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In der Rubrik „Literatur kompakt“ werden die wichtigsten Originalarbeiten aus der internationalen Fachliteratur referiert.

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Ein Gewitter am späten Nachmittag des 16. November 2016 brachte die Notfallambulanzen im australischen Bundesstaat Victoria rund um Melbourne an ihre Grenzen. Rund 35.000 Personen klagten über plötzliche Atemwegsbeschwerden, zehn Patienten verstarben im akuten Asthmaanfall — weit mehr als bei allen bisher bekannten Gewitterasthma-Epidemien.

Ursache für Gewitterasthma ist eine Interaktion von meteorologischen und genetischen Gegebenheiten sowie hohen Allergenkonzentrationen in der Atemluft — im Falle der Melbourne-Epidemie waren dies hohe Pollenmengen von Weidelgras (Lolium perenne). Risikofaktoren bei den Betroffenen sind eine Sensibilisierung gegen die entsprechenden Allergene, vorbestehende allergische Rhinitis und Asthma sowie der Aufenthalt im Freien während des Gewitters.

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Gerade zu Beginn eines Gewitters haben Asthmatiker ein erhöhtes Risiko für eine Exazerbation.

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Kleinere Befragungen während des „Melbourne-Gewitters“ bestätigten diese Risikofaktoren. Mit Hilfe einer systematischen telefonischen Nachbefragung von 1.435 betroffenen Personen rund drei Wochen nach dem Gewitter sollte das nun bestätigt und herausgefunden werden, welche Risikofaktoren bei den besonders schwer betroffenen und daher stationär behandelten Patienten (n = 164, 11,4 %) vorgelegen hatten. 87 % der Befragten hatten eine aktuelle Rhinitis-Diagnose, 28 % eine aktuelle Asthma-Diagnose. Ein erhöhtes Risiko für eine stationäre Behandlung zeigten vor allem Asthmatiker (adjustierte Odds ratio [aOR]: 1,87, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,26–2,78) und hier insbesondere Asthmatiker mit einem Krankenhausaufenthalt in den letzten 12 Monaten (aOR: 3,16; 95%-KI: 1,63–6,12). Auch höheres Alter und ein Geburtsort in Australien erhöhten die Wahrscheinlichkeit für einen Krankenhausaufenthalt während der „Melbourne-Epidemie“. Asiatischstämmige Personen wurden insgesamt weniger oft stationär behandelt als Nichtasiaten — lag ihr Geburtsort jedoch in Australien, stieg die aOR für stationäre Behandlung auf 5,42 (95%-KI: 1,56–18,83).

Fazit: Im Rahmen eines zu Atemwegsproblemen führenden „Asthmagewitters“ haben vor allem Patienten mit vorbestehender allergischer Rhinitis und Asthma ein erhöhtes Risiko für eine stationäre Behandlung aufgrund der respiratorischen Symptome. Vor allem ein schlecht eingestelltes Asthma scheint für einen schweren Verlauf zu prädestinieren. Zusätzlich spielt die Interaktion zwischen genetischer Ausstattung wie Ethnie-Zugehörigkeit und Umweltfaktoren wie der Geburtsort eine Rolle.