Liebe Leserinnen und Leser,

die Digitalisierung ist in aller Munde, auch deshalb, weil sie etablierte Märkte disruptiv verändert. Digitale Geschäftsmodelle setzen neue Spielregeln. Wer kennt nicht die Beispiele Amazon als Online-Handel ohne Verkaufsflächen oder Airbnb als Hotelgewerbe ohne eigene Zimmer? Ihr Erfolg spricht für sich. Controller sind bislang zumeist nur in den traditionellen Geschäftsmodellen zu Hause. Auf diese ist ihre Steuerung fokussiert.

Digitalisierte Geschäftsmodelle sind datengetrieben. Die unternehmerische Aufmerksamkeit ist auf alle Facetten der Interaktion mit den Kunden zentriert; die Kunden und ihre spezifischen Interaktionen mit dem Unternehmen ("Customer Journey") stehen im Fokus. Die individuelle Interaktionsgeschichte beginnt mit dem ersten Besuch auf der Website und endet bei den Kaufakten und der Rückmeldung der Zufriedenheit des Kunden damit. Sie ist nicht auf eine Kaufepisode beschränkt, sondern wird über die Zeit immer umfangreicher. Amazon & Co. haben eine völlige Transparenz über die einzelnen Kunden und deren Verhalten, also das, was sich der stationäre Handel immer gewünscht hat und für das Kundenkarten nur ein unvollständiger Ersatz sind.

Was heißt das für Controller und ihre Unterstützung bei der Steuerung des digitalen Geschäfts? Der spezielle Kundenfokus und die digitale Kommunikation müssen auch das darauf bezogene Controlling bestimmen! Damit rückt das Feld Online-Controlling in den Mittelpunkt. Es gilt, die Website des Unternehmens als Plattform für den Kundenkontakt mit all ihren Kanälen spielen zu können. Stichworte sind hier insbesondere Search Engine Optimization, Search Engine Advertising und Social Media Marketing. Besondere Aufmerksamkeit muss auch der permanenten Optimierung und Weiterentwicklung der Plattform gelten, die anders funktioniert als im traditionellen Geschäft. In digitalen Geschäftsmodellen ist ein laufendes Testen der Wirksamkeit von Maßnahmen möglich ebenso wie zum Beispiel eine quasi "live" erfolgende Marktforschung, indem unterschiedliche Lösungen für unterschiedliche Kohortengruppen parallel realisiert werden. Ausprobieren ersetzt Annahmen. Digitale Geschäftsmodelle sind darüber hinaus prädestiniert, die Idee des "Customer Lifetime Value" umzusetzen und zu leben. In den traditionellen Industrien steckt diese Perspektive wegen Datenproblemen, aber auch wegen des vorherrschenden Periodendenkens immer noch eher in den Kinderschuhen. Schließlich kann und muss in digitalen Geschäftsmodellen der Fokus auf Einzelwerten, der einzelnen Transaktion des einzelnen Kunden, statt auf Durchschnitten liegen. Für Controller ist das ein neues Denken. Sie sind vom Durchschnittsdenken geprägt, sehen eine Abweichung in erster Linie als Ausreißer, wollen auf den Normalfall abstellen. (Nicht nur) in digitalen Geschäftsmodellen gibt es "den Normalfall" aber immer weniger. Es bedarf also eines "Deaveragings" im Denken. Plakativ: Der Erwartungswert ist out, es lebe die Varianz!

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünschen Ihnen

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Utz Schäffer

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Jürgen Weber