Eine SARS-CoV-2-Infektion kann anhaltende Kopfschmerzen triggern, so eine Studie aus Brasilien. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie warnt dabei vor möglichem "Medication Overuse Headache".

Fast jeder zweite COVID-19-Patient leidet in der akuten Erkrankungsphase an Kopfschmerzen. Betroffen sind vor allem jüngere Patientinnen und Patienten und solche, die schon zuvor Kopfschmerzen oder Migräne hatten.

Was Kopfschmerzexperten weltweit jedoch auch beobachten: Häufig persistieren die Kopfschmerzen über die symptomatische Phase der COVID-19-Erkrankung hinaus. Je nach Studie sind zwischen 6% und 45% betroffen. Laut Forschern um den Neuropsychiater Prof.Pedro Augusto Sampaio Rocha-Filho von der Universidad Federal de Pernambuco im brasilianischen Recife waren 61% dieser Kopfschmerzen "täglich vorhanden und von konstanter Stärke".

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Kopfschmerzen sind typisch bei COVID-19. Sie persistieren häufig über die symptomatische Phase der Erkrankung hinaus.

Es sei bekannt, dass virale Infektionen neu auftretende, anhaltende Kopfschmerzen triggern können, so die Forscher. Diese werden auch als "New Daily Persistent Headache" (NDPH) bezeichnet. Auch für den Kopfschmerzexperten und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN), Prof. Christoph Diener aus Essen, liegt der Zusammenhang nahe: "Offensichtlich ist SARS-CoV-2 ein Trigger für NDPH." Das Phänomen kenne man bisher vor allem von Infektionen mit Viren der Herpes-Familie.

Wie genau es im Zuge der SARS-CoV-2-Infektion zu Kopfschmerzen kommt, ist noch nicht erforscht. In der Literatur werden folgende pathophysiologische Mechanismen diskutiert:

  • direkte Schädigung durch das Virus selbst,

  • lokale Entzündungsreaktionen,

  • Unterversorgung mit Sauerstoff,

  • Koagulopathien und

  • Schäden an den Gefäßendothelien.

Langfristig oft Besserung zu verzeichnen

Laut Sampaio Rocha-Filho deutet die Studienlage aber auch darauf hin, dass die persistierenden Kopfschmerzen in vielen Fällen langfristig nachlassen. In einer Literaturübersicht mit 36 Studien waren die Schmerzen nach 60 Tagen bei 16,5% der Betroffenen noch vorhanden und nach einem halben Jahr bei 8,4%.

Dem Experten zufolge ist es wichtig, den Schmerzcharakter zu eruieren und die Behandlung danach auszurichten. Bei den COVID-19-assoziierten Kopfschmerzen handele es sich häufig um Schmerzen vom Spannungstyp, auch der Migränetyp komme vor. Betroffene, die zuvor schon Kopfschmerzpatienten waren, hätten allerdings berichtet, dass die durch Corona ausgelösten Kopfschmerzen "anders" seien. In vielen Fällen traten sie schleichend auf, waren bilateral lokalisiert und eher dumpf und drückend als stechend.

Kopfschmerzen durch zu viele Schmerztabletten?

Immerhin 80% der Betroffenen sprechen Sampaio Rocha-Filho zufolge auf gängige Schmerzmittel an. Bei der DGN sieht man aber gerade darin ein Risiko: Für Patientinnen und Patienten mit täglichen Kopfschmerzen über einen langen Zeitraum könne die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln wie NSAR (etwa Ibuprofen) zur Normalität werden, so die DGN in einer Mitteilung. Die Gefahr dabei erklärt Diener: "Kopfschmerztabletten können, wenn sie zu häufig eingenommen werden, Kopfschmerzen auslösen."

Dem Phänomen des "Medication Overuse Headache" (MOH) hat die DGN in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft eine S1-Leitlinie gewidmet [1]. Demnach wird von einem MOH ausgegangen, "wenn an über 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen auftreten und diese über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten mit einem oder mehreren Schmerzmedikamenten behandelt werden".

Um dem vorzubeugen, wird Betroffenen geraten, sparsam mit Kopfschmerztabletten umzugehen und nicht-medikamentöse Strategien auszuprobieren. Diese reichen von Bewegung an der frischen Luft bis hin zu Entspannungstechniken und Stressreduktion. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob eine Prophylaxe mit Topiramat, Onabotulinumtoxin A oder monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor infrage kommt.

www.aerztezeitung.de

1. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/030-131