Obwohl Ovarialkarzinome traditionell in histologische Subtypen (serös, endometrioid, klarzellig, muzinös) eingeteilt werden, ist die Therapie einheitlich und richtet sich nach dem häufigsten Subtyp – dem „high-grade“ serösen Karzinom. Onkologen wissen seit Langem, dass bestimmte Subtypen, z. B. klarzellige Ovarialkarzinome, schlecht auf Chemotherapie ansprechen [27]. Ohne reproduzierbare histopathologische Subtypisierung sind wiederum keine subtypenspezifischen klinischen Studien zu neuen Therapieansätzen möglich. Uneinheitliche morphologische Kriterien führten zu einer vermehrten Diagnose von seltenen Subtypen wie z. B. transitionalzellige und undifferenzierte Karzinome [4, 25]. Auch eine sensitive Auslegung der Untergrenze von 10% Tumorfläche für die Diagnose eines gemischten Karzinoms führten zu einer Inflation dieser Diagnose, sodass gemischte Karzinome in einigen Studien bis zu 10% ausmachten [6]. Vermehrt wurden High-grade-Karzinome mit vornehmlich glandulärer Architektur als endometrioid klassifiziert. Alles in allem war die Reproduzierbarkeit der Subtypen zwischen verschiedenen Pathologen allenfalls moderat (κ=0,55; [14]).

Molekulargenetische Erkenntnisse der letzten Jahre identifizierten WT1 als Marker für seröse Karzinome [23]. Seröse Karzinome lassen sich anhand von kritischen Mutationen in „low-grade“ und „high-grade“ unterscheiden [26]. Klarzellige Karzinome weisen im Gegensatz zu high-grade serösen kaum TP53-Mutationen auf [10]. Seröse Karzinome high-grade und endometrioide Karzinome high-grade lassen sich nicht in ihren mRNA-Expressionsmuster unterscheiden [19].

Basierend auf diesen Erkenntnissen stellten wir die Hypothese auf, dass Subtypen mit Hilfe von leicht modifizierten aktuellen WHO-Kriterien reproduzierbar zu klassifizieren sein sollten und dass diese Klassifikation mit molekularen Veränderungen korrelieren sollte.

Methoden

Mehr als 1000 Ovarialkarzinome aus einer populationsbasierten Kohorte in British Columbia wurden einer vollständigen histopathologischen Zweitbegutachtung unterzogen ([8], und C. Blake Gilks in persönlicher Kommunikation). 50 konsekutive Fälle wurden 2 weiteren Gynäkopathologen vorgestellt und die Übereinstimmung mittels κ-Statistik bestimmt.

Basierend auf den aktuellen WHO-Kriterien [28] wurden folgende Subtypen unterschieden: serös, endometrioid, klarzellig, muzinös und unklassifizierbar/andere. Seröse Karzinome wurden durch Anwendung des WHO-Gradings [24] in low-grade (Grad 1) und high-grade (Grad 2/3) unterteilt. Diese Methodik zeigte eine gute Übereinstimmung mit der von Malpica et al. [15] vorgeschlagenen zweistufigen Einteilung.

Gemischte Karzinome wurden streng nach den WHO Richtlinien diagnostiziert, d. h. dass mindestens 10% der Tumorfläche oder ein kompletter histologischer Schnitt von 10 Schnitten eindeutig eine weitere Differenzierung zeigte. Für die Diagnose von undifferenzierten Karzinomen wurde die WHO-Definition leicht modifiziert. Karzinome wurden nur als undifferenziert klassifiziert, wenn sie keinerlei Anteile eines anderen Subtypen aufwiesen. Eine Untergruppe von 541 Ovarialkarzinomproben wurde zur Konstruktion eines „tissue micro array“ verwendet. Diese Patienten waren für den wichtigsten Prognosefaktor, kein makroskopischer Tumorrest, adjustiert. Klinische Parameter sowie Nachbeobachtung wurden von der „Cheryl Brown Ovarian Cancer Unit“ in British Columbia zur Verfügung gestellt.

Resultate

Die „Interobserver-Übereinstimmung“ der Subtypen war mit einem κ-Wert von 0,77 sehr gut, die Übereinstimmung beim WHO- (so genanntes Silverberg-) Grading mit einem κ-Wert von 0,40 mäßig [8]. Folgende Subtypen wurden am häufigsten reklassifiziert:

  • 28% der endometrioiden Karzinome zu serösen,

  • 15% der serösen zu klarzelligen,

  • 5% der serösen zu endometrioiden,

  • 4% der endometrioiden zu klarzelligen.

Für die größte Gruppe der reklassifizierten Karzinome (endometrioid zu serös) wurde im Nachhinein die Expression WT1 bestimmt. Die umgruppierten serösen Karzinome, welche vormals als endometrioid klassifiziert waren, exprimierten zu 70% WT1 (die restlichen serösen Karzinome zu 80%). Die reklassifizierte endometrioide Gruppe wies eine WT1-Expression von 3% auf. Unklassifizierbare, undifferenzierte, transitionalzellige und plattenepitheliale Karzinome machten zusammen nur 2% aus. Die häufigsten gemischten Karzinome waren mit einer Frequenz von 2% klarzellig/endometrioid und von 1% endometrioid/muzinös.

Eine multivariable Überlebensanalyse zeigte, dass die neu klassifizierten Subtypen ein signifikanter Prognosefaktor – unabhängig vom Stadium – waren, das ebenfalls im Review-Prozess einheitlich angewendete WHO- (so genanntes Silverberg-) Grading dagegen nicht [8].

Diskussion

Eine reproduzierbare Klassifikation von Ovarialkarzinomen ist die Grundlage für subtypenspezifische Studien in Forschung und Therapie. Reproduzierbar heißt, zu unterscheiden, was unterscheidbar ist. Wegen der Korrelation mit molekularen Veränderungen lässt sich diese Subtypenklassifikation mit molekularen (auch immunhistostologischen) Markern untermauern. Diese Klassifikation sollte sich grundlegend nach den aktuellen WHO-Kriterien richten. Einer Inflation von seltenen Diagnosen und immer komplizierteren Sub-Sub-Typisierungen zumindest auf morphologischer Basis ist Einhalt zu gebieten. Prägnantestes Beispiel ist die Überdiagnose von high-grade endometrioiden Karzinomen, welche aus Sicht des Autors zumeist besser als high-grade seröse diagnostiziert werden sollten. Endometrioide Karzinome sollten nur diagnostiziert werden, wenn morphologische Kriterien vorliegen, welche man im Uterus akzeptieren würde, was in Übereinstimmung mit traditionellen Richtlinien ist:

„In such cases the designation endometriod carcinoma probably should be reserved for these tumors with a predominant differentiation in the direction of tubular glands, whereas tumors with an intermediate pattern should be classified as serous.“

(Scully 1977 [20])

Dieses Vorgehen begründet sich durch die bereits zitierten Expressionsanalysen [19] sowie die homogene Expression des serösen Markers WT1 (70–80%). Endometrioide Karzinome high-grade sind im Endometrium nicht häufiger als im Ovar (7% vs. 6%; [8, 13]). Dies ist für die prognostische Aussagekraft der Subtypen besonders wichtig, da eine Mischung von endometrioiden und serösen Karzinomen diese einschränkt, weil die serösen mit der schlechtesten und die endometrioiden mit der besten Prognose assoziiert sind.

Subtypenspezifische Studien führten bereits zu einer Reihe von neuen Erkenntnissen. BRCA-Mutationen sind auf seröse Karzinome high-grade beschränkt [17, 21]. Die histopathologische Diagnose dieses Subtyps sollte das Angebot einer genetischen Beratung zur Folge haben, mit der zusätzlichen Möglichkeit, diesen Patientinnen eine studienbasierte spezifische Therapie anzubieten (PARP1-Inhibitoren; [5]).

Eine sichere Diagnose von klarzelligen Karzinomen wird in der Zukunft sicher Bedeutung gewinnen, da Onkologen das schlechte Ansprechen dieses Subtyps auf die platinbasierte Chemotherapie erkannt haben. Wie für andere Fragestellungen, können immunhistologische Marker bei der Diagnosefindung hilfreich sein [12]. Die Diagnose eines gemischten klarzelligen/serösen Karzinoms sollte nur mit größter Vorsicht gestellt werden, da es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um ein seröses Karzinom mit klarzelligen Veränderungen handelt [9]. Für klarzellige Karzinome wurde ein Prognosemarker validiert: Die Expression von „Insulin like growth factor II“-mRNA-bindendes Protein-3 (IGF2 BP3) war von schlechter prognostischer Signifikanz in 130 Tumoren unserer Kohorte (eigene unpublizierte Beobachtung). Diese Korrelation wurde in einem auswärtigen Kollektiv von 150 klarzelligen Karzinomen bestätigt. IMP3 als mRNA-bindendes Protein hat ein onkofetales Expressionsmuster und wird wahrscheinlich durch Methylierung im adulten Gewebe nicht exprimiert. Globale Hypomethylierung, wie für Ovarialkarzinome beschrieben [2], kann in klarzelligen Ovarialkarzinomen die Reexpression von IMP3 bedingen. Durch die Anwendung von Methylasen lässt sich die Expression möglicherweise hemmen.

Die Expression von Klasse-I-Histondeacetylasen ist ein unabhängiger prognostischer Marker in endometrioiden Karzinomen des Ovars. Dies legt eine Anwendung von Histondeacetylase-Inhibitoren in diesem Subtyp nahe. Die Expression dieser Zielproteine könnte als prädiktiver Marker für diese gezielte Therapie bestimmt werden [30].

ERBB2 (HER2) wurde als therapeutisches Ziel in Ovarialkarzinomen propagiert [7]. Nach enttäuschendem klinischem Ansprechen [3] zeigten nachfolgende Studien nur eine geringe Frequenz von Amplifikationen in Ovarialkarzinomen [18, 16, 29]. Der muzinöse Karzinomtyp zeigt hingegen eine Amplifikationsrate von 18% (J. McAlpine, persönliche Mitteilung), was in der Größenordnung von Mammakarzinomen liegt [11]. Eine Trastuzumab-Therapie in rezidivierten muzinösen Karzinomen sollte als Option in Betracht gezogen werden, wenn die Immunhistologie eine entsprechende Überexpression anzeigt.

Fazit für die Praxis

Es ist an der Zeit zu akzeptieren, dass sich die Subtypen des Ovarialkarzinoms grundlegend unterscheiden, und zwar hinsichtlich ihres biologischen Verhaltens, ihrer klinischen Präsentation und den zugrunde liegenden molekularen Veränderungen [22]. Aus diesem Grund ist es aus Sicht des Autors falsch, auch wenn es noch häufig erfolgt [1], Subtypen in Studien zu kombinieren. Pathologen müssen in der Lage sein, die 5 wichtigsten Subtypen (high-grade serös, endometrioid, klarzellig, muzinös, low-grade serös) reproduzierbar zu klassifizieren. Denn nur subtypenspezifische Studien werden neue Erkenntnisse liefern, um das klinische Management zu verbessern. Hierfür bietet die morphologische Vielfalt mit der Korrelation zu molekularen Veränderungen eine einmalige Chance.