In den Beiträgen des vorliegenden Heftes werden Lernprozesse und Lernorte aus sehr unterschiedlichen Perspektiven thematisiert. Die zentralen Themen sind Qualität des Unterrichts, ideales Lernen, Ressourcen inklusiver Schulen, Elternhaus und Schule sowie Vermittlungsangebote in Museen.

In einem Beitrag zur Unterrichtsforschung („Zentrale Qualitätsdimensionen von Unterricht und ihre Effekte auf Schüleroutcomes im Fach Rechnungswesen“) geht Christoph Helm an einer Schülerstichprobe aus österreichischen berufsbildenden mittleren und höheren Schulen der Frage nach, ob die in den letzten Jahren empirisch ausgewiesenen „Basisdimensionen“ von Unterrichtsqualität (kognitive Aktivierung, Classroom Management und soziale Unterstützung) auch für das Fach Rechnungswesen aufgezeigt und in ihrer positiven Wirkung auf das fachliche Lernen bestätigt werden können. Das ist überwiegend der Fall; die Analysen machen jedoch deutlich, dass „kognitive Aktivierung“ für die Lehrpersonen im Fach Rechnungswesen eine große Herausforderung darstellt.

Eine ganz andere Annäherung an Unterrichtsqualität wird im Beitrag von Michael Brandmayr gewählt. Der Autor geht von der These aus, dass in der bildungswissenschaftlichen Diskussion des Lernbegriffs zwar Beiträge aus der Lernpsychologie und vermehrt auch der Neuropsychologie rezipiert werden, kaum jedoch bildungssoziologische Aspekte. Unter dem Titel „Warum soll Lernen Spaß machen? Ein dispositivanalytische Untersuchung“ wird der Diskurs um ein häufig apostrophiertes Leitbild idealen Lernens – dass nämlich Lernen Spaß machen solle – analysiert, das als normative Erwartung an die Lehrenden (und Lernenden) herangetragen wird und auf diese Weise Einfluss auf die schulische Praxis von Lernprozessen nimmt. Thematisiert wird vor allem der Übergang von einem im gesellschaftlichen Diskurs bereitgestellten Wissen über ideales Lernen in ein dadurch legitimiertes professionsspezifisches Handeln.

Der Beitrag von Jennifer Lambrecht, Stefanie Bosse, Thorsten Henke, Christian Jäntsch und Nadine Spörer („Eine inklusive Grundschule ist eine inklusive Grundschule?“) widmet sich dem Thema „inklusive Schulen“ und fragt danach, wie sich inklusive Grundschulen an Hand ihres Umgangs mit Ressourcen unterscheiden lassen. Angesichts der politischen Absichtserklärungen, Inklusion in allen Schulen umzusetzen, ist die Frage, wie die Ressourcen für die Umsetzung an den einzelnen Schulen verteilt werden, von großer Bedeutung. Der Beitrag versucht mittels quantitativer Daten Schulen nach unterschiedlichen Kriterien zu kategorisieren. Für die weitere Forschung, die einen Blick auf die konkreten Aushandlungsprozess werfen könnte, ist damit ein wichtiges Fundament gelegt.

In ihrem Beitrag Eltern als Partner, Zulieferer oder Kunden von Schule? unternehmen es Dagmar Killus und Angelika Paseka, unterschiedliche Perspektiven auf das Verhältnis zwischen Elternhaus und Schule nachzuzeichnen und die sich darin zeigenden Spannungsfelder zu rekonstruieren. In den Daten einer repräsentativen Befragung deutscher Eltern identifizieren sie drei Elterntypen, die sich nach ihrer Bereitschaft, „Zulieferfunktionen für das schulische Lernen ihrer Kinder“ zu übernehmen, unterscheiden.

Auch in dem Beitrag von Inka Bormann und Judith Adamczyk geht es um das Verhältnis Elternhaus und Schule. In einer explorativen Fallstudie auf der Basis einiger qualitativer Interviews werden zwei Typen elterlichen Vertrauens gegenüber Schulen identifiziert, die sich nach dem Bildungshintergrund der Befragten unterscheiden: Der „reflektiert vertrauende Typus“ nutzt umfangreiche Informationen für seine Urteilsbildung, während die Entscheidungen des „bedürfnisorientiert vertrauenden Typus“ auf emotionalen Vertrauensurteilen fußen, die sich auf die Lehrpersonen ihres Kindes beziehen.

Inga Specht und Marion Fleige nutzen das Instrument einer Programmanalyse, mit dem bisher vor allem Veranstaltungsangebote von Erwachsenen-/Weiterbildungseinrichtungen untersucht wurden, für eine Bestandsaufnahme und Systematisierung ausstellungsbegleitender Vermittlungsangebote für Erwachsene in Museen. Exemplarische Befunde zeigen, dass das systematisch-rezeptive Format „Führung“ immer noch am häufigsten genutzt wird. Vorschläge für die kategoriale Ergänzung des Instruments und für weitere Nutzungsmöglichkeiten werden zur Diskussion gestellt.

In einer umfangreichen Rezension setzt sich Michael Sertl unter dem Aspekt einer Soziologie des Bildungsaufstiegs mit drei einschlägigen Neuerscheinungen auseinander:

  • Kupfer, A. (2015). Educational Upward Mobility. Practices of Social Changes. London, New York: Palgrave Macmillan. 184 S.

  • Miethe, I., Soremski, R., Suderland, M., Dierckx, H. & Kleber, B. (2015). Bildungsaufstieg in drei Generationen. Zum Zusammenhang von Herkunftsmilieu und Gesellschaftssystem im Ost-West-Vergleich. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich. 309 S.

  • Spiegler, Th. (2015). Erfolgreiche Bildungsaufstiege. Ressourcen und Bedingungen. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. 366 S.

Und in eigener Sache bringt die ÖFEB den Call for Papers für den ÖFEB-Kongress vom 19. bis 22. September 2017.