kommen ja auch von der Basis, der Lehrerschaft. Und wenn man das aufnimmt und umwandelt, dann wird das auch genutzt (Experte Schule D).

Ebenso positiv, wenn auch etwas unsicherer, äußern sich auch die Experten B und E: „Ich hoffe es, ich glaube schon, dass ein Großteil der Lehrpersonen etwas mitnimmt und dieses auch anwendet“ (Experte Schule B). Der Experte von Schule B orientiert sich in seiner Aussage vor allem an Rückmeldungen, welche die Schulleitung diesbezüglich erhalten hat. „Ja, das hoffen wir natürlich schon. Da haben wir auch ganz gut Rückmeldung bekommen, dass da die Anregungen aufgenommen werden“ (Experte Schule E).

Bezüglich einer Erhöhung der beruflichen Fähigkeiten sowie auch in Bezug auf eine Optimierung des schulischen Alltags der Lehrpersonen wurde von der Mehrheit der Probanden (Experte Schule A, D und E) nur der soziale Aspekt der schulinternen Weiterbildung, welcher sich positiv auf die kollegiale Zusammenarbeit auswirkt, hervorgehoben und nicht beispielsweise die Fachlichkeit oder die direkte Verbesserung des Unterrichts (Unterrichtsentwicklung). So antwortet beispielsweise der Experte von Schule A:

Aber ich glaube, der Haupteffekt von der Veranstaltung ist immer der soziale Aspekt, (…). Dass man mit Leuten zusammenarbeitet, die man schon ganz lange nicht mehr gesehen hat, und das überlagert natürlich alles andere (Experte Schule A).

Auch der Experte von Schule E bezieht sich in seiner Aussage rein auf den sozialen Aspekt, welcher seiner Ansicht nach das Schulklima langfristig positiv beeinflusst.

Wir sind da meistens auch gemeinsam weggefahren und haben da so viel gemeinsam erlebt. Dass man eben auch nach Jahren immer noch darüber spricht: „Weisst du noch damals in …?“ Das waren wirklich Highlights der Zusammenarbeit und hat zusammengeschweiβt und dazu geführt, dass man an einem Strick zieht und zusammen eigentlich Lernprozesse der Lernenden fördern möchte (Experte Schule E).

Insgesamt scheinen die thematischen Weiterbildungsinhalte gegenüber dem sozialen Aspekt eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.

5 Zusammenfassung

Ziel der hier vorgestellten Studie war es, die Nachhaltigkeit der schulinternen Lehrerweiterbildung an sechs ausgewählten Berufsfachschulen im Kanton Zürich zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigen insgesamt, dass die schulinterne Lehrerweiterbildung an den befragten Schulen nur als wenig nachhaltig empfunden wird. Grundlegend hierfür sind aufgrund dieser Studie die nachfolgenden zwei Faktoren: Zum einen fehlt an einigen Schulen eine systematische Ausrichtung der Weiterbildungsaktivitäten, zum anderen haben die befragten Lehrpersonen eine geringe Wirksamkeitserwartung an die schulinterne Weiterbildung.

Die Ergebnisse offenbaren, dass sich schon bei der Vorgehensweise in Bezug auf die Auswahl der schulinternen Weiterbildungsinhalte große Unterschiede zwischen den Schulen ergeben. Einige Schulen wählen ihre schulinternen Weiterbildungsinhalte nach ihrem Schulprogramm als übergeordnete pädagogische Konzeption aus, wogegen andere Schulorganisationen hier unsystematisch vorgehen und ihre Weiterbildungsinhalte lediglich punktuell auswählen. Des Weiteren ergeben sich in Bezug auf den Wissensstand über das Konzept der schulinternen Lehrerweiterbildung deutliche Unterschiede zwischen Lehrpersonen in Teil- und Vollzeit. Teilzeitlehrkräften ist das Konzept der schulinternen Lehrerweiterbildung deutlich weniger gut bekannt als Vollzeitlehrkräften. Darüber hinaus hatten die Experten Schwierigkeiten, hierüber eine Einschätzung zu treffen. Gemäß der getätigten Aussagen weisen die Schulen auch hier wiederum deutliche Unterschiede auf.

Zudem zeigen die quantitativen Ergebnisse, dass die schulinterne Lehrerweiterbildung aus der Perspektive der befragten Lehrpersonen allgemein als wenig nachhaltig wahrgenommen wird. Nach Aussage der teilnehmenden Lehrkräfte hat die schulinterne Lehrerweiterbildung somit allgemein keine Auswirkungen auf ihre berufliche Situation. Die schulinterne Lehrerweiterbildung verbessert demnach den Unterricht der Einzellehrperson, die beruflichen Fähigkeiten der Lehrperson allgemein und auch den schulischen Alltag nach Meinung dieser nicht. Konträr zu dieser Perspektive vertreten die Experten jedoch die Ansicht, dass die Lehrerweiterbildung die berufliche Situation der Lehrer beeinflusst. Je nach Themenauswahl geschieht dies indirekt bzw. direkt. Besonders herausgestellt wurde vonseiten der Experten allerdings lediglich der soziale Aspekt der Lehrerweiterbildung. Insgesamt scheinen die thematischen Weiterbildungsinhalte gegenüber dem sozialen Aspekt eine eher untergeordnete Rolle zu spielen.

6 Diskussion

Bei der Interpretation der Ergebnisse ergeben sich bedingt durch gewisse ökonomische Restriktionen einige Einschränkungen, welche zur Auswahl des Untersuchungsdesigns geführt haben. So war aufgrund zeitlicher und finanzieller Mittel dieses Forschungsprojekts beispielsweise als Erhebungsform einzig ein Querschnittsdesign möglich. Auf Faktoren wie diese, welche die Interpretation der Ergebnisse maßgeblich beeinflussen, soll an dieser Stelle kurz eingegangen werden.

6.1 Probleme des Querschnittsdesigns

Im Zuge der Entscheidung für ein Querschnittsdesign wurde hingenommen, dass es keine Vorher-Messungen gab und somit keine kausale, chronologische Reihenfolge von Variablen ermittelt werden konnte. Störfaktoren konnten nicht kontrolliert werden, weshalb das Wirken von Drittvariablen zu Scheinkorrelationen geführt haben könnte. Da die Ergebnisse lediglich eine Momentaufnahme zeigen, lassen sich diese nicht zwangsläufig auf andere Stichproben übertragen. Zusätzlich ist eine gewisse motivationale Selbstselektion innerhalb der Stichprobe nicht auszuschließen, da die Teilnahme auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhte.

6.2 Problem der sozialen Erwünschtheit

Es wurde der Versuch unternommen, die Bejahungswahrscheinlichkeit eventuell betroffener Items durch Antwortkombinationen zu kontrollieren. Trotzdem kann sozial erwünschtes Antwortverhalten seitens der Probanden nicht völlig ausgeschlossen werden.

6.3 Problem der fehlenden Repräsentativität

Generell stand die Teilnahme allen Berufsfachschulen im Kanton Zürich frei. Da sich sechs Berufsfachschulen freiwillig zur Teilnahme entschlossen haben, handelt es sich weder um eine Zufalls- noch eine Quotenstichprobe, weshalb diese nicht repräsentativ für alle Berufsfachschulen im Kanton Zürich ist.

7 Ausblick und zukünftige Forschungsfragen

Die Resultate dieser Studie bestätigen, dass die Nachhaltigkeit der schulinternen Lehrerweiterbildung aus der Perspektive von Lehrpersonen relativ gering ist. Das von Landert (1999) aufgezeigte Problem eines fehlenden Transfererfolgs von Weiterbildungsinhalten in der pädagogischen Praxis konnte insofern auch hier bestätigt werden. Allerdings ergibt sich aufgrund der geringen Wirksamkeitserwartung in Bezug auf die schulinterne Lehrerweiterbildung vonseiten der Lehrerschaft noch ein weiteres Problem – jenes der Effektivität. Resultierend hieraus erscheint es nicht überraschend, dass die befragten Lehrkräfte sich keinerlei Unterstützungsleistungen bei der Implementierung von Weiterbildungsinhalten in ihren Unterricht wünschen. Somit liegt es nahe, dass zur Überwindung des fehlenden Transfererfolgs von Weiterbildungsinhalten zuerst die Wirksamkeitserwartung der Lehrpersonen in Bezug auf die Lehrerweiterbildung signifikant erhöht werden müsste.

Dies könnte beispielsweise durch den Einbezug einer neutralen Beratungsstelle geschehen, welche den Schulen hilft, die schulinterne Weiterbildung passgenau auf die Bedürfnisse der Lehrpersonen abzustimmen. Ferner müsste diese Stelle zusätzlich Methoden, Konzepte und Unterlagen generieren, welche die Lehrpersonen dabei unterstützen, die Weiterbildungsinhalte in den eigenen Unterricht zu transferieren. Vonseiten der Schulleitung müsste zudem die Wichtigkeit der Umsetzung der Weiterbildungsinhalte propagiert werden; beispielsweise könnte dies Inhalt von Zielvereinbarungsgesprächen mit einzelnen Lehrpersonen sein. Aufgrund der Innovationsträgheit schulischer Organisationen (Bonsen und Hübner 2012, S. 56) sollte die Implementierung von Weiterbildungsinhalten in den eigenen Unterricht eine zusätzliche Verbindlichkeit erfahren. So könnte dies z. B. auch grundlegend für eine Erhöhung des Anstellungspensums oder eine Beförderung sein, was dann ggf. eine empirische Überprüfung nach sich ziehen würde.

Forschungstechnisch wurden bisher meist ähnliche Aspekte der Lehrerweiterbildung aus Lehrpersonensicht erhoben, deren Validität und Reliabilität in weiteren Studien überprüft werden sollte. Wünschenswert wären aber auch Erkenntnisse auf der Angebotsseite, d. h. aufseiten institutioneller Weiterbildungsanbieter. Neben Anforderungs- und Bedarfsanalysen wären hier vornehmlich Einblicke in die Weiterbildungspraxis von Interesse, so dass erste Einsichten einer Didaktik der Lehrerweiterbildung Vorschub leisten könnten. Darüber hinaus wären natürlich ebenso aussagefähige Längs- und Querschnittsstudien mit einem hinreichenden kritischen Kollektiv wünschenswert, welche es ermöglichen, generalisierbare Aussagen vorzunehmen. Solch umfassende Untersuchungen wären auch in den anderen deutschsprachigen Ländern zu befürworten, höchstwahrscheinlich aber ohne finanzielle Beteiligung einer staatlichen Institution nicht durchführbar.