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„Stress-Echo, MyokardPerfusions-SPECT und CT-Angiografie sind dem Belastungs-EKG deutlich überlegen.“

Dr. Rolf Dörr

Dresden

©Katharina Knaut

Totgesagte leben bekanntlich länger. Dies trifft auch für das Belastungs-EKG zu. Obwohl viele Patienten gar nicht oder nicht ausreichend belastet werden können, die Ergometrie eine geringe Sensitivität hat und bei vorbestehenden EKG-Veränderungen nicht auswertbar ist, erfreut sich diese Untersuchung immer noch weiter Verbreitung. Dies ist umso erstaunlicher, da heute verschiedene moderne bildgebende Verfahren als Alternative zur Verfügung stehen, die eine zuverlässigere Ischämiediagnostik oder sogar eine nichtinvasive Darstellung der Koronararterien mit deutlich höherer Sensitivität und Spezifität erlauben. „Stress-Echo, Myokard-Perfusions-SPECT, Stress-Perfusions-MRT, Dobutamin-Stress-MRT und CT-Angiografie sind dem Belastungs-EKG deutlich überlegen“, so Dr. Rolf Dörr, Dresden. Das Belastungs-EKG könne eine stenosierende KHK auch bei höherer Vortestwahrscheinlichkeit niemals mit Sicherheit ausschließen.

Entscheidend ist die Vortestwahrscheinlichkeit

Klagt ein Patient über unklare Thoraxschmerzen, die an eine KHK denken lassen, sollte zunächst immer die Vortestwahrscheinlichkeit bestimmt werden, bei deren Berechnung Alter, Geschlecht und Art der Beschwerden — typisch oder nicht typisch — Berücksichtigung finden. „In einem Bereich zwischen 15 und 85 Prozent Vortestwahrscheinlichkeit ist dann immer eine weiterführende Diagnostik angezeigt“, so Dörr. Liege die Vortestwahrscheinlichkeit unter 15 Prozent, sei keine weitere kardiale Diagnostik notwendig, bei einer Wahrscheinlichkeit von über 85 Prozent sollte der Patient direkt der invasiven Koronarangiografie zugeführt werden.

Was empfehlen die Leitlinien?

Die Sensitivität des Belastungs-EKGs liegt bei ca. 50 Prozent bei einer Spezifität von über 80 Prozent. „Bei allen modernen bildgebenden Verfahren können aber heute Sensitivitäten von über 80 Prozent erreicht werden und zwar ohne Einbußen bei der Spezifität“, so Dörr. Die ESC-Guideline empfiehlt deshalb bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15–65 Prozent soweit möglich ein modernes bildgebendes Verfahren wie Stress-MRT, SPECT oder Stress-Echo, aber das Belastungs-EKG wird noch als eine mögliche Alternative genannt. Bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 66–85 Prozent sollte aber immer eine bildgebende Diagnostik angestrebt werden. Für Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15–50 Prozent wird als Alternative auch die CT-Angiografie propagiert. „Die Nationale Versorgungsleitlinie geht sogar noch etwas weiter“, so Dörr. Nur bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15–30 Prozent werde das Belastungs-EKG noch als Option genannt. Denn bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von über 30 Prozent liege das Risiko, dass eine KHK nicht erfasst werde, bei über 15 Prozent, wenn das Belastungs-EKG in Ordnung ist. „Zusammenfassend kann die Ergometrie eventuell nur noch als Methode der zweiten Wahl bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit zwischen 15 und 30 Prozent empfohlen werden“, so das Fazit von Dörr.

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Das Belastungs-EKG ist nur noch Methode zweiter Wahl und das auch nur bei geringer Vortestwahrscheinlichkeit.

©Sven Bähren / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell