1 Einleitung

Die Förderung einer egalitären Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern steht bereits seit längerem auf der politischen Agenda. Gleichwohl zeigt sich, dass Erwerbs- und Sorgearbeit nach wie vor sehr ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt sind. Insbesondere mit dem Übergang zur Elternschaft kommt es auch bei bildungs- und einkommenshomogenen Paaren regelmäßig zu einer – meist irreversiblen – geschlechtsstereotypisch spezialisierten Arbeitsteilung (Kühhirt 2012). In den meisten Fällen übernehmen immer noch Frauen den Großteil der Sorgearbeit. Zu diesem Zweck unterbrechen diese ihre Erwerbstätigkeit meist weit über die Phase des Mutterschutzes hinaus. Im Gegensatz dazu setzen die meisten Männer ihre Vollzeiterwerbstätigkeit auch mit dem Übergang zur Vaterschaft nahezu unverändert fort.

Institutionelle Rahmenbedingungen – und insbesondere die monetären Anreizstrukturen – spielen bei den Erwerbs- und Sorgeentscheidungen von Paaren eine maßgebliche Rolle (Hipp und Leuze 2015; Landivar 2015; Beblo 2012). Bereits mit der Elterngeldreform 2007 wurde mit der Einführung der zwei Partnermonate ein monetärer Anreiz geschaffen, auch Väter stärker in die Kindererziehung mit einzubeziehen. Eine väterliche Elterngeldbeteiligung über die zwei Partnermonate hinaus bleibt jedoch die Ausnahme (Destatis 2016). Zudem begünstigt das bisherige Elterngeld, ähnlich wie das umstrittene Ehegattensplitting, tendenziell spezialisierte und damit auch traditionelle Arrangements. Wohlfahrtsstaatliche Instrumente mit einer Anreizsetzung für egalitäre Erwerbsarrangements, in denen beide Partner_innen in ähnlichem Umfang erwerbstätig sind, gab es in Deutschland bis vor Kurzem nicht. Erst mit der Einführung des Elterngeld Plus und dem darin enthaltenen Partnerschaftsbonus (PB) 2015 wurde ein monetärer Anreiz für die Realisierung eines egalitären Teilzeitarrangements (d.h. beide Elternteile arbeiten jeweils zwischen 25 und 30 Std./Woche) geschaffen. Ein wesentliches Ziel dieser Neuerung ist, die paarinterne Egalisierung von Erwerbs- und Sorgearbeit bereits im Übergang zur Elternschaft stärker zu fördern (Deutscher Bundestag 2014).

Ob und inwiefern mithilfe der neu eingeführten Elterngeldkomponenten eine solche Egalisierung gelingt, lässt sich vor dem Hintergrund vorhandener Forschungsergebnisse nicht abschätzen. Denn wir wissen noch zu wenig darüber, wie die neuen Elterngeldkomponenten genutzt werden und welche individuellen und paarbezogenen Motive deren Nutzung begründen. Einzig eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (2018) liefert erste empirische Erkenntnisse zu den individuellen Gründen einer Inanspruchnahme von Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus, ohne dabei jedoch den Paarkontext und die jeweiligen Erwerbsumfänge vertieft zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung des Paarkontextes ist jedoch sinnvoll, da der Partnerschaftsbonus ein paarbezogener Anspruch ist, sodass dieser in der Regel nur in Abhängigkeit von und in Auseinandersetzung mit der Erwerbs- und Elterngeldentscheidung des anderen Elternteils beansprucht werden kann.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet die vorliegende Studie die individuellen und paarbezogenen Erwerbs- und Elterngeldentscheidungen von Eltern, die sich für eine parallele Teilzeitphase während des Elterngeldbezuges entschieden haben. Erstens wird untersucht, wie genau die neuen Gestaltungskomponenten genutzt werden und welche Erwerbsentscheidungen mit der jeweiligen Nutzung verknüpft sind. Hier interessiert insbesondere, inwiefern sich Eltern für eine parallele Teilzeitphase entscheiden, da diese Entscheidung als Seismograph einer egalitären Arbeitsteilung interpretiert werden kann. Ziel ist die explorative Bildung einer Typologie von Elterngeldnutzungs- und Erwerbsarrangements. Zweitens wird untersucht, wie diese Erwerbs- und Elterngeldentscheidungen begründet werden und inwiefern die Motivlagen zwischen den gebildeten Typen variieren. Da bisher ein theoretischer Rahmen fehlt, der die Entscheidung für ein egalitäres Teilzeitarrangement erklärt, soll außerdem der Frage nachgegangen werden, ob und, wenn ja, auf welche Weise vorliegende theoretische Ansätze einen Erklärungsbeitrag leisten können.

Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen wurde ein qualitatives Vorgehen gewählt, um der Komplexität der Entscheidungssituation gerecht werden zu können. Empirische Grundlage bilden eigens erhobene Interviews mit 18 Personen aus zehn gemischtgeschlechtlichen Paaren, die sich für eine parallele Teilzeitphase während des Elterngeldbezuges entschieden haben.

2 Forschungsstand und Theorie

2.1 Institutioneller Rahmen: Das neue Elterngeld Plus und dessen Anreizstruktur

Das ursprüngliche, 2007 eingeführte Elterngeld – welches dem heutigen BasiselterngeldFootnote 1 entspricht – wurde mit der Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) im Jahre 2015 reformiert und um die beiden Komponenten Elterngeld Plus und Partnerschaftsbonus erweitert.

Ziel der Einführung des Elterngeld Plus war, eine TeilzeiterwerbstätigkeitFootnote 2 während des Elterngeldbezuges nicht länger zu sanktionieren. Denn unter der bis dahin geltenden Regelung führte eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges in der Regel zu einer Reduzierung der individuellen Transferbezüge und war insofern wenig lohnend (Deutscher Bundestag 2018). Dementsprechend gingen auch lediglich 13 % der Mütter und 29 % der Väter während des Transferbezuges einer Teilzeiterwerbstätigkeit nach (BMFSFJ 2009). Damit stellte das Elterngeld in seiner urspünglichen Form ein institutionelles Hemmnis für eine Erwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges dar (Kluve und Tamm 2013).

Mit der Einführung des Elterngeld Plus (§4 Abs. 3 BEEG i.d.F. vom 27. Januar 2015) wurde dieses Erwerbshemmnis eliminiert bzw. abgemildert. Eltern, deren Kinder ab dem 01. Juli 2015 geboren wurden, haben nun die Möglichkeit, ihren Anspruch an Basiselterngeldmonaten ganz oder anteilig in Elterngeld-Plus-Monate umzuwandeln, d.h. statt einen Basiselterngeldmonat zwei Elterngeld-Plus-Monate zu beanspruchen. Das Elterngeld Plus ersetzt dann – wie das Basiselterngeld – in der Regel 65 % des wegfallenden Nettoeinkommens. Es ersetzt jedoch höchstens die Hälfte des Elterngeldes, welches der berechtigten Person zustehen würde, wenn sie keine Einnahmen hätte. Dadurch entspricht die Summe von zwei Elterngeld-Plus-Monatsbeträgen einem Basiselterngeldmonatsbetrag (Geyer und Krause 2016, S. 13). Diese Neuregelung hat zur Folge, dass eine Teilzeiterwerbstätigkeit bzw. das daraus resultierende Einkommen nicht mehr zu einer Kürzung der Elterngeldbezüge führt, sofern das Teilzeiteinkommen nicht die Hälfte des vorgeburtlichen Einkommens übersteigt. Insbesondere Mütter sollen dadurch motiviert werden, ihre elterngeldbedingten Erwerbsunterbrechungen zu verkürzen (Deutscher Bundestag 2014, S. 16).

Neben der Elterngeld-Plus-Komponente wurde das Elterngeld mit dem Partnerschaftsbonus (PB) (§4 Abs. 4 BEEG i.d.F. vom 27. Januar 2015) um eine weitere Gestaltungskomponente ergänzt. Der PB ist ein Anspruch auf vier zusätzliche Monatsbeträge Elterngeld Plus je Elternteil. Im Gegensatz zum Elterngeld Plus, welches von jedem Elternteil individuell beansprucht werden kann, adressiert dieser aber explizit den Paarkontext. Der Anspruch besteht nämlich nur, wenn beide Elternteile für vier aufeinanderfolgende Monate parallel durchschnittlich zwischen 25 und 30 Std./Woche erwerbstätig sind.Footnote 3

Mit der Vorgabe eines solchen Arbeitszeitkorridors für beide Elternteile sind im Wesentlichen zwei komplementäre Ziele verknüpft (Geyer und Krause 2016, S. 15 ff.): Erstens sollen Mütter ihre Erwerbstätigkeit bis mindestens 25 Wochenstunden ausdehnen. Denn die überwiegende Mehrheit der Mütter kehrt bisher nur mit einem deutlich reduzierten Stundenumfang in die Erwerbstätigkeit zurück (Rupp und Beier 2013, S. 69 ff.). Die Stundenausdehnung trägt dagegen dazu bei, die eigene wirtschaftliche Existenz auch während der Phase der jungen Mutterschaft besser abzusichern (Deutscher Bundestag 2014, S. 16). Zweitens sollen Väter, die ihre Vollzeiterwerbstätigkeit in dieser Lebensphase typischerweise fortsetzen, ihren Erwerbsumfang auf bis maximal 30 Stunden reduzieren. Diese Stundenreduktion schafft zeitliche Kapazitäten für eine stärkere väterliche Beteiligung an der Kinderbetreuung, ohne dass die Väter ihre Erwerbstätigkeit vollständig einstellen müssen. Insgesamt hat der PB damit zum Ziel, eine stärker egalitäre Verteilung von Erwerbs- und Familienzeiten zwischen den Elternteilen noch während der Phase der jungen Elternschaft zu unterstützen (Deutscher Bundestag 2014).

2.2 Empirischer Forschungsstand

Die Entscheidung für eine (parallele) Teilzeiterwerbstätigkeit während des Bezuges von Elterngeld Plus und/oder PB geht im Wesentlichen mit drei Abweichungen vom geschlechtstypischen und geschlechtsstereotypen Erwerbs- und Sorgeverhalten von Müttern, Vätern und Paaren im Übergang zur Elternschaft einher (BMFSFJ 2009, S. 8; WSI GenderDatenPortal 2019; Kühhirt 2012; Müller et al. 2013; Lott und Klenner 2018): Erstens kehren Mütter noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres in die aktive Erwerbstätigkeit zurück, anstatt sich in dieser Phase ganz der Familienarbeit zu widmen. Zweitens reduzieren Väter ihre Erwerbstätigkeit auf maximal 30 Wochenstunden, anstatt weiterhin einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachzugehen. Und drittens realisieren Paare eine egalitäre Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit, anstatt ein traditionelles, d.h. spezialisiertes Arrangement zu verwirklichen. Die Frage, warum Eltern ihre individuellen und paarbezogenen Erwerbsentscheidungen in dieser Weise abweichend von Geschlechterstereotypen treffen, ist bereits Gegenstand bisheriger Forschungsarbeiten. Erste Hinweise auf mögliche elterliche Motive für ein paralleles Teilzeitarrangement während des Elterngeldbezuges lassen sich hieraus ableiten.

Zu der Frage, warum Mütter bereits während der Phase des Elterngeldbezuges einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgehen, existiert kaum empirische Evidenz. Einzig die Studie von Schreyer (2015) befasst sich explizit mit den Motiven und Determinanten einer mütterlichen Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges. Schreyer zeigt, dass eine bereits vor der Geburt des Kindes bestehende Selbstständigkeit sowie ein geringfügiger Erwerbsumfang der Mutter eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges begünstigt. Für ein höheres Qualifikationsniveau und höhere Karriereambitionen zeigen sich in der multivariaten Analyse entgegen den Erwartungen allerdings keine signifikanten Effekte.

Neuere empirische Befunde zu den Motiven und Determinanten einer väterlichen Teilzeit sind derzeit noch begrenzt, wenngleich die Thematik in jüngster Zeit (wieder) Eingang in die arbeitssoziologische Forschung gefunden hat (Larsson und Björk 2017; Hobler und Pfahl 2015; Hipp et al. 2017; Bernhardt und Bünning 2017; Bjørnholt 2011). Meiner Kenntnis nach existieren in der jüngeren Forschung lediglich zwei qualitative Studien, die sich explizit mit den väterlichen Motivlagen für eine Teilzeiterwerbstätigkeit auseinandersetzen. Diese beiden Interviewstudien (Larsson und Björk 2017; Bjørnholt 2011) verweisen für Schweden und Norwegen auf zwei zentrale Motive: Zentral ist erstens der Wunsch nach mehr gemeinsamer Zeit mit den Kindern, um so Vorstellungen einer involvierten Vaterschaft besser umsetzen zu können. Zweitens entscheiden sich Väter für eine Teilzeiterwerbstätigkeit, um die berufliche Entwicklung der Partnerin zu unterstützen. Darüber hinaus reduzieren Väter ihren Erwerbsumfang, um den Alltag zwischen Erwerbs- und Sorgearbeit zu entschleunigen oder auch um Hobbies und Partnerschaft besser pflegen zu können. Überdies zeigen Hipp et al. (2017) in einem quantitativen Ländervergleich, dass Väter, die im Vergleich zu ihren Partnerinnen geringere oder gleiche Verdienstmöglichkeiten aufweisen, nicht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit in Teilzeit arbeiten als Väter mit relativ besseren Verdienstmöglichkeiten. Dieses Ergebnis deutet darauf hin, dass ressourcentheoretische Überlegungen bei der Entscheidung für eine väterliche Teilzeiterwerbstätigkeit eine untergeordnete Rolle spielen. Darüber hinaus zeigt Buschmeyer (2008) in einer qualitativen Interviewstudie zu Teilzeit und Männlichkeit, dass die Entscheidung für eine väterliche Teilzeit mit der Milieuzugehörigkeit bzw. der milieuspezifischen Konstruktion von Männlichkeit und Vaterschaft zusammenhängt. Keine der zitierten Studien fokussiert jedoch auf eine väterliche Teilzeiterwerbstätigkeit während der Phase des Elterngeldbezuges; insofern bleibt offen, inwiefern die dargestellten Erkenntnisse auch für diese spezielle Lebensphase gültig sind.

Innerhalb der vorhandenen Literatur zu den Determinanten egalitärer Erwerbsarrangements beschäftigt sich eine Reihe von Arbeiten mit dem Einfluss des Bildungsniveaus. Diese kommen mehrheitlich zu dem Ergebnis, dass insbesondere hohe Bildungsabschlüsse beider Partner_innen oder ein höherer Bildungsabschluss der Frau im Vergleich zum Partner (Bohr 2014; Kitterød und Lappegård 2012; Buschner et al. 2018; Berghammer 2014; Landivar 2015) die Realisierung ähnlich hoher Erwerbsumfänge begünstigen. Darüber hinaus dokumentieren qualitative Studien (Bernhardt et al. 2016; Dechant und Schulz 2014), dass finanzielle Spielräume eine egalitäre Aufteilung der Erwerbsarbeit von Paaren fördern. Die Präsenz jüngerer Kinder im Haushalt erschwert hingegen die Ausbildung egalitärer Erwerbsarrangements (Landivar 2015; Eeckhaut et al. 2014). Da die Mehrheit der empirischen Studien den Teilzeitaspekt jedoch gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt, ist unklar, inwieweit sich diese Ergebnisse auf egalitäre Teilzeitmodelle übertragen lassen. Zudem bleiben auch hier das Elterngeld bzw. die Elternzeit als institutioneller Einflussfaktor für die Entscheidung unberücksichtigt.

Im Anschluss an die erstmalige Einführung des Elterngeldes mit den sogenannten „Vätermonaten“ im Jahr 2007 sind jedoch eine ganze Reihe von Publikationen entstanden, die sich mit den Motivlagen und Determinanten einer Inanspruchnahme von Elterngeld und Elternzeit durch Väter beschäftigen. Einerseits belegen dabei qualitative Studien, dass die Motive einer väterlichen Inanspruchnahme von Elterngeld und Elternzeit vielfältig sind (siehe z.B. Pfahl und Reuyß 2009; Peltz et al. 2017; Richter 2012; Böhme und Mönkedieck 2017; Peukert 2015; Aunkofer et al. 2019). Andererseits zeigt sich aber auch, dass ökonomische Abwägungen und insbesondere die (relative) Ressourcenausstattung der Partner_innen bei der Entscheidung für die väterliche Inanspruchnahme von Elterngeld bzw. Elternzeit sowie bei der Festlegung von deren Dauer – anders als bei der väterlichen Teilzeitentscheidung – von z.T. erheblicher Bedeutung sind (z.B. Pfahl und Reuyß 2009; Peltz et al. 2017; Richter 2012; Böhme und Mönkedieck 2017; Peukert 2015; Trappe 71,72,a, b; Vogt und Pull 2010; Reich 2011; Pull und Vogt 2010; Aunkofer et al. 2019). Aus diesem Grund bezieht die vorliegende Arbeit auch eine ressourcentheoretische Perspektive ein.

Zu Elterngeld Plus und PB selbst existiert derweil bislang kaum empirische Evidenz. Zu den individuellen Motiven der Inanspruchnahme des PB liefert einzig eine Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (2018) erste empirische Erkenntnisse. Demnach sind für die meisten Befragten erstens der Wunsch nach mehr Zeit mit dem Kind und zweitens der Wunsch nach einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit von Bedeutung. Zudem nutzen Eltern den PB, um die Dauer des Elterngeldbezuges zu verlängern und die Partner_in bei der Kinderbetreuung oder Berufstätigkeit zu unterstützen. Eigene Karrieremotive oder monetäre Aspekte spielen im Vergleich zu den anderen genannten Motiven bei der Entscheidung für den PB für die befragten Eltern seltener eine Rolle.Footnote 4

2.3 Theoretische Betrachtung einer (parallelen) Teilzeiterwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges

Eine elternzeitbedingte Erwerbsunterbrechung ist insbesondere für hochqualifizierte Individuen i.d.R. mit hohen Opportunitätskosten verbunden. Opportunitätskosten entstehen dabei im Wesentlichen durch das wegfallende Einkommen, durch Verluste im Humankapital oder verschlechterte Karrierechancen sowie aus daraus resultierenden zukünftigen Einkommenseinbußen (Rürup und Gruescu 2003, S. 50 ff.; Gruescu und Rürup 2005). Sowohl das bisherige Elterngeld (jetzt Basiselterngeld) als auch das Elterngeld Plus tragen dazu bei, die Opportunitätskosten der Sorgearbeit abzumildern. Das Elterngeld Plus vermag die Opportunitätskosten in stärkerem Maße zu senken als das Basiselterngeld. Denn kehrt der/die Elterngeldberechtigte noch während des Elterngeld-Plus-Bezuges in eine Teilzeiterwerbstätigkeit zurück, anstatt die Erwerbstätigkeit vollständig zu unterbrechen und Basiselterngeld zu beziehen, ist davon auszugehen, dass Humankapitalverluste und Karrierenachteile ebenso wie die daraus resultierenden zukünftigen Einkommenseinbußen deutlich geringer ausfallen als im Falle einer vollständigen Erwerbsunterbrechung (Beblo und Wolf 4,5,a, b). Insofern ist anzunehmen, dass insbesondere hochqualifizierte Individuen – und im Speziellen Mütter – das Elterngeld Plus beanspruchen und währenddessen in Teilzeit arbeiten, um Opportunitätskosten der Sorgearbeit abzumildern.

Um jedoch zu erklären, warum hochqualifizierte Individuen in Teilzeit arbeiten wollen, anstatt einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachzugehen, scheint die Betrachtung der Opportunitätskosten nur bedingt geeignet. Dies gilt insbesondere für hochqualifizierte Väter, die überdurchschnittlich häufig über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen (Destatis 2017, S. 168). Eine Arbeitszeitreduzierung oder Erwerbsunterbrechung ist hier aus ökonomischer Perspektive nicht zu erwarten, da diese mit entsprechend hohen Opportunitätskosten verbunden wäre.

Die Mangelhypothese als Bestandteil der Theorie des Wertewandels (Inglehart 1971) eröffnet dagegen eine wertebasierte Perspektive auf die Motive einer Teilzeiterwerbstätigkeit von hochqualifizierten Vätern – aber auch von Müttern – während des Bezuges von Elterngeld Plus. Die Mangelhypothese besagt, dass diejenigen Bedürfnisse an Bedeutung gewinnen, die noch nicht befriedigt worden sind. Unter Bezugnahme auf Maslow (1954) liegt dieser Hypothese die Annahme zugrunde, dass die menschlichen Bedürfnisse hierarchisch angeordnet sind. Demnach ist die Ausbildung höherer bzw. postmaterieller Werte (z.B. Lebensqualität, Freiheit, Selbstentfaltung) erst möglich, sofern niedere bzw. materielle Bedürfnisse (z.B. ökonomische und physische Sicherheit) befriedigt sind. Hochqualifizierte Väter mit entsprechend sicheren und hohen Einkommen bilden demnach postmaterielle Wertorientierungen aus, da materielle Bedürfnisse bereits befriedigt sind, während das Bedürfnis nach ausreichend erwerbsfreien Zeiten für diese Gruppe besonders oft unbefriedigt bleibt (BMFSFJ 2012, S. 54, S. 117). Wenn auch nicht von Inglehart (1971) explizit dahingehend operationalisiert, kann in diesem Sinne Zeitwohlstand (Rinderspacher 2002) als postmaterieller Wert verstanden werden. Zeitinstitutionen wie die Elternzeit schaffen den gesetzlichen Rahmen, um diesem Zeitbedürfnis besser nachkommen zu können. Das Elterngeld Plus flankiert gemeinsam mit dem Teilzeiteinkommen diese Zeitinstitution und schafft die materielle Voraussetzung für die Erhaltung und Entfaltung postmaterieller Wertorientierungen.Footnote 5 Demnach ist anzunehmen, dass insbesondere hochqualifizierte Väter mit einem entsprechend hohen und sicheren Einkommen aufgrund ihrer postmateriellen Wertorientierung bzw. ihrem unbefriedigten Bedürfnis nach Zeit motiviert sind, ihre Erwerbszeiten im Rahmen einer Elterngeld-Plus-Nutzung zu reduzieren.

Die individuellen Erwerbs- und Sorgeentscheidungen der Elternteile können allerdings nicht losgelöst vom Paarkontext betrachtet werden (vgl. z.B. Aunkofer et al. 2019). Um die paarinterne Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit zu erklären, werden traditionell verschiedene ökonomische bzw. ressourcenbasierte (Becker 1965, 1993; Ott 1992; Lundberg und Pollak 1996) und normenbasierte (van Berkel und de Graaf 1999; Bielby und Bielby 1989; Eagly 1987) bzw. interaktionstheoretische Ansätze (West und Zimmermann 1987) herangezogen. Allerdings sind nicht alle diese Ansätze in der Lage, die Entscheidung für eine egalitäre Erwerbskonstellation zu erklären: So eignen sich z.B. die ökonomische Theorie der Familie (Becker 1965, 1993) oder der Doing-Gender-Ansatz (West und Zimmermann 1987) besonders zur Erklärung spezialisierter bzw. traditioneller Arrangements (siehe hierzu Schulz 2010).

Um die Entscheidung für ein egalitäres Teilzeitarrangement während des Bezugs von Elterngeld Plus zu erklären, scheinen dagegen insbesondere ressourcentheoretische Ansätze und hier im Speziellen verhandlungstheoretische Ansätze wie der Bargaining-Ansatz (Ott 1992) geeignet. Denn erstens belegt die Forschung zu egalitären Erwerbsmodellen und zur väterlichen (Nicht‑)Inanspruchnahme von Elterngeld bzw. Elternzeit, dass ökonomische Begründungsfiguren und die (relative) Ressourcenausstattung der Partner_innen von zentraler Bedeutung sind. Und zweitens zeigt sich, dass die paarinterne Arbeitsteilung und die Inanspruchnahme von Elterngeld bzw. Elternzeit nicht mehr alleine durch die Geschlechtszugehörigkeit oder etwa durch biologisch bedingte komparative Vorteile im Sinne Beckers (1993) bestimmt wird, sondern auch Gegenstand von paarinternen Aushandlungen ist (siehe z.B. Aunkofer et al. 2019; Peukert 2015).

Der Bargaining-Ansatz (Ott 1992) interpretiert die paarinterne Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit als Ergebnis eines solchen paarinternen Aushandlungsprozesses. Diesem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass Erwerbsarbeit gegenüber Haus- und Sorgearbeit bevorzugt wird, da Erwerbsarbeit marktfähiger ist. Welche der beiden Partner_innen sich auf die Erwerbsarbeit spezialisieren darf und welcher sich der Haus- und Sorgearbeit widmen muss, ist abhängig von der internen Verhandlungsstärke. Die interne Verhandlungsstärke wird durch das relative Einkommenspotenzial der Partner_innen bestimmt. Derjenige Elternteil, der seine Humanressourcen gewinnbringender am Arbeitsmarkt einbringen kann, wird aus verhandlungstheoretischer Sicht in größerem Umfang erwerbstätig sein und einen geringeren Anteil der Haus- und Sorgearbeit übernehmen. Daraus folgt, dass bei einer ähnlich hohen Ressourcenausstattung der Partner_innen keine der Partner_innen bereit sein dürfte, mehr als die Hälfte der gemeinsamen Haus- und Sorgearbeit zu übernehmen. Eine egalitäre Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit wäre somit zu erwarten. Für bildungs- und einkommenshomogene Paare ist eine parallele Teilzeiterwerbstätigkeit während des Bezuges von Elterngeld Plus also das wahrscheinlichste Verhandlungsergebnis und zugleich eine Möglichkeit, die jeweilige Verhandlungsstärke auch unter den Bedingungen der Elternschaft zu erhalten.

Da ein ressourcen- bzw. verhandlungstheoretischer Erklärungsansatz alleine aber zu kurz greift (s.o.), wird dieser Ansatz mit dem „egalitarian values model“ (van Berkel und de Graaf 1999) um einen normen- bzw. wertebasierten Erklärungsansatz ergänzt: Während aus verhandlungstheoretischer Sicht bereits eine ähnliche Ressourcenausstattung der Partner_innen eine egalitäre Arbeitsteilung erwarten lässt, betont das „egalitarian values model“ darüber hinaus das Niveau der Bildungshomogamie. Aus Sicht des Modells ist eine egalitäre Arbeitsteilung nur dann zu erwarten, wenn beide Partner_innen über ein hohes Bildungsniveau verfügen. Diesen Zusammenhang führen van Berkel und de Graaf auf geteilte egalitäre Werthaltungen von höher gebildeten Individuen zurück. Demnach kommen höher gebildete Individuen stärker mit demokratischen Werten wie Gleichheit, Toleranz und Freiheit in Kontakt als weniger gebildete Individuen. Durch die Internalisierung dieser Werte und Normen entstehen Werthaltungen wie die Gleichstellung der Geschlechter, die sich wiederum in einer egalitären Arbeitsteilung niederschlagen. Auch wenn sich das „egalitarian values model“ im Ursprung auf die paarinterne Aufteilung von Hausarbeit – und nicht auf die paarinterne Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit – bezieht, soll dieser Erklärungsansatz in Anlehnung an Dechant und Schulz (2014) auf diese Arbeitsbereiche übertragen werden. Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass hochqualifizierte bildungshomogene Paare eine parallele Teilzeiterwerbstätigkeit während des Bezuges von Elterngeld Plus anstreben, um ihre geteilten egalitären Werthaltungen auszuleben.

3 Daten und Methode

3.1 Datengrundlage

Um die Frage nach den jeweiligen Elterngeldnutzungs- und Erwerbsmustern sowie den damit verknüpften Motivlagen zu beantworten, wurde ein qualitatives Vorgehen gewählt. Zu diesem Zweck wurden semi-strukturierte leitfadengestützte Interviews mit 18 Elternteilen aus zehn Paaren geführt. Dieses Vorgehen erschien sinnvoll, da qualitative Interviews für die Ermittlung subjektiver Sichtweisen und Motivlagen besonders geeignet sind. Darüber hinaus wurde mit der Einführung des PB erstmalig ein wohlfahrtsstaatliches Instrument geschaffen, welches einen direkten monetären Anreiz für eine parallele Teilzeiterwerbstätigkeit von Paaren setzt. Ein qualitativer Zugang kann somit dazu beitragen, ein erstes Themenverständnis zu entwickeln.

Die Zielpopulation bildeten gemischtgeschlechtliche Paare, die sich für die Realisierung einer egalitären Teilzeitphase während der Phase des Elterngeldbezuges entschieden haben. Damit wurden im Wesentlichen zwei Kriterien für eine Teilnahme vorausgesetzt: Erstens mussten die Paare beabsichtigen, zumindest zwei Monate parallel Elterngeld Plus oder vier Monate den PB zu beanspruchen. Und zweitens mussten die Paare beabsichtigen, währenddessen parallel in Teilzeit zu arbeiten. Darüber hinaus sollten sich die einzelnen Interviewteilnehmer_innen – geleitet von theoretischen Überlegungen und empirischer Evidenz – hinsichtlich Bildungsstand, Einkommen, Herkunft, Beschäftigungsstatus und Urbanität des Wohnortes maximal voneinander unterscheiden. Diese theoretische Vorabfestlegung des Samples („Selective Sampling“) wurde, wie von Kruse (2014, S. 248 f.) vorgeschlagen, um ein fortlaufendes theoretisches Sampling nach Maßgabe der Grounded-Theory-Methodologie ergänzt. Dieses Vorgehen erschien sinnvoll, um die Heterogenität im Untersuchungsfeld angemessen zu erfassen.

Da die Zielpopulation gemäß Schnell et al. (2018, S. 553) als seltene Population eingestuft werden kann, gestaltete sich die Rekrutierung geeigneter Interviewteilnehmer_innen schwierig, sodass beim Sampling-Kriterium der maximalen Heterogenität in Bezug auf den Bildungsstand und die paarinternen Einkommensdifferenzen Abstriche gemacht werden mussten. Zur Gewinnung von Interviewteilnehmer_innen wurden geeignete Multiplikatoren (z.B. Elterngeldstellen, Kindertagesstätten, Hebammenpraxen, Vätervereine) deutschlandweit per E‑Mail angeschrieben und über das Forschungsvorhaben informiert. Es wurde darum gebeten, das Forschungsvorhaben bei potenziellen Interviewteilnehmer_innen bekannt zu machen und für eine Studienteilnahme zu werben. Zu diesem Zweck wurden Studienflyer und -plakate zur Verfügung gestellt.

Die Interviews wurden im Zeitraum von Juli 2016 bis November 2016 in Form einer persönlichen Befragung durchgeführt. Als Grundlage der Befragung diente ein Leitfaden mit folgenden Themenbereichen: berufliche Situation vor der Elternschaft, Ausgestaltung der Erwerbtätigkeit im Übergang zur Elternschaft, Ausgestaltung des Elterngeld-(Plus‑)Bezuges, Begründungsmuster der Erwerbs- und Elterngeldentscheidungen und Erwerbsabsichten nach Ende des Elterngeldbezuges. Die Interviews wurden überwiegend als Einzelinterviews geführt (14 Einzelinterviews, 2 Paarinterviews). Auch wenn in Einzelinterviews Interaktions- und Aushandlungsprozesse der Paare nicht direkt beobachtet werden können und somit die Paarperspektive als solche nicht erhoben wird (z.B. Wimbauer und Motakef 2017; Kruse 2014, S. 161), eignet sich dieser methodische Zugang, um die jeweils individuellen Perspektiven der Elternteile auf das Paar zu erheben (Kruse 2014, S. 161). Zudem haben Einzelinterviews den Vorteil, dass sie weniger anfällig für „Konsensfiktionen“ sind, sodass unterschiedliche Positionen hier eher thematisiert werden als in Paarinterviews (z.B. Hahn 1983; Przyborski und Wohlrab-Sahr 2014, S. 109 f.; Lauer 2011, S. 299; Kruse 2014, S. 162; Wimbauer und Motakef 2017). Außerdem wird die konzeptionelle Repräsentativität (Interviewteilnahme wird nicht z.B. durch die Partnerschaftsqualität beeinflusst) weniger stark beeinträchtigt, und zeitlichen Restriktionen aufseiten der Interviewteilnehmer_innen (z.B. bedingt durch Kinderbetreuung während des Interviews, berufliche Verpflichtungen etc.) kann besser entsprochen werden (Wimbauer und Motakef 2017). Dennoch wurde angestrebt, jeweils beide Elternteile einer Paarkonstellation zu interviewen, um beide Geschlechterperspektiven zu erfassen. Dies wurde bei acht von zehn Paaren auch erreicht. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet, anonymisiert und gemäß Kuckartz (2016, S. 29 f.) transkribiert.

Acht der interviewten Paare waren Ersteltern. Neun Paare befanden sich bereits im Elterngeldbezug. Zwei der Paare arbeiteten zum Zeitpunkt des Interviews bereits parallel in Teilzeit und bezogen Elterngeld Plus. Allen anderen Paaren stand diese spezielle Phase noch bevor. Mit einer Ausnahme verfügten alle Befragten über einen Hochschulabschluss. Die paarinternen Einkommensdifferenzen sind in sechs von zehn Fällen gering bis moderat (0–500 €). In Bezug auf die Merkmale individuelles monatliches Nettoeinkommen (500–1000 € bis 3500–4000 €), Alter (27 bis 44 Jahre), Herkunft (Ost- und Westdeutschland), Partnerschaftsstatus (verheiratet/nicht verheiratet), Beschäftigungsstatus (selbstständig/abhängig beschäftigt; öffentlicher Dienst/Privatwirtschaft) und Urbanität des Wohnortes (Groß- oder Millionenstädte bis Dorf) ist das Sample – wie angestrebt – eher heterogen zusammengesetzt.

3.2 Methode

Das methodische Vorgehen orientiert sich an Dechant und Schulz (2014) und beinhaltet eine Kombination verschiedener, sich ergänzender Auswertungsverfahren. In einem ersten Schritt wurde die Analyse der transkribierten Interviews mittels des Ansatzes der (inhaltlich strukturierenden) qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) und Mayring (2015) durchgeführt. Die Entwicklung des Kategoriensystems erfolgte auf Grundlage deduktiver und induktiver Kategorien. Deduktive Hauptkategorien wurden aus den Themenbereichen des Leitfadens und aus den dargelegten theoretischen Vorüberlegungen abgeleitet (z.B. die Motivkategorien „Zeitwohlstand“, „monetäres Kalkül“ und „Geschlechterollenorientierung“). Diese wurden weiter ausdifferenziert und durch induktive Kategorien ergänzt (z.B. neue Motivkategorie „Bewältigung und Adaption“ mit Subkategorien „Sanfter Jobein- bzw. ausstieg“, „Sicherstellung der Kinderbetreuung/Schließung von Betreuungslücken“, „Entlastung der Partner_in“, „Kitaeingewöhnung“, „Flexibilitätsreserve“ und „Bewältigung der Doppelbelastung“). Die induktive Kategorienbildung erfolgte anhand einer fokussierten Zusammenfassung gemäß Kuckartz (2016, S. 86 ff.). Die Analyse wurde computergestützt mit MAXQDA durchgeführt.

Die Kategorienorientierung des Verfahrens der qualitativen Inhaltsanalyse geht mit einer Dekontextualisierung der Ergebnisse einher (Schreier 2014). Um eine Rekontextualisierung der Ergebnisse zu erreichen, wurde das Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse in einem zweiten Schritt mit einer Typenbildung kombiniert (Schreier 2014). Die Entwicklung einer Typologie der Elterngeldnutzungs- und Erwerbsarrangements orientiert sich am Stufenmodell empirisch begründeter Typenbildung (Kluge 1999).

Daran anschließend wurden die Sinnzusammenhänge zwischen den Typen und den damit verknüpften Motiven untersucht. Zu diesem Zweck wurde die bestehende Typologie mit den Motivkategorien (Bewältigung und Adaption, Karriere und Beruf, Zeitwohlstand, Monetäres Kalkül, Geschlechterrollenorientierung, Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes) und deren Subkategorien kombiniert. Die Analyse der Sinnzusammenhänge beinhaltet eine auf den Einzelfall bezogene Hypothesenprüfung gemäß Hopf und Schmidt (1993, S. 13 ff.). D.h., dass die in 2.3 formulierten Hypothesen zu den Motiven eines egalitären Erwerbsarrangements während des Elterngeldbezuges anhand einzelner Fälle geprüft werden, um diese dann zu bestätigen oder zu verwerfen.

4 Ergebnisse

Im Folgenden wird zunächst beschrieben, wie die Paare des Gesamtsamples das Elterngeld nutzen (wollen) und für welche Erwerbsarrangements sich diese entschieden haben (4.1). Darauf aufbauend werden verschiedene Elterngeldnutzungs- und Erwerbstypen gebildet (4.2).

4.1 Elterngeldnutzung und Erwerbsarrangement: Relevante Dimensionen

4.1.1 Dimensionen der Elterngeldnutzung

Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung

Die Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung, definiert als die Differenz zwischen der Anzahl der mütterlich und der Anzahl der väterlich genutzten Elterngeldmonate, ist bei sieben von zehn Paaren maximal. D.h. diese Väter nutzen das Elterngeld nur im Rahmen der nicht-transferierbarenFootnote 6 Elterngeldkomponenten. Die Partnerinnen dieser Väter schöpfen die maximal mögliche Anzahl an Elterngeldmonaten (12+(PB)) vollständig aus. Bei nur zwei von zehn Paaren ist die Geschlechterlücke annähernd geschlossen.

Nutzung des PB

Acht von zehn Paaren haben sich für die Inanspruchnahme des PB entschieden.

Umwandlung von Basiselterngeld in Elterngeld Plus

Circa die Hälfte der Mütter und Väter wandeln einen Teil der Basiselterngeldmonate in Elterngeld-Plus-Monate um. Alle Eltern sind während des Elterngeld-Plus-Bezuges erwerbstätig.

4.1.2 Dimensionen des Erwerbsarrangements

Erwerbsarrangements vor der aktuellen Elterngeldphase

Bei der Mehrheit der Paare waren beide Elternteile vor der aktuellen Elterngeldphase vollzeiterwerbstätig. In drei Fällen war jeweils ein Elternteil teilzeiterwerbstätig.

Zeitpunkt der mütterlichen Rückkehr in die Erwerbstätigkeit

Bei sieben von zehn Paaren entscheidet sich die Mutter für eine Erwerbsrückkehr in Teilzeit noch vor Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes. Keine dieser Mütter verfügt über ein vorgeburtliches Einkommen, welches die KappungsgrenzeFootnote 7 wesentlich übersteigt. In zwei Fällen kehrt die Mutter unmittelbar nach dem Mutterschutz in die Erwerbstätigkeit zurück. In drei Fällen nimmt die Mutter ihre Erwerbstätigkeit erst mit Vollendung des ersten Lebensjahres wieder auf. Konträr zu der Argumentation des Opportunitätskostenansatzes verfügen diese Mütter tendenziell über höhere Einkommen, welche mindestens bei der Höhe der Kappungsgrenze liegen.

Väterliche, mütterliche und parallele Teilzeiterwerbstätigkeit

Bei vier von zehn Paaren entscheidet sich der Vater für eine Teilzeitphase während des Elterngeldbezuges, die über die vier Partnerschaftsbonusmonate hinausgeht. In drei dieser Fälle entscheidet sich der Vater für eine Teilzeitphase von über einem Jahr. Väterliche Teilzeitphasen werden mehrheitlich parallel zur Teilzeiterwerbstätigkeit der Partnerin geplant.

Erwerbsarrangements nach Ende der Elterngeldphase

Die Mehrheit der Paare plant, (auch) nach Ende der Transferphase ein egalitäres Teil- oder Vollzeitarrangement umzusetzen.

4.2 Elterngeldnutzung, Erwerbsarrangement und Motivlagen: Eine Typologie

Um die verschiedenen Elterngeldnutzungs- und Erwerbsarrangements sinnvoll voneinander abzugrenzen, haben sich folgende Vergleichsdimensionen als besonders relevant und ausreichend trennscharf erwiesen: die Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung, der Zeitpunkt der mütterlichen Rückkehr in die Erwerbstätigkeit sowie die Dauer paralleler Teilzeitphasen während der Elterngeldphase. Entlang dieser Vergleichsdimensionen lassen sich im Wesentlichen vier verschiedene Elterngeldnutzungs- und Erwerbstypen abgrenzen: Der klassische Typ, der semi-klassische Typ, der ungewöhnlich-modernisierte Typ und der egalitäre Typ (siehe Abb. 1 und Abb. 2). Jedem dieser vier Typen ist ein spezifisches Bündel an Motiven inhärent, die im Folgenden dargestellt werden. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf den Motiven, die für die Umsetzung egalitärer Teilzeitphasen besonders zentral sind.

Abb. 1
figure 1

Vergleichsdimensionen der Elterngeldnutzungs- und Erwerbstypen (Quelle: Eigene Darstellung). * Maximal = 10 Monate; medium = 3 bis 9 Monate; minimal = 0 bis 2 Monate; negativ = -1 bis -10 Monate. ** Kurz = bis 4 Monate; mittel = 5 bis 6 Monate; lang = mehr als 6 Monate.

Abb. 2
figure 2

Elterngeldnutzungs- und Erwerbsmuster (Quelle: Eigene Darstellung)

4.2.1 Klassischer Typ: Zeitwohlstand und Bewältigung

Drei der befragten Paare (B, H, J) lassen sich als „klassischer Typ“ fassen. Dieser Typ ist durch eine maximale Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung gekennzeichnet. Während der Vater lediglich die nicht-transferierbaren Elterngeldbestandteile beansprucht, schöpft dessen Partnerin die maximal mögliche Anzahl an Elterngeldmonaten (12+PB) vollständig aus. Beide Elternteile nutzen – außerhalb der Partnerschaftsbonusmonate – lediglich Basiselterngeld und unterbrechen währenddessen ihre Erwerbstätigkeit vollständig. Die Mutter kehrt im Gegensatz zu allen anderen Typen somit erst nach der Vollendung des ersten Lebensjahres in die Erwerbstätigkeit zurück. Der Vater arbeitet fast ausschließlich in Vollzeit. (Parallele) Teilzeitphasen während der Phase des Elterngeldbezuges beschränken sich auf die Zeit der Inanspruchnahme des PB und umfassen somit lediglich vier Monate. Im Anschluss planen zwei von drei Paaren, ihr paralleles Teilzeitarrangement fortzusetzen.

Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes und Geschlechterrollenorientierung

Für die Paare des klassischen Typus ist das „neue westdeutsche Ideal der Selbstbetreuung“Footnote 8 charakteristisch. So wird mehrfach betont, dass eine „Fremdbetreuung“ vor Vollendung des ersten Lebensjahres nicht gewünscht ist. Dies wird teilweise auch mit der kindlichen Entwicklung im ersten Lebensjahr und den damit verknüpften Bedürfnissen des Kindes begründet (B13, B14). Zwar wird das Motiv der Selbstbetreuung sowohl von den Vätern als auch von den Müttern geschlechtsneutral formuliert, doch wird an keiner Stelle in Betracht gezogen, dass diese Aufgabe auch der Vater übernehmen könnte – auch dann nicht, wenn dies aus ressourcentheoretischer Perspektive sinnvoll wäre. Vielmehr wird die Hauptbetreuungsverantwortung in dieser Zeit (im Sinne des Konzeptes der „hegemonialen Mütterlichkeit“; siehe hierzu vertiefend Peukert 2015, S. 167 ff.; Ehnis 2008) einvernehmlich bei der Mutter verortet, was in einigen Fällen mit dem Wunsch des Bruststillens begründet wird. Teilweise bleibt die damit einhergehende Erwerbsunterbrechung der Mutter aber auch völlig unhinterfragt:

Ich meine gut, dann kann man sich auch fragen, warum bleibt man dann nicht eineinhalb Jahre zuhause, aber ich finde einfach, dieses Jahr ist so, das ist genau richtig und […] ja, also, […] habe ich nie drüber nachgedacht, ehrlich gesagt. […] Also für mich war immer klar, ich bleibe ein Jahr zuhause und dann gehe ich wieder arbeiten. [Ärztin, Fall J, B17]

Eine Auseinandersetzung mit alternativen Modellen und insbesondere mit der Möglichkeit einer stärkeren Einbindung des Vaters in die Kinderbetreuung findet erst auf Nachfrage statt.

Beruf und Karriere

Eine väterliche Erwerbsunterbrechung über die üblichen zwei Partnermonate hinaus wird dann vielfach mit dem Verweis auf berufliche Verpflichtungen des Vaters abgelehnt.

Bewältigung und Adaption

Vor dem Hintergrund der traditionellen Geschlechterrollenorientierung überrascht die Tatsache, dass sich alle Paare für eine parallele Teilzeitepisode (während der Inanspruchnahme des PB) zum Ende der Elterngeldphase entscheiden. Für den klassischen Typ ist diese Phase durch gravierende Veränderungen gekennzeichnet. Sie umfasst nämlich die Erwerbsrückkehr der Mutter und ihren damit verbundenen partiellen Rückzug aus dem Bereich der Kinderbetreuung. Diese Episode stellt insofern eine Übergangs- und Adaptionsphase dar, in der sich die Paare mit vielfältigen Belastungen und Herausforderungen konfrontiert sehen, die es zu bewältigen gilt. Insbesondere Betreuungsengpässe im Übergang zwischen der Selbstbetreuung und der institutionellen Kinderbetreuung stellen eine solche Herausforderung dar.Footnote 9 Die wechselseitige Betreuung des Kindes durch beide Elternteile ist als Strategie zur Schließung solcher Betreuungslücken zu verstehen, die durch die Realisierung egalitärer Teilzeitepisoden ermöglicht wird:

Ja, wirklich wegen der Sicherstellung der Kinderbetreuung. Also, wir haben überlegt, wie schaffen wir das, mit den vier Monaten […] bis zum nächsten August irgendwie über die Runden kommen. Dann wäre ja die Option, einer bleibt länger in Elternzeit, [oder] man bringt das Kind zu einer Tagesmutti. Das wollten wir aber nicht, dass dann irgendwie nach einer kurzen Zeit wieder ein Wechsel kommt. Und dann haben wir uns einfach dafür entschieden, wir nehmen die Elternteilzeit, um das zu überbrücken, und das ging genau auf. [Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Fall J, B18]

Die Bedeutung des Paarkontextes wird hier sichtbar, insofern der Vater sich nicht aus genuinem Eigeninteresse für eine Teilzeitregelung entscheidet, sondern v.a., um der Partnerin den beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen. Gleichwohl spielen auch individuelle Beweggründe in dieser Übergangsphase eine Rolle. So planen zwei der Mütter, zunächst mit reduziertem Teilzeitumfang wieder einzusteigen und diesen mit Auslaufen des Elterngeldbezuges zu erhöhen. Begründet wird dies mit dem Wunsch, einen sanften Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit erleben zu wollen:

Also, mir war wichtig, dass ich nicht sofort wieder voll da sein muss, [..] dass es quasi so ein langsamer netter Übergang ist, also […] ich arbeite dann 62 % glaube ich, [das] sind 25 Stunden, […] dass es einfach eben erstmal so ein Wiederreinfinden in den Job ist. [Ärztin, Fall J, B17]

Monetäres Kalkül

Auch wenn der PB im Kontext der Bewältigungsstrategien explizit genannt wird, betonen mehrere der Befragten (B3, B13, B14), diesen nur in Anspruch genommen zu haben, „weil es ihn halt gibt“ (Fall H, B13). Dagegen wird nur in einem Fall (B18) das ökonomische Kalkül betont. Demzufolge bleibt der monetäre Anreizaspekt des PB von eher nachrangiger Bedeutung.

Zeitwohlstand

Neben der zuvor dargelegten Begründungsfigur „Bewältigung einer Übergangsphase“ ist bei der Entscheidung für eine (parallele) Teilzeiterwerbstätigkeit für die Mehrheit der Befragten dieses Typus der Wunsch zentral, über hinreichend erwerbsfreie Zeiten zu verfügen. Dieser Wunsch beschränkt sich – im Gegensatz zum Bewältigungsmotiv – nicht auf eine zeitlich begrenzte Episode zum Ende des Elterngeldbezuges. Er ist hingegen grundsätzlicher Natur, was sich auch darin widerspiegelt, dass fünf der sechs Befragten planen, ihre Teilzeiterwerbstätigkeit auch nach Auslaufen des Bezuges des PB fortzusetzen. Der Wunsch nach Zeit bezieht sich vorrangig auf das Kind. Denn für die meisten Befragten ist es wesentlich, über ausreichend Zeit für den Nachwuchs zu verfügen, um so Vorstellungen einer „intensiven Elternschaft“ besser umsetzen zu können. So wird die Arbeitszeitverkürzung primär von den Müttern, aber auch von einem Vater (B4) damit begründet, die Entwicklung des Kleinkindes miterleben zu wollen:

Wenn es jetzt nicht notwendig ist, habe ich nicht vor, sie den ganzen Tag auch wegzubringen […], also ich möchte auch noch was von der Entwicklung mitbekommen, also das ist jetzt nicht so, dass sie schon so eine 40-Stunden-Woche miterleben muss, wie wir das […] haben. Also ein bisschen Flexibilität ist mir da dann doch wichtig und auch einfach Zeit, wertvolle Zeit. [Apothekerin, Fall H, B13]

Nicht immer bezieht sich das Bedürfnis nach Zeit jedoch nur auf das Kind und die Elternschaft. In einem Fall wird die Teilzeitentscheidung eines Vaters auch damit begründet, der persönlichen Freizeitgestaltung mehr Raum geben zu wollen. Insgesamt wird dem Zugewinn an Zeit und dessen Verwendung – sei es für die Elternschaft oder für die persönliche Freizeitgestaltung – eine hohe Bedeutung beigemessen. Einige der Befragten gehen auch darüber hinaus und betonen im Sinne Ingleharts (1971) explizit die Priorisierung von Zeitbedürfnissen gegenüber materiellen Bedürfnissen wie Einkommen. Ein Vater argumentiert sogar explizit gemäß der Mangelhypothese:

Ich wollte ja schon unabhängig jetzt von dem Kind wollte ich schon, seit vier Jahren möchte ich Teilzeit arbeiten. Weil ich habe eher ein Zeitproblem, ich brauche viel mehr Zeit, also ich könnte gut auf 20 % Lohn verzichten, das sind ja netto nur 18 %, und Steuerklassen und so, das könnte ich locker verzichten, aber Zeit wäre mir wichtiger eigentlich. [Ingenieur, Fall H, B14]

Die Vehemenz, mit der das Bedürfnis nach zeitlichen Freiräumen hier geäußert wird, zeigt sich insbesondere bei Befragten mit vergleichsweise hohen und sehr hohen Einkommen. Dies stützt ebenfalls die Argumentation Ingleharts (1971).

4.2.2 Semi-klassischer Typ: Beruf und monetäres Kalkül

Dem semi-klassischen Typ lassen sich die Paare D, F, I zuordnen. Dieser Typ ist ebenfalls durch eine maximale Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung gekennzeichnet. Die paarinterne Aufteilung des gemeinsamen Elterngeldanspruchs wird von diesen Paaren kaum thematisiert und orientiert sich ähnlich wie beim klassischen Typ an der „12 + 2(+PB)-Norm“. Im Unterschied zum klassischen Typ entscheidet sich die Mutter hier jedoch für eine Erwerbsrückkehr vor der Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes. Teile der mütterlichen zwölf Basiselterngeldmonate werden entsprechend in Elterngeld-Plus-Monate umgewandelt. Das Kind wird in dieser Phase extern betreut. Die Hauptbetreuungsverantwortung für den Nachwuchs verbleibt aber trotzdem bei der Mutter. Der Vater arbeitet – außerhalb der eigenen Elterngeldmonate – stets in Vollzeit. Die Dauer paralleler Teilzeitphasen ist auch hier sehr kurz. Zwei Fälle (F, I) dieses Typs nehmen keinen PB in Anspruch. In diesen Fällen sollen egalitäre Teilzeitphasen im Rahmen der zwei Partnermonate realisiert werden. Im Gegensatz zu allen anderen Paaren planen hier beide Elternteile, nach Ende des Elterngeldbezuges wieder in Vollzeit oder vollzeitnah zu arbeiten.

Beruf und Karriere

Im Vergleich zum Gesamtsample weisen die Befragten des semi-klassischen Typs – unabhängig vom Geschlecht – relativ hohe Karriere‑, Berufs- oder Arbeitgeberorientierungen auf. Diese Orientierungen spiegeln sich auch in den Motivlagen wider. Mütter beziehen sich vorrangig auf das Karrieremotiv, um ihre unterjährigen Erwerbsunterbrechungen zu erklären. Eine Mutter berichtet beispielsweise, zügig zurückkehren zu wollen, um eine mögliche berufliche Chance auch ergreifen zu können:

Ich hoffe, dass sich nächstes Jahr ein bisschen was ergibt [...], weswegen ich auch nicht ganz so lange zuhause bleiben werde. [...] [N]ächstes Jahr darf ich eventuell den Kindergarten erweitern, noch ein zweites Stockwerk wird aufgebaut, ich darf mehr Kinder aufnehmen, neues Personal einstellen, und das sind ja dann alles so ein bisschen Sachen, was natürlich auch die eigene Erfahrung weiterbringt, und dementsprechend freue ich mich eigentlich und möchte die Stelle gerne behalten. [Kita-Leiterin, Fall D, B6]

Darüber hinaus kommt die Bedeutung von Beruf und Karriere auch darin zum Ausdruck, dass einige Mütter des semi-klassischen Typs (B6, B15) die eigene Erwerbstätigkeit als willkommenen Ausgleich zur Mutterrolle begreifen. Denn die Betreuung des Säuglings wird im Gegensatz zu den Aufgaben in hochqualifizierten Berufen als kognitive Unterforderung empfunden.

Auch die semi-klassischen Väter beziehen sich in der Begründung ihrer Teilzeitentscheidung auf das Berufs- und Karrieremotiv. Zwei Väter entscheiden sich für eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des Bezuges von Elterngeld Plus, um an den zwei Partnermonaten partizipieren zu können, ohne aber zwei volle Monate aussteigen zu müssen. Eine Mutter rechtfertigt diese Entscheidung stellvertretend für ihren Partner, indem sie darauf hinweist, dass dieser beruflichen Anforderungen sonst zeitlich nicht gerecht werden kann, da „die Arbeit [...] ja nicht weniger [wird]“ [Aktuarin, Fall F, B10] und eine Umverteilung der Arbeit bei vorübergehender Abwesenheit ausbleibt. Ein anderer Vater befürchtet, bei einem zweimonatigen Vollausstieg dem technischen Wandel nicht standhalten zu können:

I: Wäre es für dich denn auch denkbar gewesen, länger [als einen Monat] ganz raus zu gehen?

B16: Nein, ehrlich gesagt nicht. (I: Warum nicht?) Also einmal, um den Anschluss nicht zu verpassen, weil der Bereich, in dem ich arbeite, extrem schnelllebig ist. Als Beispiel hat Xing gerade einen Messenger eingeführt. [...] finde ich persönlich ehrlich gesagt ätzend und überflüssig, aber man muss es halt mitkriegen und wissen und überlegen, [...] ob der Einsatz für die Firma relevant ist oder nicht. Und wenn ich [...] da länger weg bin, natürlich können auch Kollegen dann eingewiesen werden, wie sie einen Newsletter dann technisch umsetzen. Aber redaktionell habe ich mir jetzt im Bereich Wording schon ein ganz gutes Wissen angeeignet, dass das eben auch für das Unternehmen kostengünstiger ist, wenn ich das in drei, vier, fünf Stunden mache, als wenn sich zehn Kollegen da einen halben Monat mit beschäftigen. [PR-Manager, Fall I, B16]

Monetäres Kalkül und Geschlechterrollenorientierung

Neben der hohen Relevanz beruflicher Aspekte verfolgen die Paare dieses Typs ausdrücklich ein monetäres Kalkül. Mit einer Ausnahme argumentieren alle Befragten des semi-klassischen Typs mit der Höhe der Opportunitätskosten. So adressieren beispielsweise beide interviewten Väter dieses Typs die Opportunitätskosten der (Teilzeit in der) Elternzeit, wie die folgende Passage exemplarisch verdeutlicht:

Also [...] das Finanzielle [...] hat schon eine große Rolle für mich gespielt. Also wenn es kein Elterngeld oder Elterngeld Plus gäbe, hätte ich es mit Sicherheit überhaupt nicht gemacht. Weil auf 2800 € zu verzichten, ist echt ein Unterschied, als wenn man nur auf 1000 € verzichtet. [PR-Manager, Fall I, B16]

Hier wird explizit auf die Senkung der Opportunitätskosten der Aus- und Teilzeit durch das Elterngeld (Plus) verwiesen. Es wird betont, dass eine elternzeitbedingte Aus- oder Teilzeit ohne die Existenz dieser Lohnersatzleistung nicht in Betracht gezogen worden wäre, da die absoluten Einkommenseinbußen andernfalls zu groß gewesen wären. Das Elterngeld (Plus) wird also zur notwendigen Bedingung für das berufliche Kürzertreten erklärt. Diese Argumentationsfigur wird dagegen von keiner Mutter des Samples aufgeworfen, wenngleich diese ähnlich hohe Einbußen erfahren.

Mütter des semi-klassischen Typs richten ihre Erwerbs- und Sorgeentscheidungen stattdessen eher daran aus, den Elterngeldanspruch möglichst vollständig auszuschöpfen – und in diesem Sinne die Opportunitätskosten der Erwerbstätigkeit zu senken. Als höchstmöglicher Elterngeldanspruch werden hier entweder die maximal zur Verfügung stehenden Elterngeldmonate (14 Elterngeldmonate plus PB) oder der maximal mögliche individuelle monatliche Elterngeldbetrag verstanden. In Bezug auf letzteren stellt beispielsweise eine Mutter klar, dass sie eine Teilzeiterwerbstätigkeit während des ersten Lebensjahres des Kindes vermutlich gar nicht in Betracht gezogen hätte, wenn dies – wie es unter der bisherigen Elterngeldreglung der Fall war – Abschläge beim Elterngeld zur Folge gehabt hätte.

Dann [wäre ich] normal bis zum ersten Lebensjahr […] zuhause geblieben […]. Man hätte ja trotzdem arbeiten können, dann […] hätte man weniger Geld bekommen. Ob ich das gemacht hätte, weiß ich nicht. Dann hätte ich noch weniger Stunden akzeptiert. [Aktuarin, Fall F, B10]

Wie in dieser Interviewpassage deutlich wird, dient die monatliche Elterngeldhöhe bei Nicht-Erwerbstätigkeit als Referenzpunkt der Entscheidung über eine mögliche Teilzeiterwerbstätigkeit und deren Umfang. Auffällig ist, dass diese Begründungsfigur ausschließlich bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes verwendet wird. Die dieser Begründungsfigur innewohnende Verlustperspektive wird spätestens mit Vollendung des ersten Lebensjahres zugunsten einer Gewinnperspektive aufgegeben. Das Elterngeld Plus wird dann als willkommene Aufstockung des Einkommens aus der geplanten mütterlichen Teilzeiterwerbstätigkeit wahrgenommen (B10, B6). Dies ist auch dann der Fall, wenn, bedingt durch einen höheren Erwerbsumfang, die reinen Elterngeldverluste erheblich sind. Dieser Perspektivwechsel überrascht zunächst, passt aber zur Logik der Prospect-Theorie (Kahneman und Tversky 1979), wonach die Ergebnisse verschiedener Handlungsalternativen stets gemessen an einem Referenzpunkt bewertet werden. Dieser ändert sich spätestens mit der Vollendung des ersten Lebensjahres vom Elterngeldbezug bei Nichterwerbstätigkeit hin zu einem Teilzeiteinkommen ohne Elterngeldbezug. Die Tatsache, dass selbst Mütter des semi-klassischen Typs, deren Erwerbsentscheidungen außerhalb der klassischen „12 + 2-Norm“ liegen, die Norm als Referenzrahmen nutzen, unterstreicht deren Bedeutung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass monetäre Begründungen mehrheitlich am geschlechtsstereotypen Erwerbsverhalten von Müttern und Vätern anknüpfen, was auf eine eher traditionelle Geschlechterrollenorientierung hinweist.

Bewältigung und Adaption

Die vorangegangene Argumentation zeigt auf, dass parallele Teilzeitphasen bei diesem Typ primär als Nebenprodukt autonomer Individualentscheidungen verstanden werden müssen und der Paarkontext bei der Entscheidungsfindung eine eher sekundäre Rolle spielt. Dieser kommt erst bei der nachgelagerten Entscheidung über die zeitliche Lage der väterlichen Teilzeitphase zum Tragen. Hier zeigt sich nämlich, dass Väter den Zeitpunkt ihrer Arbeitszeitverringerung an den familialen Erfordernissen ausrichten, sofern betriebliche Belange dem nicht entgegenstehen. So entscheiden sich die hier beschriebenen Paare – ähnlich wie die Paare des klassischen Typs – für eine parallele Teilzeitepisode, um die verschiedenen Übergänge gemeinsam besser bewältigen zu können. Väter nehmen hier eine temporär-unterstützende Funktion ein: Sie nutzen parallele Teilzeitphasen, um die Partnerin während der Phase des Wiedereinstiegs zu entlasten. Hierzu zählt auch, dass der Vater sich an der Eingewöhnung des Kindes in die institutionelle Betreuung beteiligt, ohne seine Berufstätigkeit deshalb vollständig unterbrechen zu müssen. Eine andere Form des Bewältigungsmotivs wird von einer Mutter vorgebracht und spiegelt wiederum eine Berufs- und Arbeitgeberorientierung wider. So argumentiert diese Mutter, parallele Teilzeitphasen mit ihrem Partner zu nutzen, um Krankheiten des Kindes und die damit einhergehenden Arbeitsausfälle der Eltern in der Anfangsphase der institutionellen Betreuung besser abfedern zu können:

Und dann wird mein Freund ja sowieso zwei Monate ja noch in Teilzeit arbeiten, das haben wir so ein bisschen als Puffer genommen, weil [...] man sagt, in der Anfangszeit sind die [Kinder] sehr häufig krank, und es ist ja eh Winterperiode. [...] Und dann haben wir gesagt, ja gut [..], dann so die Teilzeit von meinem Freund und meine Teilzeit, dann können wir das eher nutzen, falls er [das Kind] dann häufig krank wird, dass das auf jeden Fall [..] aufgefangen wird. [Aktuarin, Fall F, B10]

Das Bedürfnis nach zeitlichen Freiräumen für Hobbies oder Freizeit (= Zeitwohlstand) und die explizite Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes spielen für die meisten Befragten dieses Typs dagegen – im Gegensatz zu den Paaren des klassischen Typs – nur eine untergeordnete Rolle.

4.2.3 Ungewöhnlich-modernisierter Typ: Zeitwohlstand und Beruf

Der ungewöhnlich-modernisierte Typ ist mit einem Fall (E) nur schwach besetzt. Im Unterschied zu den beiden vorherigen Typen handelt es sich hier zudem nicht um ein Erstelternpaar. Der Vater nimmt mehr als die obligatorischen zwei Partnermonate in Anspruch. Die Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung ist im Vergleich zu den beiden vorherigen Typen somit geringer. In Übereinstimmung mit dem semi-klassischen Typ kehrt die Mutter auch hier vor der Vollendung des ersten Lebensjahres in die Erwerbstätigkeit zurück. Das Kind wird ab diesem Zeitpunkt institutionell betreut. Diesen Typ bezeichne ich als ungewöhnlich-modernisiert, da der Vater bereits während der mütterlichen Erwerbsunterbrechung und des Basiselterngeldbezuges teilzeiterwerbstätig ist und Elterngeld Plus beansprucht. Parallele Teilzeitphasen während der Elterngeldphase sind von mittlerer Dauer. Auch nach Auslaufen des Elterngeldbezuges plant dieses Paar, ihr egalitäres Teilzeitarrangement fortzusetzen.

Beruf und Karriere

Die Beweggründe der Mutter für eine Erwerbsrückkehr während des ersten Lebensjahres des Kindes entsprechen weitestgehend denen der Mütter des semi-klassischen Typs, denn auch sie sieht und sucht in der Erwerbsarbeit einen Ausgleich zur Betreuungs- und Fürsorgearbeit. So betont sie, dass sie „nicht unbedingt das Muttertier [sei], das drei Jahre zu Hause bleibt“ (Optometristin, Fall E, B8). Außerdem weist sie darauf hin, dass sie eigentlich eine noch frühere Rückkehr in die Erwerbstätigkeit präferieren würde, dies aber an ihrer Stilltätigkeit scheitere. Der Erwerbsumfang bei Rückkehr entspricht ihrem vorgeburtlichen Teilzeitumfang und wird nicht weiter begründet.

Ähnlich wie die Väter des semi-klassischen Typs entscheidet sich der ungewöhnlich-modernisierte Vater für eine elterngeldunterstützte Teilzeiterwerbstätigkeit – statt die Erwerbstätigkeit vollständig zu unterbrechen und Basiselterngeld zu beziehen – und begründet dies ebenfalls mit beruflichen Verpflichtungen.

Zeitwohlstand und monetäres Kalkül

Trotz dieser moderaten Erwerbsorientierung ist ein sehr stark ausgeprägtes Bedürfnis nach ausreichend erwerbsfreien Zeiten für den Vater dieses Typs kennzeichnend. Dies unterscheidet ihn von den meisten anderen Vätern und Müttern, die diese Begründungsfigur ebenfalls nutzen. Übereinstimmend mit dem Gesamtsample ist dieses Bedürfnis primär – aber nicht ausschließlich – auf den Nachwuchs gerichtet. Das Bedürfnis nach Zeit mit dem Nachwuchs bezieht sich hier sowohl auf das neugeborene Kind, für das Elterngeld beansprucht wird, als auch auf das ältere Geschwisterkind. Im Unterschied zu den bereits beschriebenen Typen, deren Akteure ausnahmslos Ersteltern sind, steht für den Vater dieses Zweitelternpaars aber nicht primär das Miterleben der kindlichen Entwicklung im Vordergrund. Für ihn ist hingegen der Wunsch, sogenannte „Qualitätszeit“ mit dem Nachwuchs zu verbringen, von sehr großer Bedeutung. Im Kontrast zur reinen Routinebetreuung sind solche Qualitätszeiten durch die bewusste Interaktion mit dem Kind und die Festigung der Eltern-Kind-Beziehung gekennzeichnet. Der Vater begründet seine Teilzeitentscheidung wie folgt:

Ich werde auf jeden Fall nicht mehr Vollzeit arbeiten, das geht auch mit zwei Kindern relativ schwierig, also sofern man den Anspruch hat, dass man mit den Kindern auch was machen möchte. Also, viele sind ja froh, wenn sie kaum im Bett sind und dann ihre Ruhe haben, aber ich kann mir vorstellen, so zu arbeiten, dass ich wieder irgendwie einen Tag die Woche frei habe oder so, dass man den halt immer wieder als Ausflugstag nimmt, so wie wir es vorher schon ein bisschen gemacht haben. [Softwareentwickler, Fall E, B9]

Qualitätszeiten beschränken sich jedoch keineswegs nur auf reine Freizeitaktivitäten mit dem Nachwuchs. Vielmehr werden von diesem Vater auch Routinetätigkeiten, wie die Abholung des Kindes aus der Kindertagesstätte, für die bewusste Beziehungspflege genutzt und als Qualitätszeit gedeutet. Interessant ist, dass der Wunsch nach einer engen Vater-Kind-Beziehung von beiden Elternteilen hervorgebracht wird und konsequent an die Vorerfahrung mit dem ersten Kind zurückgebunden wird:

Also […] bei der Großen war es halt relativ schwierig, […] da hast du 40 Stunden gearbeitet und […] du hast sie in den Kindergarten gebracht und ich habe sie immer abgeholt, […] und irgendwie hat sie das nicht so gut verkraftet. […] Sie hat ganz lange gebraucht, bis sie so ein „Papi-Kind“ wurde, sie war ganz stark auf mich immer fixiert, und jetzt bei dem zweiten Kind wollten wir das einfach anders machen. [Optometristin, Fall E, B8]

Ihr Partner ergänzt:

Ja, und wenn man das Kind in den Kindergarten bringt, ist das eher was Unangenehmes für das Kind, […] weil man sie bringt. Und wenn Mama sie immer holt, ist das was Gutes, und das ist, haben wir dann festgestellt, nicht so positiv so, also klar, ich sage mal, sie ist schon relativ anhänglich, aber so wie ich mir das gewünscht und vorgestellt habe, dass das so ein richtiges Papa-Kind ist, […] das ist erst jetzt so. [Softwareentwickler, Fall E, B9]

Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass sich auch bei diesem Typ Hinweise auf eine Höherbewertung von Zeitbedürfnissen gegenüber monetären Bedürfnissen im Sinne Ingleharts (1971) finden lassen. Besonders interessant ist jedoch, dass die Entscheidung über den Teilzeitumfang während des Elterngeld-Plus-Bezuges dennoch ökonomisch gerechtfertigt wird, allerdings ohne an der Maximierung der individuellen GesamteinkünfteFootnote 10 interessiert zu sein. Vielmehr ist für diesen Vater von Bedeutung, dass seine in Erwerbsarbeit investierte und als sehr wertvoll erachtete Zeit angemessen kompensiert wird. Da diese Kompensation pro zusätzlich investierter Arbeitsstunde spätestens bei der Hälfte des vorgeburtlichen Erwerbsumfangs sinkt, erscheint ihm ein Teilzeitumfang von mehr als 25 Wochenstunden nicht rational. Diesen Entscheidungsprozess beschreibt er wie folgt:

[Ich] habe dann für mich selber zwei Alternativen ausgerechnet, einmal […] 25 Stunden zu arbeiten oder auch 30, und habe dann ausgerechnet […], wie viel Geld ich verliere, aber auch, wieviel mir die fünf Stunden, die ich mehr arbeite, mehr Geld einbringen, und in der Differenz, was ich für einen Stundenlohn habe für die fünf Wochenstunden mehr. So, und da bin ich dann irgendwie, ich weiß gar nicht mehr genau, [bei] irgendwas zwischen drei und fünf oder sieben Euro pro Stunde rausgekommen, die da die Differenz wären, wo ich dann gesagt habe, für die sieben Euro gehe ich dann nicht arbeiten. […] Darum habe ich mich dazu entschlossen, weniger Geld zu nehmen und 25 Stunden zu machen, aber dafür mehr Zeit zu haben. [Softwareentwickler, Fall E, B9]

Bewältigung und Adaption

Während in den vorangegangenen Begründungsfiguren der Paarkontext kaum adressiert wird, wird dieser erneut im Bewältigungsmotiv sichtbar. Denn auch dieses Paar nutzt die parallele Teilzeiterwerbstätigkeit, um temporäre Betreuungslücken während der Phase der mütterlichen Erwerbsrückkehr zu schließen. Darüber hinaus stellt zumindest die Teilzeit des Vaters eine Strategie der Bewältigung des Familienalltags mit nunmehr zwei Kindern dar, der in der Wahrnehmung der Befragten – im Vergleich zum Familienalltag mit einem Kind – mit einem deutlich gestiegenen Aufwand verbunden ist. (Unklar bleibt jedoch, ob sich diese Begründung auf das Erwerbsarrangement des Paares als Ganzes oder lediglich auf die Teilzeitentscheidung des Vaters bezieht.)

Geschlechterrollenorientierung

Wie gezeigt, wird insbesondere die Teilzeitentscheidung des Vaters mit „Zeit für eine intensive Elternschaft“ begründet. Darüber hinaus betont der Vater auch, dass ihm die neuen Elterngeld- und Elternzeitregelungen die Möglichkeit eröffnen, seiner Frau in der Elternschaft zeitlich gleichgestellt zu sein, was ihm ein zentrales Anliegen ist:

Dass ich die Chance bekomme, genau so viel Zeit oder annähernd so viel Zeit mit den Kindern zu verbringen wie meine Frau. Weil sie hat ja eigentlich das Glück, dass sie die Frau ist und das Kind ernährt, woran ja, sage ich mal, die Frauen gerade arbeiten, um das abzuschaffen, sie wollen ja immer emanzipierter werden, aber […] was sie eigentlich für ein Glück haben, da könnte man als Frau mal mehr drüber nachdenken, weil man ja schon relativ gleichgestellt ist, was das angeht, die Chance hat man als Mann in der Regel nicht. [Softwareentwickler, Fall E, B9]

Der Wunsch nach Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes spielt dagegen, analog zum semi-klassischen Typ, eine eher untergeordnete Rolle.

4.2.4 Egalitärer Typ: Egalitäre Geschlechterrollenorientierung und Zeitwohlstand

Der egalitäre Typ unterscheidet sich von den vorherigen Typen vor allem dahingehend, dass beide Elternteile zu annähernd gleichen Anteilen Elterngeld für sich beanspruchen oder längere parallele Teilzeitphasen realisieren.Footnote 11 Alle Fälle dieses Typs entscheiden sich für den PB und eine mütterliche Erwerbsrückkehr vor Vollendung des ersten Lebensjahres des Kindes. Das Kind wird während des ersten Lebensjahres fast ausschließlich wechselseitig selbst betreut. Innerhalb des egalitären Typus lassen sich zwei Subtypen voneinander abgrenzen. Im ersten Subtypus „sequenziell-egalitär“ entscheiden sich die Eltern für eine zeitversetzte Erwerbsunterbrechung mit Basiselterngeldbezug. Im zweiten Subtypus „parallel-egalitär“ arbeiten beide Elternteile unmittelbar nach Ende des Mutterschutzes parallel in Teilzeit und beanspruchen überwiegend Elterngeld Plus. Dem egalitären Typus werden insgesamt nur drei Fälle (A, C, G) zugeordnet. Dies überrascht insofern, als aufgrund der Kriterien zur Interviewteilnahme eine insgesamt stärkere Aufgeschlossenheit gegenüber egalitären Arrangements zu erwarten war.

Geschlechterrollenorientierung

Bei diesem Typ ist die Entscheidung für ein egalitäres Arrangement durch eine ausgeprägte Selbstverständlichkeit geprägt, unabhängig davon, ob ein sequenzielles oder ein paralleles Arrangement gewählt wird. Für alle Befragten „war eigentlich klar“, dass beide Elternteile in ähnlichem Umfang an den beiden Sphären der Erwerbs- und der Sorgearbeit partizipieren wollen. Auf die Frage, wie die Entscheidung letztlich zustande gekommen ist, äußert sich der Vater des Paares C wie folgt:

Das fragen mich eigentlich viele, ich dreh die Frage meistens um und frage, […] warum eigentlich anders. So, weil aus unserer Sicht ist es […] das naheliegende Modell, dass man halb und halb macht, und jedes andere Modell müsste man irgendwie rechtfertigen, und also […] uns […] fällt kein Grund für ein anderes Modell ein. [Vertriebscontroller, Fall C, B5]

Die egalitäre Aufteilung wird hier als naheliegendes Modell“ interpretiert, welches keiner gesonderten Begründung bedarf. Handlungsleitend ist somit ein tief internalisiertes Gleichheitsideal, wie es van Berkel und de Graaf (1999) nahelegen. Eine egalitäre Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit wird nicht infrage gestellt, da keine sachlichen Gründe vorliegen, die eine andere Aufteilung rechtfertigen. Dieses Ideal wird von beiden Elternteilen geteilt. Die Geschlechtszugehörigkeit der Elternteile spielt in dieser Argumentation überhaupt keine Rolle.

Auch die Mutter des Paares G bezieht sich auf das Ideal der Gleichheit. Im Unterschied zum vorangestellten Fall ist die Geschlechtszugehörigkeit hier jedoch höchst relevant:

Das ist sogar fast was, [..] wo ich manchmal sehr dogmatisch bin, dass ich immer erstmal sage, „alles gilt genau gleich für dich wie für mich“, und ich dann fast schon ein bisschen mit mir kämpfen muss zu sagen: „Okay, ich mache mehr Elternzeit als du“. Sondern, also dass ich dann [denkt nach] für mich eher schon das Gefühl habe, ich muss da jetzt drauf beharren, dass es wirklich 50/50 ist, weil ich sonst irgendwie hier die Frauen verrate […], die das alles hier ausgekämpft haben für uns. [Justiziarin, Fall G, B11]

In diesem Fall wird die Umsetzung eines nicht-egalitären Arrangements als Bedrohung der errungenen Gleichstellung von Frauen ausgelegt. Um dieser Bedrohung zu begegnen, wird eine möglichst vollständige Egalisierung angestrebt, die der Befragten auch annähernd gelingt.

Mit diesen Begründungsfiguren ist die Entscheidung für ein egalitäres Arrangement gesetzt. Teilweise bleibt jedoch offen, warum Paare sich letztlich für ein vollständig egalitäres Teilzeitarrangement (parallel-egalitärer Subtyp) entscheiden, anstatt wechselseitig die Erwerbstätigkeit vollständig zu unterbrechen (sequenziell-egalitärer Subtyp), um in dieser Zeit die Hauptbetreuungsverantwortung zu übernehmen. Ein Vater legt dar, warum sie sich als Paar für eine parallele Teilzeiterwerbstätigkeit von Beginn an entschieden haben:

Also da [..] hat so für uns ein bisschen dagegen gesprochen, dass wir einfach gesagt haben, so okay, wenn meistens ist ja dann die Mutter zuerst und dann der Vater oder so, aber einfach diese Routine schon mit ihr zu entwickeln, auch dass jeder von uns irgendwie Input geben kann, dass wir uns auch austauschen können als Paar. Und dass man irgendwie auch als Paar auf Augenhöhe eher agieren kann, […] war für uns irgendwie entscheidend zu sagen, okay, wir versuchen das einfach so. [Vertriebscontroller, Fall C, B5]

Auch dieser Vater referiert auf das Leitbild einer intensiven Elternschaft. Im Vordergrund steht hier jedoch nicht die Elternschaft selbst, sondern der Aspekt einer gemeinsamen und gleichgestellten Sorgeverantwortung für das Kind (vgl. Deutsch 2001; Ehrensaft 1984, S. 43; Peukert 2015, S. 198 ff.). Eine temporäre Spezialisierung wie im sequenziell-egalitären Typ wird abgelehnt, um zu gewährleisten, dass beide Elternteile ihre Fürsorgekompetenzen mit dem Eintritt in die Elternschaft kontinuierlich und gleichwertig entwickeln können. Die daraus resultierende Kompetenzsymmetrie wird als Voraussetzung für einen paarinternen „Austausch auf Augenhöhe“ gedeutet, der wiederum als Leitbildelement einer egalitären Partnerschaft interpretiert werden kann.

Zeitwohlstand

Das Bedürfnis nach Zeit ist primär auf den Nachwuchs gerichtet und für die Mehrheit der Befragten von hoher Relevanz:

Ich meine, diese Zeit kommt nie wieder, und das wird auch unser letztes Kind jetzt sein, das ist auch sicher, und deswegen habe ich jetzt gesagt, ich möchte das einfach nochmal genießen und mir die Zeit für sie nehmen, und die ihr auch geben. [Pharmaangestellte und selbstständige Vertrieblerin von Küchengeräten, Fall A, B2]

Orientierung an den Bedürfnissen des Kindes

Gelegentlich wird auch der Wunsch betont, mit der paritätischen Aufteilung der Elternzeit den individuellen Bedürfnissen des Kindes bestmöglich Rechnung zu tragen. Parallele Teilzeitphasen werden von einigen nämlich auch damit begründet, den Nachwuchs in größerem Umfang wechselseitig selbst betreuen und im Gegenzug den Umfang institutioneller Betreuung reduzieren zu können, um so auch den Übergang in die institutionelle Betreuung für das Kind „leichter zu gestalten“ (Fall G, B12). Zudem verweist ein Vater darauf, vor dem Hintergrund der Teilzeitoption des Elterngeld Plus den Beginn der institutionellen Betreuung flexibel an der individuellen emotionalen und sozialen Reife des Kindes ausrichten zu können. Dies bindet er an die Erfahrungen mit seinen ersten beiden Kindern zurück.

Ich finde sie [die neue Elterngeldregelung] besser als die Alte. […] Die Alte war ja auf zwölf Monate beschränkt, und das ist für die Planung schon ein bisschen kurzfristig […], denn so ein Kind, wir haben ja unseren Großen […] nach 13 Monaten in die Kita gegeben, wir hatten ja auch 14 Monate Elternzeit, aber trotzdem, für den war das ok, für ihn [Bezug auf das zweite von drei Kindern] war das viel zu früh, den hätten wir erst ein halbes Jahr später in die Kita geben dürfen. […] Und das ist jetzt mit 24 Monaten deutlich flexibler und da kann man besser planen mit. […] Weil sonst war das so ein Druck, also ich muss dann wieder arbeiten, aber was ist, wenn das Kind noch nicht so weit ist. [Selbstständiger Baubiologe, Fall A, B1]

Monetäres Kalkül

Monetäre Beweggründe spielen beim egalitären Typ für alle Befragten eine untergeordnete Rolle. Beide Elternteile des Paares G betonen beispielsweise, finanzielle Überlegungen bei der paarinternen Aufteilung von Elterngeld- und Elternzeit bewusst außer Acht gelassen zu haben. Der befragte Vater begründet dies mit paarintern geteilten Vorstellungen von Gerechtigkeit. Demnach empfindet er es nicht als fair, wenn die Einkommensüberlegenheit eines Partners die gleiche Teilhabe an beiden Lebensbereichen einschränkt:

Wir haben auch alle zusätzlichen praktischen Erwägungen, die es noch gibt, zum Beispiel [die] finanzielle Situation oder wer verdient mehr, das haben wir bei der Betrachtung vollkommen außer Acht gelassen und aber auch absichtlich außer Acht gelassen, weil wir nicht wollten, dass uns das beeinflusst. Also, tatsächlich verdiene ich etwas mehr Geld als sie, und wir fanden es einfach, glaube ich, beide auch unfair, das auf die Art und Weise zu betrachten. [Softwareentwickler, Fall G, B12]

Auch in den beiden anderen Fällen (Fall A und C) werden monetäre Nachteile wissentlich in Kauf genommen. So erklärt ein Vater (Fall C), dass durch die Art der Berechnung der ElterngeldhöheFootnote 12 ein egalitäres Teilzeitarrangement gegenüber einem spezialisierten Arrangement finanziell benachteiligt werde:

Wir haben das mal ausgerechnet, es sind ungefähr 2000 Euro, die wir mehr bekommen würden, […] wenn einer von uns Vollzeit arbeiten würde [und der andere nicht erwerbstätig wäre]. [Vertriebscontroller, Fall C, B5]

Er kritisiert, dass – bei gleichbleibender Gesamterwerbsarbeitszeit des Haushalts – allein die Änderung der Erwerbsanteile der Partner_innen zu einer insgesamt geringeren Elterngeldhöhe des Haushalts führt. Trotz der (von ihm wahrgenommenen) „Benachteiligung von Teilzeitarbeit“ (Fall C, B5) setzen er und seine Partnerin ein egalitäres Teilzeitarrangement um.

Lediglich das Paar A trifft die Entscheidung für Elterngeld Plus und gegen Basiselterngeld, nicht aber die dahinterliegende Teilzeitentscheidung vor dem Hintergrund monetärer Überlegungen. Denn dieses Paar nutzt die durch das Elterngeld Plus gegebene Möglichkeit, länger Elterngeld zu beziehen, um die finanzielle Existenz der Familie während der noch im Aufbau befindlichen Solo-Selbstständigkeiten beider Eltern länger absichern zu können.

Beruf und Karriere

Die eigentliche Teilzeitentscheidung beider Elternteile begründet der Vater dagegen mit beruflichen Zwängen. Denn im Gegensatz zu der Situation bei abhängig Beschäftigten würde eine vollständige Erwerbsunterbrechung die berufliche Existenz der Solo-Selbstständigen gefährden:

Also, die Entscheidung war ja auch aufgrund der beruflichen Situation jetzt auch so, bei unserem ersten Sohn war das ja so, dass wir das komplett geteilt hatten, also sieben Monate, und sieben Monate hatte jeder gemacht damals, und jetzt war ich ja selbstständig, und aufhören wäre jetzt auch gar nicht möglich gewesen. Aber ich bin ja auch gleichzeitig durchaus flexibel an derselben Stelle, und von daher war das klar, dass wir das Elterngeld Plus [beanspruchen], es gab gar keine zwei Meinungen. [Selbstständiger Baubiologe, Fall A, B1]

Für die übrigen Befragten dieses Typs – welche alle abhängig beschäftigt sind – spielen berufliche Aspekte bei der Entscheidung kaum eine Rolle. Vielmehr finden sich vielfältige Hinweise auf eine insgesamt eher geringe Karriere- und Erwerbsorientierung im klassischen Sinne:

Karriere im klassischen Sinne hat für mich an Bedeutung abgenommen, weil […] ich finde, man muss für die klassische Karriere auf sehr viel verzichten. […] Wenn man wirklich Karriere aktiv plant und gestaltet und es einem wichtig ist, dann ist so ein Modell, wie wir das machen, eigentlich nicht das Richtige so, da muss man sich eben entscheiden, was man möchte. [Vertriebscontroller, Fall C, B5]

5 Fazit und Ausblick

Durch die Einführung von Elterngeld Plus und PB 2015 wurde der Ausbildung egalitärer Teilzeitarrangements in der Phase der jungen Elternschaft institutionell der Weg geebnet. Die vorliegende Untersuchung leistet einen Beitrag zu einem ersten Verständnis dieser neuartigen Möglichkeit, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Auf Basis qualitativer Interviewdaten wurde untersucht, wie genau die neuen Elterngeldkomponenten genutzt werden, welche Erwerbsentscheidungen mit der jeweiligen Nutzung verknüpft sind und wie diese Entscheidungen auf Individual- und Paarebene begründet werden.

Um die Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertung verdichtet darstellen zu können, wurde eine Typologie verschiedener Elterngeldnutzungs- und Erwerbsarrangements gebildet. Es konnten vier bzw. fünf verschiedene Typen herausgearbeitet werden: (1) Klassischer Typ, (2) semi-klassischer Typ, (3) ungewöhnlich-modernisierter Typ (4) egalitärer Typ bzw. (4a) sequenziell-egalitärer und (4b) parallel-egalitärer Subtyp. Bei der Bildung der Typen haben sich die Geschlechterlücke in der Elterngeldnutzung, der Zeitpunkt der mütterlichen Erwerbsrückkehr sowie die Dauer paralleler Teilzeitphasen als besonders relevant erwiesen.

Die Analysen haben ergeben, dass die meisten Paare zunächst über die paarinterne Aufteilung des gemeinsamen Elterngeldanspruchs entscheiden und erst dann darüber, ob und inwiefern beide Partner_innen währenddessen – individuell oder gemeinsam als Paar – teilzeiterwerbstätig sein möchten. Die Paare des klassischen und semi-klassischen Typs sowie ein Paar (A) des egalitären Typs entscheiden sich für einen Elterngeldbezug entsprechend der üblichen oder modifizierten „12 + 2(+PB)-Norm“. Hingegen wählen nur die Paare C und G des egalitären Typs eine annähernd gleiche Aufteilung des Gesamtanspruchs. Damit beschränkt sich die Väterbeteiligung zumeist auf die nicht-transferierbaren Elterngeldbestandteile. Diese Befundlage überrascht und steht weder im Einklang mit den Annahmen des „egalitarian values model“ (van Berkel und de Graaf 1999) noch mit denen des Bargaining-Ansatzes (Ott 1992). Demnach wäre nämlich eine egalitärere Aufteilung des gemeinsamen Elterngeldanspruchs zu erwarten gewesen, da alle Paare bildungshomogen auf hohem Niveau sind und mehrheitlich nur geringe bis moderate Einkommensdifferenzen aufweisen. Auch in den Begründungen der Paare finden sich keinerlei Hinweise auf einen paarinternen Aushandlungsprozess im Sinne des Bargaining-Ansatzes. Dies könnte zwar auf die methodische Herangehensweise mit Einzelinterviews zurückzuführen sein, womit paarinterne Aushandlungsprozesse nur begrenzt sichtbar gemacht werden können – sodass es ggf. lohnend wäre, dies in einer auf Paarinterviews basierenden zukünftigen Untersuchung näher zu beleuchten. Allerdings verweist die Befundlage eher auf eine sehr stark etablierte und z.T. kaum hinterfragte „12 + 2-Norm“, die lediglich um den PB ergänzt wird. Darüber hinaus könnte dieser Befund auch im Sinne des Doing-Gender-Ansatzes (West und Zimmermann 1987) und in Verbindung mit der Kompensationshypothese nach Brines (1994) interpretiert werden, wonach eine geschlechtsstereotype Aufteilung des Elterngeldanspruchs – auch und insbesondere bei einkommens- und bildungshomogenen Paaren – zur aktiven Konstruktion von hegemonialer Männlichkeit bzw. Weiblichkeit genutzt wird. Dies wäre jedoch in zukünftigen Forschungsvorhaben genauer zu untersuchen.

Interessant ist jedoch, dass dieses Elterngeldnutzungsmuster ausschließlich beim klassischen Typ mit einer eher geschlechtstypischen Erwerbsunterbrechung einhergeht. In allen anderen Fällen entscheiden sich sowohl die Mütter und – mit einer Ausnahme – auch die Väter für eine (parallele) Teilzeiterwerbstätigkeit noch während des ersten Lebensjahres des Kindes. Die Hauptbetreuungsverantwortung für das Kind verbleibt bei einigen Paaren zwar trotzdem bei der Mutter; doch überrascht darum umso mehr, dass die Mehrheit der Paare des Gesamtsamples ein egalitäres Erwerbsarrangement nach Ende der Elterngeldphase plant. Dies deutet darauf hin, dass für die befragten Paare traditionelle Rollenzuschreibungen ab dem Beginn der Kleinkindphase an Bedeutung verlieren. Eine Ausweitung des PB auf diese weniger geschlechtsdifferenzierende, aber immer noch sorgeintensive Lebensphase wäre aus Gleichstellungsperspektive möglicherweise lohnend. Insofern wäre die Einführung einer Familienarbeitszeit, wie von Müller et al. (2018) vorgeschlagen, womöglich eine konsequente und sinnvolle Weiterentwicklung einer gleichstellungsfördernden Familienpolitik.

Vor dem Hintergrund der überwiegend geschlechtstypischen Elterngeldaufteilung sind auch parallele Teilzeitphasen während des Elterngeldbezuges überwiegend von kurzer (klassischer Typ; semi-klassischer Typ) bis mittlerer Dauer (ungewöhnlich-modernisierter Typ; sequenziell-egalitärer Subtyp). Die Entscheidung für ein vollständig egalitäres Teilzeitarrangement wie beim parallel-egalitären Subtyp bleibt die Ausnahme.

Die Motive für eine (parallele) Teilzeiterwerbstätigkeit sind vielfältig und variieren primär mit deren Dauer. Entscheiden sich Paare für ein egalitäres Teilzeitarrangement von langer Dauer (parallel-egalitärer Subtyp), so erfolgt die Entscheidung hauptsächlich gemeinsam auf Grundlage geteilter egalitärer Werthaltungen und dem damit verbundenen Wunsch nach einer gleichgestellten Elternschaft (von Beginn an). Dieser Befund für sich genommen entspricht somit der Logik von van Berkel und de Graaf (1999). Zudem sind berufliche Zwänge – in Form von Solo-Selbstständigkeiten beider Elternteile – bei der Entscheidung für ein parallel-egalitäres Arrangement von großer Bedeutung, wie am Beispiel des Paares A deutlich wird. Dies entspricht dem Ergebnis von Schreyer (2015), wonach selbstständige Mütter signifikant häufiger noch während des Elterngeldbezuges einer Teilzeiterwerbstätigkeit nachgehen, um die eigene wirtschaftliche Existenz nicht zu gefährden. Kurze bis mittlere Phasen paralleler Teilzeiterwerbstätigkeit (alle Typen mit Ausnahme des parallel-egalitären Subtyps) sollen hingegen der gemeinsamen Bewältigung verschiedener Übergangsphasen (Nicht-Erwerbstätigkeit→Erwerbstätigkeit; Selbstbetreuung→institutionelle Betreuung) dienen. Solche Phasen wollen die Paare nutzen, um durch ihre wechselseitige Betreuung des Kindes Engpässe zu überbrücken und einen sanften Jobein- oder -ausstieg zu gewährleisten. Somit haben parallele Teilzeitphasen (vorwiegend während der Partner- und Partnerschaftsbonusmonate) für die Mehrheit der Befragten eine ähnliche Funktion wie eine väterliche Elternzeit in Vollausstieg während der Partnermonate: Auch diese werden von Vätern genutzt, um den beruflichen Wiedereinstieg der Partnerin zu unterstützen (Richter 2012; Pfahl et al. 2014). Die Auswertung zeigt aber auch, dass parallele Teilzeitphasen nicht nur als das Ergebnis einer bewussten und gemeinsamen Entscheidung auf Paarebene zu verstehen sind. Vielmehr erweisen sich solche Phasen auch als (zufälliges) Nebenprodukt zweier Individualentscheidungen. Die Motive sind auch hier vielfältig. So begründen einige die individuelle Teilzeitentscheidung mit dem Primat von Zeitbedürfnissen gegenüber materiellen Bedürfnissen im Sinne der Mangelhypothese. Andere hingegen verweisen auf individuelle Karrieambitionen bzw. die Vermeidung von Karrierenachteilen oder auf die Bedeutung des Elterngeldes im Sinne der Opportunitätskostenhypothese.

Insgesamt liefert die vorliegende Studie verschiedene Ansatzpunkte für zukünftige Forschung zu egalitären Teilzeitarrangements. Unter anderem wäre eine Überprüfung der hier gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen eines quantitativen Forschungsdesigns sinnvoll. Hier sollte insbesondere die Dauer egalitärer Teilzeitphasen berücksichtigt werden, da diese – ähnlich wie Trappe (71,72,a, b) für die Dauer des Elterngeldbezuges zeigt – mit den Begründungen variiert.

Weiterer Forschungsbedarf lässt sich zudem aus den Begrenzungen der vorliegenden Untersuchung ableiten: Eine Einschränkung ist, dass – trotz intensiver Bemühungen, auch weniger hoch qualifizierte Personen und Paare für ein Interview zu gewinnen – fast ausschließlich Akademiker_innen(-paare) in den Blick genommen werden konnten. Die hohe Akademiker_innenquote im Sample ist zwar theoretisch begründbar, spiegelt aber möglicherweise auch Selektionseffekte wider: Zu vermuten steht, dass Akademiker_innen angesichts ihrer Sozialisation eher bereit sind, an einer Interviewstudie teilzunehmen als Nicht-Akademiker_innen (Peltz et al. 2017). In quantitativ ausgerichteten Untersuchungen wäre insofern zu klären, ob auch egalitäre Teilzeitarrangements tatsächlich ein „Akademiker_innenphänomen“ sind. Findet sich dahingehend empirische Unterstützung, sollten sich qualitative Studien auf die Suche nach den Ursachen begeben. Interessant wäre insbesondere, mehr über die paarinternen Aushandlungsprozesse von weniger hoch qualifizierten und ggf. einkommensschwächeren Paaren zu erfahren – ist doch zu erwarten, dass finanzielle Fragen bei solchen Paaren von deutlich größerer Bedeutung sind. Ebenso denkbar ist, dass der Zugang zu Elterngeld Plus und PB – bedingt durch die hohe Komplexität der Regelungen – für bildungsschwächere Personen und Paare erschwert ist.

Eine letzte Einschränkung ist, dass zwar neun von zehn Paaren zum Zeitpunkt des Interviews bereits (Basis‑)Elterngeld bezogen, aber den meisten Paaren die spezielle Phase der Inanspruchnahme von Elterngeld Plus/PB sowie die Phase paralleler Teilzeiterwerbstätigkeit erst noch bevorstand. Mit den vorliegenden Daten können also nur begrenzt Aussagen über die Wirkung der gesetzlichen Neuerungen auf die kurz- und mittelfristige Egalisierung von Erwerbsverläufen getroffen werden. Eine umfassende Gesetzesfolgenabschätzung bleibt somit eine lohnende Aufgabe zukünftiger Forschungsbemühungen.