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Der ausreichende und erholsame Schlaf ist eine wissenschaftlich nachgewiesene Gesundheits‑, Erholungs- und Leistungsreserve [1, 2] und es werden zunehmend auch praktische Konsequenzen daraus gezogen. Ein Beispiel dafür ist die in 2022 erstmals durch die American Heart Association (AHA) erfolgte Aufnahme von gesundem Schlaf als eine der 8 wichtigen Maßnahmen, Life’s Essential 8™, welche zur Verhinderung von Herzkreislauferkrankungen wirksam sind [3]. Neben dem gesunden Schlaf sind dies: ausreichende Bewegung, gesunde Ernährung, normaler Blutdruck, ein Nikotin-Stopp, normale Fett- und Zuckerwerte sowie ein normales Gewicht. Der Schlaf ist damit eine in der Medizin anerkannte Gesundheitsreserve geworden. Es gibt jedoch noch zu wenig wissenschaftlichen Input dafür, wie Schlaf, Ernährung und Fitness zusammenhängen, die letzten beiden Faktoren gehören ebenfalls zu den Life’s Essential 8. Der Themenkomplex wurde zwar in Teilen identifiziert [4], jedoch besteht noch ein umfangreicher Forschungsbedarf, was auch für Deutschland zutrifft.

Die Anzahl der Schlafforscher, welche sich dem Zusammenhang mit Sport widmen, ist noch gering. Jedoch gibt es erfreulicherweise einige Arbeitsgruppen, insbesondere aus dem sportwissenschaftlichen Bereich, die das Thema Schlaf adressieren, welches sich u. a. durch die in dieser Schwerpunktausgabe publizierten Beiträgen widerspiegelt.

Für den Bereich des Zusammenhangs von Ernährung und Schlaf – und vice versa – besteht demgegenüber ein ausgeprägtes Forschungsdefizit. Leider ist es daher für diese Ausgabe nicht gelungen, Autoren aus dem deutschsprachigen Raum zu finden, die auf diesem Gebiet Forschungsergebnisse zur Publikation vorlegen können. International finden sich dagegen Studien [5], darunter auch solche, die alle drei Themen – Schlaf, Ernährung und Sport – berücksichtigen [4].

Die in dieser Schwerpunktausgabe vorgestellten Beiträge sollen den Leserinnen und Lesern vor allem einen Einblick darüber geben, was im deutschsprachigen Raum v. a. zum Themenkomplex Schlaf und Sport beforscht wird, gleichzeitig aber auch als ein Aufruf und Ermutigung zu mehr klinisch angewandter Forschung in diesem Themenfeld verstanden werden.

Wie sich der Sport auf den Schlaf auswirkt, wurde zwar initial in Studien untersucht [6, 7], jedoch noch nicht in ausreichendem Maße. Die in dieser Schwerpunktausgabe vorgestellte Übersichtsarbeit von Brupbacher et al. zeigt auf, welche Auswirkungen der Sport bei depressiven Personen auf den Schlaf hat. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass sowohl akutes als auch regelmäßiges Training positive Effekte auf den Schlaf bei diesen Patienten haben kann, eine in der klinischen Praxis sehr häufige und wichtige Patientengruppe. Es werden in dieser Arbeit darüber hinaus die verschiedenen Signalwege und Wirkmechanismen beschrieben.

In dem Beitrag von Kiel et al. wird im Rahmen einer Interventionsstudie untersucht, welchen Effekt ein Trainingslageraufenthalt von Eishockey-Nationalspielerinnen unmittelbar vor einer Weltmeisterschaft auf die subjektive Schlafqualität hat. Nach einer Woche Trainingslager zeigt sich eine Abnahme des Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI).

Bemerkenswert dabei ist, dass bereits junge Sportlerinnen auffällige Werte in den Fragebögen PSQI und Epworth Sleepiness Scale (ESS) aufweisen. Diese Befunde sind ein Hinweis dafür, dass es sinnvoll ist, die Schlafqualität und die Tagesbefindlichkeit auch bei jungen Sporttreibenden aus dem Profibereich zu erheben, den Einfluss der Trainingsbedingungen zu untersuchen und in der Konsequenz entsprechende Veränderungen dieser zur Wiederherstellung bzw. Sicherstellung eines ausreichenden und erholsamen Schlafs umzusetzen. Eine Herausforderung dabei ist jedoch, dass es bisher, von Ausnahmen abgesehen [8], keine standardisierten Instrumente und Verfahren zur Erfassung von Schlafproblemen bei Athleten und Athletinnen gibt.

Schredl et al. haben mittels einer Onlinebefragung von Schülern und Schülerinnen eines Sportgymnasiums festgestellt, dass zwei Drittel der Untersuchten vor Wettkämpfen unter Schlafstörungen leiden und ein beachtlicher Anteil dieser Personen deswegen auch in der Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist. Ein erster Interventionsschritt wäre aus unserer Sicht die Aufklärung über gesunden und gestörten Schlaf. Eine solche Information und Aufklärung hat bis heute weder in die Curricula allgemeinbildender Schulen noch in die von speziell ausgerichteten Einrichtungen, wie z. B. Sportgymnasien, Eingang gefunden.

Die Autoren Jakowski und Stork stellen eine Interventionsstudie vor, die den Einfluss von verschiedenen Schlaf-Apps auf das Schlafverhalten und die Schlafqualität von Sportstudierenden untersucht. Schließlich sind gerade Schlaf-Apps sehr populär und haben das Potenzial, einen Beitrag zur Aufklärung über gesunden oder gestörten Schlaf zu leisten. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass zumindest diese Untersuchungsgruppe wenig darauf anspricht. Möglicher Grund dafür können aus unserer Sicht der noch ungestörte Schlaf dieser jungen Athletinnen und Athleten oder aber das trainingsbedingt sehr strukturierte und gewohnte Schlaf-Wach-Verhalten sein, das sich durch Apps nicht modifizieren lässt.

Die Arbeitsgruppe Tholl et al. thematisiert in ihrer Arbeit das weiterhin hochaktuelle Thema des schlafstörenden Effekts abendlicher Videospielnutzung oder actionreicher TV-Serien, von denen bekannt ist, dass diese im Vergleich zum „allgemeinen“ Fernsehprogramm oder zu Internetrecherchen einen stärkeren Einfluss aufweisen. In der Übersichtsarbeit wird insgesamt ein negativer Effekt der abendlichen Videospielnutzung auf den Schlaf, insbesondere die Einschlaflatenz attestiert. Als ursächlich werden dafür zum einen das blaue Licht, aber in noch stärkerem Maße eine Sympathikusaktivierung angesehen. Da die Blaulichtwirkung von vielen Faktoren, wie Lichtstärke, Entfernung des Screens von den Augen und Größe des Bildschirmes etc. abhängt, ist es aus unserer Sicht insbesondere wichtig, auf den Aspekt des veränderten autonomen Tonus einzugehen. Ein Videospiel wirkt stark motivierend, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen, regt zum Weiterspielen an, steigert so die Sympathikusaktivität und erhöht in der Konsequenz den Wachheitsgrad, vergleichbar unter Umständen in der Wirkung von Leistungs‑/Ausdauersport am späten Abend.

Bei Leistungssporttreibenden gut untersuchte und in der Praxis erhobene Größen sind Parameter des kardiovaskulären Funktionszustandes am Tage, sowohl in Ruhe als auch bei Belastung. Dagegen gibt es bei dieser Personengruppe kaum Untersuchungen dazu aus dem Schlaf. Glos et al. untersuchten in einer Interventionsstudie die Schlafstruktur, die Schlafqualität und den kardialen autonomen Tonus bei professionellen Leistungssporttreibenden im Vergleich zu einer gesunden Referenzgruppe. Mittels vereinfachter ambulanter Schlafmessung konnte objektiviert werden, dass sich die Schlafstruktur der untersuchten Leistungssporttreibenden und der Referenzgruppe nicht unterschieden. Ein weiterer Befund war, dass die Schlafmenge in beiden Gruppen zu gering im Vergleich zu der von Fachgesellschaften für diese Altersgruppe empfohlenen war. Die Leistungssporttreibenden wiesen aber eine bessere nächtliche autonome Regulation auf, allerdings traten bei ihnen vermehrt insomnische Beschwerden auf. Damit kann nachgewiesen werden, dass der gesunde, trainierte Organismus den Schlaf zur Regenration, auch für das Herz-Kreislauf-System, nutzt. Jedoch sollte in Zukunft im Management berücksichtigt werden, dass bereits junge Sporttreibende das Risiko insomnischer Störungsbilder aufweisen, möglicherweise bedingt durch die hohe Belastung für den Schlaf-Wach-Rhythmus im Training, den z. B. Steenekamp et al. [9] untersuchten.

Wir sind erfreut, dass auch im deutschsprachigen Raum in der Sportmedizin das Thema „Gesunder Schlaf“ adressiert wird und möchten mit den Beiträgen in diesem Schwerpunktheft vor allem zur Zusammenarbeit von SchlafmedizinerInnen und SchlafforscherInnen mit SportwissenschaftlerInnen, SportpsychologInnen sowie SportmedizinerInnen anregen und auffordern. Darüber hinaus möchten wir unsere Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass auch ErnährungswissenschaftlerInnen durch die Lektüre dieser Beiträge motiviert werden, mit SchlafforscherInnen zusammenzuarbeiten.

Ingo Fietze, Martin Glos