Falldarstellung

Anamnese

Eine 51-jährige Patientin stellte sich mit einer langsam progredienten Belastungsdyspnoe beim Kardiologen vor. Anamnestisch relevant war lediglich die Enukleation eines uterinen Leiomyoms 8 Jahre zuvor (Morcellement) und eine darauffolgende vaginale Hysterektomie bei erneut symptomatisch gewordenem Uterus myomatosus vor 4 Jahren. Zum Zeitpunkt dieser gynäkologischen Operationen war die Patientin völlig gesund und insbesondere bezüglich des Herz-Kreislauf-Systems beschwerdefrei gewesen. Detaillierte klinische Befunde lagen den Autoren nicht vor.

Körperlicher Befund

Patientin in gutem Allgemein- und Ernährungszustand. Körperliche Untersuchung unauffällig.

Echokardiographie und MRT

In der Echokardiographie waren normal dimensionierte Herzhöhlen mit ungestörter systolischer Globalfunktion sowie ein rechtsatrialer Tumor darzustellen. In der anschließend durchgeführten MRT-Diagnostik zeigte sich in Höhe der Beckenetage eine große, glatt begrenzte Raumforderung in der Vena cava inferior, welche in den rechten Vorhof reichte und in den rechten Ventrikel prolabierte (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Präoperative MRT-Untersuchung. Intravaskuläre und intrakardiale Raumforderungen (Pfeile) in V. cava inferior (a) sowie in rechtem Atrium und Ventrikel (b)

Klinische Verdachtsdiagnose

Nachdem zunächst ein rechtsatrialer kardialer Tumor (Vorhofmyxom) vermutet worden war, lies die erweiterte MRT-Diagnostik im Lichte der gynäkologischen Vorgeschichte dann differenzialdiagnostisch eher an einen von den Beckenorganen ausgehenden Tumor mit Gefäßbeteiligung denken. Der in der Krankenakte befindliche histopathologische Befund des Hysterektomiepräparates mit der Diagnose einer intravenöse Leiomyomatose (IVLM; s. Abschn. „Pathologische Befunde“) unterstützte diese Verdachtsdiagnose zusätzlich.

Therapie und Verlauf

Bei dringendem Verdacht auf progrediente IVLM mit Beteiligung der unteren Hohlvene sowie des rechten Herzens mit beginnender Rechtsherzinsuffizienz wurde der Entschluss zur operativen Tumorentfernung gefasst. Die Ausdehnung der Tumormassen machte einen interdisziplinären Eingriff unter Beteiligung von Herzchirurgie, Gefäßchirurgie und Gynäkologie erforderlich. Unterstützt durch Herz-Lungen-Maschine erfolgte ein einzeitiger Zweihöhleneingriff im hypothermen Kreislaufstillstand mit intravenöser und intrakardialer Tumorentfernung sowie Adnexektomie beidseits und Entfernung multipler, bis 2,6 cm großer, myomtypischer Tumorknoten im kleinen Becken. Der intravaskuläre Tumor reichte von den Vv. illiacae int. und ext. dextrae sowie Vv. iliacae com. beidseitig bis in das rechte Atrium. Die intrakardialen und intravenösen Tumoranteile konnten vollständig entfernt werden. Makroskopisch zeigten sich dabei Endokard sowie Gefäßintima als intakt. Der Tumor war nicht infiltrierend in Herz- oder Gefäßwandstrukturen eingewachsen.

Die Patientin konnte nach postoperativem Dünndarmileus und Überwindung einer Wundheilungsstörung im Bereich der Sterno- und Laparatomiewunden schließlich in stabilem kardiopulmonalen und gutem sonstigem Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung (3 Jahre postoperativ) ist die Patientin klinisch belastbar und ohne klinische oder computertomographische Hinweise auf ein Rezidiv der IVLM geblieben.

Pathologische Befunde

Kardio- und gefäßchirurgischer Eingriff

Makroskopie: Die glatt begrenzten intravaskulären und intrakardialen Tumormassen zeigen teilweise eine klare Ausgussform der betroffenen Gefäß- und Herzstrukturen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Intravaskulär und intrakardial rezidivierte intravenöse Leiomyomatose: Tumormassen in Ausgussform der V. cava inferior und des rechten Atriums

Histologie: Bestätigung einer IVLM, feingeweblich aus blanden glattmuskuläre Spindelzellen ohne Zeichen einer sarkomatösen Entartung aufgebaut, durchgehend stark positiv für Desmin und Aktin (Abb. 3). Weitere Formationen der IVLM waren zudem im Bereich der uterinen Adnexe sowie perirektal nachweisbar.

Abb. 3
figure 3

Histologie der intravaskulär und intrakardial rezidivierten intravenösen Leiomyomatose: knotige und strangartige Proliferate glattmuskulärer Zellen ohne Atypien oder vermehrte Zellteilungsaktivität (a, b HE-Färbung, c Desmin-Immunhistochemie)

Hysterektomiepräpat (4 Jahre zuvor)

Makroskopie: 908 g schwerer Uterus, 14,5 cm lang und im knollig verformten Fundus 9,5 cm breit und bis 4,5 cm dick. Zervix mit Portio, Cavum mit Endometrium sowie Adnexe bds. unauffällig. Im Myometrium zahlreiche, zwischen 0,5 und 7,5 cm große Faserknoten (Abb. 4), hiervon einzelne polypoid gestielt an der serosalen Oberfläche.

Histologie: Gewöhnliche Leiomyome, bestehend aus wirbelig durchflochtenen glattmuskulären Spindelzellen ohne Atypien. Einzelne solcher Myomknoten dringen an die uterine Oberfläche und wölben sich dort polypoid vor. Im Myometrium von Endothel ausgekleidete, ektatische, endothelial ausgekleidete vaskuläre Hohlräume, darin Zapfen aus glattmuskulären Spindelzellen ohne Atypien (Abb. 5). In immunhistochemischen Zusatzuntersuchungen verhalten sich die Zellstränge durchgehend stark positiv für Desmin, Caldesmon und Aktin. In der CD31-Immunhistologie bestätigt sich das Vorkommen zahlreicher Gefäße.

Abb. 4
figure 4

Anteile des Hysterektomiepräparates vom Corpus uteri mit zahlreichen, zwischen 0,5 und 7,5 cm durchmessende Faserknoten, zum Teil in glatt begrenzten Gefäßspalten liegend (Pfeil)

Abb. 5
figure 5

Histologie der intravenösen Leiomyomatose im Hysterektomiepräparat: von Endothel ausgekleidete, ektatische vaskuläre Hohlräume, darin Zapfen glattmuskulären Gewebes ohne Zellatypien (a, b HE-Färbung, c CD31-Immunhistochemie)

Referenzpathologische Zweitbegutachtung: Bestätigung einer IVLM mit Ausbreitung in parametrane Venen bei Uterus myomatosus mit teils cotyledonoiden Leiomyomen. Hinweis auf die Möglichkeit einer systemischen Gefäßbeteiligung.

Diskussion

Die IVLM ist eine seltene Entität mesenchymaler Tumoren des Uterus [1,2,3]. Makroskopisch liegen meist multiple feste, glatt begrenzte, myomartige Knoten in der Uteruswandung vor. In wenigen Fällen lassen sich bereits mit bloßem Auge wurmartige Tumorformationen intravasal ausmachen. Histologisch imponieren intravaskuläre, teils endothelial überkleidete zapfenartige Verbände spindelförmiger glatter Muskelzellen ohne jegliche oder mit nur sehr geringer Mitoseaktivität in einer teils hyalinisierten Matrix [6].

Bis heute ist die Herkunft dieser Sonderform einer Leiomyomatose nicht endgültig geklärt. Ein primärer Ursprung aus der betroffenen Gefäßwand wird ebenso diskutiert wie das Einwachsen in venöse Blutgefäße aus lokalen Leiomyomknoten [2, 7, 8]. Molekulare Veränderungen konnten in einigen Fällen in Form von einfachen chromosomalen Aberrationen nachgewiesen werden [9, 10]. Die Diagnose einer IVLM wird im Allgemeinen nur selten gestellt, selbst in einem spezialisierten Institut sind nach langjähriger referenzpathologischer Tätigkeit nur wenige solcher Fälle dokumentiert worden (Referenzzentrum für Gynäkopathologie in Mannheim, 2000 bis 2015; persönliche Mitteilung, Friedrich Kommoss). Verlässliche Angaben zur Inzidenz waren auch nach sorgfältiger Recherche der Literatur nicht aufzufinden. Die Läsion wird in einschlägigen Lehrbüchern der Pathologie als „sehr selten“ [6] oder „sehr ungewöhnlich“ [11] bezeichnet. Allerdings erscheint vorstellbar, dass die wirkliche Häufigkeit der IVLM unterschätzt wird.

Die Diagnosestellung erfolgt an Hysterektomiepräparaten, einem der häufigsten Routinepräparate eines gynäkopathologischen Einsendegutes. Die Indikation zur Hysterektomie ist dabei sehr häufig ein symptomatischer Uterus myomatosus, alternativ können Senkungsbeschwerden oder chronische Blutungsstörungen zur Operation führen. In den allermeisten Fällen liegt klinisch ein völlig gutartiger Befund vor. In der Konsequenz werden solche Präparate histopathologisch oft nur kursorisch untersucht. Da IVLM geringerer Ausprägung zudem – anders als im aktuellen Fall – ohne klinische fassbare Folgen bleiben, ist anzunehmen, dass sie womöglich in manchen Fällen komplett übersehen werden. Ist der Pathologe mit den diagnostischen Kriterien einer IVLM vertraut und sucht gezielt nach den entscheidenden Merkmalen, ist eine Diagnosestellung andererseits unproblematisch, ggf. unter Zuhilfenahme immunhistochemischer Färbungen zur Absicherung der histogenetischen Typisierung sowie der intravaskulären Lokalisation. Eine genaue makroskopische Aufarbeitung mit besonderem Augenmerk auf die Suche nach intravasalen Knoten sowie die Begutachtung der parametranen Gefäßabsetzungen muss in diesem Zusammenhang die entscheidenden ersten Hinweise geben.

Differenzialdiagnostisch ist die IVLM von anderen uterinen Spindelzellläsionen mit potenzieller Gefäßbeteiligung abzugrenzen, insbesondere von Leiomyosarkomen (LMS) und endometrialen Stromasarkomen mit Lymph- oder Hämangiosen. Dies gelingt in aller Regel unter Berücksichtigung der klassischen feingeweblichen Merkmale in HE-Färbungen, ggf. sollten zur Absicherung zusätzlich immunhistochemische Färbungen zum Einsatz kommen. So zeigen LMS anders als IVLM signifikante Kernatypien, gesteigerte Zellteilungsaktivität und/oder Tumorzellnekrosen. Uterine Low-grade-Stromasarkome (lgESS) zeigen ein klassisches wurmartiges Wuchsmuster und entsprechen zytologisch den stromalen Spindelzellen des Endometriums. Immunhistochemisch ist bei lgESS im Gegensatz zu IVLM eine Expression von CD10 klassisch bei gleichzeitig negativer oder nur geringer Expression glattmuskulärer Marker. High-grade-Stromasarkome (hgESS) zeigen schwergradige Kernatypien, häufige Mitosefiguren, jedoch ohne signifikante Expression glattmuskulärer Marker. Bei keimstrangartigen Uterustumoren schließlich, welche allerdings in der Regel keine Gefäßbeteiligung aufweisen, sind immunhistochemisch oft Keimstrangmarker positiv, glattmuskuläre Marker und CD10 hingegen meist negativ (zur Differenzialdiagnose der IVLM vgl. auch Tab. 1).

Tab. 1 Merkmale differenzialdiagnostisch zu bedenkender sonstiger uteriner Spindelzellläsionen bei intravenöser Leiomyomatose (IVLM)

Ein enger Austausch zwischen Pathologen und Klinikern ist nach der Diagnosestellung einer IVLM unabdingbar, damit ggf. weitere diagnostische und therapeutische Schritte eingeleitet werden können. Der Verlauf des hier präsentierten Falls zeigt, dass sich eine symptomatische Beteiligung der großen Körpervenen und des Herzens nach anfänglicher Beschwerdefreiheit erst schleichend im Verlauf mehrerer Jahre nach Hysterektomie entwickeln kann. Eine intrakardiale Beteiligung ist dabei extrem selten, in der Literatur sind nur um die 100 Fälle beschrieben. Eine Tumorausbreitung wie in dem hier beschriebenen Fall stellt für Chirurgen aufgrund des ausgedehnten Befundes eine besondere Herausforderung dar, welche eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar macht. In seltenen Fällen kann eine signifikante Beteiligung der großen Körpervenen aber auch schon a priori vorliegen [4, 5]. Bei frühzeitiger Erkennung einer solchen Situation könnte ein begrenzter chirurgischer Eingriff möglicherweise helfen, schwerer wiegende Komplikationen im weiteren Verlauf zu vermeiden.

Fazit für die Praxis

  • Pathologen müssen mit den diagnostischen Kriterien der seltenen intravenösen Leiomyomatose (IVLM) vertraut sein und sollten bei der Bearbeitung von Routinehysterektomiepräparaten gezielt danach suchen.

  • IVLM müssen histologisch und ggf. immunhistochemisch von anderen uterinen Spindelzellläsionen mit möglicher Gefäßbeteiligung abgegrenzt werden.

  • Die adäquate Kommunikation des Befundes einer IVLM zwischen Pathologen und Klinikern ist im klinischen Alltag entscheidend und könnte in seltenen Fällen mit bereits a priori vorhandener signifikanter Gefäßbeteiligung helfen, schwerwiegende Komplikationen im weiteren Verlauf zu vermeiden oder zu lindern.