Einleitung

Es gibt Hinweise darauf, dass Luftverschmutzung, Lärm, urbane Wärmeinseln, das Fehlen von Grünflächen, aber auch soziale Ungleichheit sich negativ auf Gesundheit, Lebensqualität und Wohlbefinden der Bewohnerinnen und Bewohner von Städten auswirken. Auf der anderen Seite erleichtert die Verstädterung einem Großteil der Bevölkerung den Zugang zu Bildung, Beschäftigung und Gesundheitsversorgung. Jedoch sind nicht alle Zusammenhänge sowie die Wirkmechanismen zwischen diesen Faktoren und der menschlichen Gesundheit gleich gut belegt. Während es beispielsweise für Außenluftschadstoffe oder Pollen eindeutige Hinweise für gesundheitsschädliche Wirkungen gibt, ist die Evidenz für die positiven Effekte von Grünflächen bisher nicht ausreichend gesichert. Hinzu kommt, dass die verschiedenen Expositionen nicht einzeln auf den Menschen wirken, sondern synergistische oder auch antagonistische Effekte zeigen, sich also gegenseitig verstärken oder auch abschwächen können (Abb. 1). Da für die meisten Umweltfaktoren bisher kein Grenzwert gefunden wurde, unter dem es gesichert keine gesundheitsschädlichen Effekte gibt, ist es wichtig, die Belastung durch die einzelnen Umweltfaktoren so niedrig wie möglich zu halten.

Abb. 1
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Faktoren der bebauten Umwelt, die synergistische oder auch antagonistische Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden von Populationen und Individuen haben können

In epidemiologischen Studien werden mögliche Kombinationen von gesundheitlichen Auswirkungen zweier oder mehrerer Umweltfaktoren untersucht. Es wird dabei z. B. überprüft, ob sich der lineare Zusammenhang zwischen Exposition und Endpunkt zwischen niedrigen und hohen Levels der anderen Exposition unterscheidet. Der vorliegende Artikel stellt zunächst unterschiedliche Methoden für die Analyse von Kombinationen mehrerer Umweltfaktoren am Beispiel von Mehrfachexpositionen gegenüber Luftschadstoffen dar. Anschließend werden in den einzelnen Abschnitten verschiedene Umweltfaktoren, die zusammen mit Luftschadstoffen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen in einer Stadt wirken, beleuchtet. Hierzu gehören Außentemperatur, Lärm und Pollen sowie die Auswirkung von Grünflächen. Darüber hinaus beschäftigt sich der Artikel kurz mit körperlicher Betätigung und Ernährung, zwei Faktoren, die der Einzelne, im Gegensatz zu den zuerst genannten Faktoren, selbst beeinflussen kann. Die Umweltfaktoren sowie ihr Zusammenspiel mit Luftschadstoffen werden in den einzelnen Abschnitten genauer beschrieben und jeweils mit Literatur belegt.

Mehrfachexposition gegenüber Luftschadstoffen

Bei der Bewertung der Gesundheitsfolgen ist von Bedeutung, dass Luftschadstoffe meist nicht einzeln, sondern als Gemisch auftreten. Als Beispiel seien hier verkehrsbezogene Luftschadstoffe, wie z. B. feine Partikel (Particulate Matter, PM2,5), ultrafeine Partikel (UFP), Ruß oder Stickstoffdioxid (NO2), erwähnt (Tab. 1). Luftschadstoffe können dabei als gegenseitige Störfaktoren in der Abschätzung des Effekts betrachtet werden oder im Sinne einer Effektmodifikation miteinander verbunden sein (siehe Infobox 1). Eine gleichzeitige Belastung des Menschen durch mehrere (unterschiedliche) Luftschadstoffe kann synergistische oder antagonistische Gesundheitsfolgen haben. Jedoch ist der Mensch im Allgemeinen einem sich ändernden Gemisch an Luftschadstoffen ausgesetzt.

Tab. 1 Auswahl relevanter Luftschadstoffe

Die Differenzierung der Auswirkungen einzelner Komponenten dieses Luftschadstoffgemisches sowie deren mögliche kombinierte Effekte sind für eine gezielte gesetzliche Regulierung von großem Interesse [1]. Die im Folgenden vorgestellten Methoden für die Analyse eines Zusammenspiels verschiedener Luftschadstoffe gelten auch für die Kombination von Luftschadstoffen mit anderen Umweltfaktoren.

Die Analyse der Auswirkungen mehrerer Schadstoffe auf die Gesundheit durch gleichzeitige Aufnahme in ein Regressionsmodell ist in vielen Fällen aufgrund der Korrelation zwischen den Luftschadstoffen nicht aussagekräftig [2]. Dieses „naive“ Modell kann zu instabilen Parameterschätzungen mit großen Standardfehlern und damit zu ungenauen Schätzern führen. Daher stieg in den letzten Jahren das Interesse an adäquaten Mehrschadstoffmodellen. Diese können grundsätzlich in drei Gruppen eingeteilt werden: Dimensionsreduktion, Variablenselektion und Gruppierung von Beobachtungen (Tab. 2).

Tab. 2 Methoden zur Analyse einer Vielzahl von Expositionen

Methoden zur Dimensionsreduktion zielen darauf ab, die Anzahl der Expositionsvariablen, die in einem Regressionsmodell verwendet werden sollen, zu verringern. Hierfür wird statt einer großen Anzahl einzelner Schadstoffe eine geringe Anzahl möglichst aussagekräftiger Kombinationen der ursprünglichen Expositionen erstellt. So wurden z. B. einzelne Schadstoffe bzw. Feinstaubkomponenten durch sogenannte latente Variablen ersetzt, also Größen, die nicht direkt messbar oder beobachtbar sind, sondern erst durch eine sogenannte Operationalisierung messbar gemacht werden [3, 4]. Für solch latente Variablen wiederum wurden Zusammenhänge u. a. mit Mortalität und Krankenhauseinweisungen beobachtet [3, 4]. Methoden der Variablenselektion haben zum Ziel, aus einer Reihe von Expositionsvariablen diejenigen herauszusuchen, die in Bezug auf die Gesundheit wichtig und aussagekräftig sind. Mithilfe dieses Ansatzes konnten in einer Studie basierend auf Daten aus der US-amerikanischen Veterans-Affairs-Normative-Aging-Studie aus einer Vielzahl von Feinstaubkomponenten diejenigen selektiert werden, die einen Zusammenhang mit Blutdruck zeigten [5].

Die zur dritten Gruppe gehörenden Ansätze versuchen, Beobachtungen so zu gruppieren, dass jede der resultierenden Gruppen (Cluster) ein unterschiedliches Profil in Bezug auf die Exposition aufweist [2]. Das Ergebnis dieser Gruppierung oder Clusterbildung ist eine kategoriale Variable, die die Clusterzugehörigkeit angibt. So wurden z. B. für mehrere Studien in Boston (USA) die Studientage in Cluster mit ähnlichen Schadstoffprofilen und Wettercharakteristika eingeteilt. Es konnte gezeigt werden, dass die Abhängigkeit der Sterbefälle von der Feinstaubbelastung vor allem an Tagen mit einem hohen Beitrag von Verkehrsemissionen und der Ölverbrennung hoch ist [6]. Des Weiteren wurde beobachtet, dass Schadstoffmischungen aus der örtlichen Verbrennung, z. B. mit einem hohen Anteil von ultrafeinen Partikeln, einen Einfluss auf die Funktion der kleinsten Gefäße haben [7].

Luftschadstoffe und Temperatur

Angesichts der zunehmenden Besorgnis über Gesundheitseffekte des Klimawandels hat das Interesse an gemeinsamen Auswirkungen von Luftschadstoffen und Lufttemperatur auf die Gesundheit zugenommen. Einzeln betrachtet zeigt eine Vielzahl von Studien einen deutlichen Zusammenhang von hohen und niedrigen Lufttemperaturen mit Mortalität bzw. Morbidität [8,9,10]. Zudem wurde die Exposition gegenüber Luftschadstoffen als eine der Hauptursachen für die weltweite umweltbedingte Krankheitslast identifiziert, die beispielsweise im Jahr 2015 etwa 4,5 Mio. Todesfälle verursachte [11]. Jedoch werden bisher nur selten beide Faktoren gemeinsam betrachtet. So wird in epidemiologischen Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen in der Regel Lufttemperatur als Störgröße, aber nicht als Effektmodifikator betrachtet (siehe Infobox 1; [12]). Das heißt, eine mögliche Wirkungsänderung der Luftschadstoffe auf die Mortalität durch die Lufttemperatur wurde bisher weitgehend vernachlässigt. Die Ergebnisse der wenigen Studien, die die modifizierende Wirkung der Lufttemperatur z. B. auf die mit Feinstaub und Ozon (O3) assoziierte Sterblichkeit untersucht haben, sind in Bezug auf Richtung und Signifikanz der Wechselwirkung inkonsistent [12]. Die Mehrzahl zeigt allerdings stärkere Luftschadstoffeffekte an Tagen mit hohen Lufttemperaturen. Epidemiologische Evidenz dafür, ob die Lufttemperatur auch die Wirkung von UFP verändert, fehlt, was vor allem auf die Nichtverfügbarkeit routinemäßig gesammelter UFP-Daten zurückzuführen ist. Gerade für (große) Städte wäre dies jedoch äußerst bedeutsam, da UFP primär durch den Verkehr emittiert werden.

Andersherum können Luftschadstoffe die Suszeptibilität, d. h. die Empfindlichkeit der Menschen gegenüber den adversen Auswirkungen der Lufttemperatur, erhöhen [13], also ebenso als Effektmodifikatoren wirken. Jüngste Studien zeigen synergistische Auswirkungen von Lufttemperatur und Luftschadstoffen auf die Gesamt- und die kardiovaskuläre Mortalität, sowohl für Kurzzeit [14, 15] als auch für Langzeitstudien [16], wobei die Temperatureffekte bei höheren O3- oder Feinstaubwerten stärker ausgeprägt waren (Tab. 3 für Infos zu Kurzzeit- und Langzeitstudien). Der Weltklimarat schätzt, dass die Lufttemperatur im 21. Jahrhundert unter allen Emissionsszenarien weiter ansteigt [17], wohingegen die Luftschadstoffbelastung durchaus in wenigen Jahrzehnten reduziert werden könnte. Daher spielen beide Richtungen der Wirkungsänderung eine Rolle für die öffentliche Gesundheit. Ferner kann sich der Klimawandel durch eine Vielzahl von Mechanismen direkt auf die Luftqualität auswirken [18, 19]. Meteorologische Faktoren beeinflussen die Luftqualität über Emissionen, über atmosphärische Chemie und über Schadstofftransporte [20]. Insbesondere das bodennahe Ozon (O3) wird durch chemische Reaktionen zwischen Stickoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen in Gegenwart von Sonnenlicht und hoher Temperatur gebildet [21].

Tab. 3 Vergleich Kurzzeitstudien – Langzeitstudien

Folgende Hypothesen erklären die pathophysiologischen Mechanismen, die den Wechselwirkungen von Lufttemperatur und Luftschadstoffen auf die Gesundheit zugrunde liegen könnten: Erstens können Luftschadstoffe und Lufttemperatur über ähnliche Wirkmechanismen synergistische Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben [14]. So wurde gezeigt, dass sowohl Änderungen in der Lufttemperatur als auch eine erhöhte Belastung mit Außenluftschadstoffen mit erhöhter Blutviskosität und Gerinnbarkeit, erhöhten Cholesterinwerten und Entzündungsreaktionen assoziiert sind [22,23,24]. Darüber hinaus waren bei Herzinfarktüberlebenden sowohl luftgetragene Partikel als auch die Temperatur mit Veränderungen der Herzfrequenz und Repolarisationsparametern verbunden [25]. Zweitens kann Thermoregulationsstress im Körper die physiologische Reaktion auf toxische Substanzen verändern, was zu einer höheren Suszeptibilität gegenüber Luftschadstoffen führen kann [13]. Drittens könnte die Exposition der Bevölkerung gegenüber Luftschadstoffen während der warmen Jahreszeit zunehmen, da sich die Menschen tendenziell mehr im Freien aufhalten sowie Fenster länger geöffnet halten.

Die Analyse der gesundheitlichen Wirkung des Wechselspiels von Luftschadstoffen und Lufttemperatur ist sowohl aufgrund ihrer unterschiedlichen zeitlichen Strukturen (z. B. sofortige versus verzögerte Effekte) als auch durch die verschiedene Form der jeweiligen Expositions-Wirkungs-Funktionen eine Herausforderung [26]. Angesichts des sich wandelnden Klimas ist es zudem von Bedeutung, auch die längerfristigen Auswirkungen, wie jährliche Durchschnittstemperaturen, und ihr Zusammenspiel mit einer chronischen Luftschadstoffbelastung zu verstehen. Darüber hinaus könnten die adversen gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht nur mit einer höheren Durchschnittstemperatur zusammenhängen, an die sich der menschliche Körper langfristig eventuell anpassen könnte. Viel erheblicher sind vermutlich die ebenfalls durch den Klimawandel hervorgerufenen häufigeren und stärkeren kurzfristigen Temperaturschwankungen [27].

Luftschadstoffe und Lärm

Lärm ist ein weiterer Umweltfaktor, dem der Mensch in bebauter Umgebung und zunehmend auch außerhalb von Stadtgebieten ausgesetzt ist. Die Hauptquellen sind Straßenverkehr, Flugverkehr, Schienenverkehr, industrielle Tätigkeiten und Freizeitlärm, für die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kürzlich neue Lärmrichtlinien erstellt hat [28]. Bisher wurde der Lärm in der Mehrheit der epidemiologischen Studien betrachtet, ohne andere Umweltfaktoren zu berücksichtigen. Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass dauerhafter Umweltlärm vor allem mit der Entstehung von kardiovaskulären Erkrankungen zusammenhängt [29]. Es ist allgemein anerkannt, dass der potenzielle Wirkmechanismus durch das Lärm-Stress-Modell [30] erklärt wird. Über ein Gefühl des Unbehagens oder als physische Reizung löst der Lärm dabei durch die Aktivierung des zentralen Nervensystems eine Stressreaktion aus. Bei chronischer Stressbelastung können die Rückkopplungsprozesse, die den Körper nach der Stressreaktion in ein Gleichgewicht zurückbringen, dauerhaft gestört werden. Dies wiederum kann zu einer Verschlimmerung des Risikofaktorprofils für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. Neben der Auslösung einer Stressreaktion könnte Lärm auch durch Störungen des Schlafs wie verkürzte Schlafdauer, Erwachen und veränderte Schlafmuster das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen [31].

In den letzten Jahren erforschen immer mehr Studien die Lärmwirkungen bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Luftschadstoffen und umgekehrt. Bezüglich der Betrachtung von Lärm und Luftschadstoffen als jeweilige Störfaktoren (siehe Infobox 1) liefern die Ergebnisse jedoch ein uneinheitliches Bild. Der einzige entsprechende, aber etwas ältere Review deutet auf unabhängige Effekte beider Expositionen hin [32]. Seitdem publizierte Studien zeigen jedoch vermehrt eine Abschwächung oder gar Aufhebung der Lärmeffekte nach Adjustierung für Luftschadstoffe, nachdem diese also im statistischen Modell als mögliche Störgröße (siehe Infobox 1) berücksichtigt wurden bzw. umgekehrt. Andere Studien wiederum deuten auf eine Abschwächung der Effekte beider Expositionen nach gegenseitiger Adjustierung hin. Des Weiteren haben epidemiologische Studien eine mögliche Interaktion zwischen den gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm und Luftschadstoffen untersucht. Die Studien zeigen auch hier kein eindeutiges Ergebnis. Bezüglich kardiovaskulärer Endpunkte weisen die wenigen Studien in der Langzeitbetrachtung nicht auf eine Interaktion beider Umweltstressoren hin (z. B. [33]). Die Ergebnisse einer Kurzzeitstudie zeigten jedoch signifikante Luftschadstoffeffekte auf die Herzratenvariabilität (HRV), die jedoch zum Teil nur bei hohen Lärmleveln vorhanden oder verstärkt waren [34].

Im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der kognitiven Funktion deutete die Auswertung einer populationsbasierten Langzeitstudie ebenfalls auf eine signifikante Interaktion hin. Hohe Lärmexpositionen verstärkten die Assoziation mit Luftschadstoffen, während der Lärmeffekt auf die kognitive Funktion nur bei gleichzeitig hohen Luftschadstoffwerten signifikant war [35].

Andere Studien wiederum betrachten Lärm und Luftschadstoffe gemeinsam, indem die Teilnehmenden in Gruppen mit niedrigen und hohen Expositionen eingeteilt und für die einzelnen Kombinationen dieser Gruppen ein kombinierter Effektschätzer für Lärm und Luftschadstoffe berechnet wird. Während bei einigen Studien kein klares Muster erkennbar ist, zeigt sich der Effektschätzer in der Mehrheit dieser Studien am höchsten, wenn beide Expositionen hohe Level aufweisen (z. B. [36]). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Lärm und Luftschadstoffe gegenseitig in ihrer negativen gesundheitlichen Wirkung verstärken. Da gerade Lärm und Luftschadstoffe den Straßenverkehr als gemeinsame Quelle haben, korrelieren beide Expositionen miteinander. Daher ist es eine Herausforderung, die Wirkungen auf die Gesundheit getrennt voneinander zu evaluieren. Bei den meisten bisherigen Studien wurden beide Expositionen hinsichtlich ihrer zeitlichen und räumlichen Auflösung unterschiedlich präzise geschätzt, waren somit nicht gleichermaßen robust gegenüber der gegenseitigen Adjustierung und damit nicht vergleichbar. In jüngster Zeit legen jedoch immer mehr Studien Wert darauf, die Expositionen von Lärm und Luftschadstoffen mit gleicher Genauigkeit und für den gleichen Zeitraum zu modellieren. Um ein abschließendes Fazit bzgl. des Zusammenhangs von Lärm- und Luftschadstoffeffekte treffen zu können, bedarf es allerdings weiterer Studien.

Luftschadstoffe und Grünflächen

Eine kürzlich erschienene umfangreiche Metaanalyse zeigt, dass Grünflächen mit positiven Gesundheitseffekten in Zusammenhang stehen, zum Beispiel mit einer verringerten Gesamtmortalität und einem niedrigeren Risiko für Typ-2-Diabetes sowie einer Verbesserung der Cortisolwerte im Speichel, der Herzfrequenzvariabilität und des diastolischen Blutdrucks [37].

Viele Studien zeigen eine umgekehrte räumliche Wechselbeziehung zwischen der Vegetation und den Konzentrationen von Luftschadstoffen. Daher wird häufig eine Erhöhung des Anteils an Grünflächen in einer Stadt vorgeschlagen, um negative Effekte von Luftschadstoffen zu verringern. Das Zusammenspiel beider Umweltfaktoren kann jedoch je nach Betrachtungsweise unterschiedlich erklärt werden. Zum einen könnten (reduzierte) Luftschadstoffe ursächlich an den beobachteten positiven Zusammenhängen zwischen Grünflächen und Gesundheit beteiligt sein. Eine weitverbreitete Annahme ist, dass Vegetation die Luftschadstoffkonzentrationen aktiv reduziert, durch eine Veränderung der Luftzirkulation oder indem sich die Luftschadstoffe auf den Blattoberflächen ablagern und anschließend durch die Spaltöffnungen der Blätter aufgenommen werden. Dies wird allerdings durch experimentelle Studien nicht immer unterstützt und auch theoretische Modellierungsversuche kommen mitunter zu gegenläufigen Ergebnissen [38]. Auf der anderen Seite könnten beide Expositionen nicht ursächlich miteinander verbunden sein, sondern lediglich miteinander korrelieren, da Grünflächen normalerweise wenige Luftschadstoffquellen aufweisen [39]. Grünflächen könnten auch von Luftschadstoffen unabhängige Effekte haben, z. B. wenn sich eine Person durch den Zugang zu Grünflächen mehr im Freien bewegt, was eine positive Wirkung auf die Gesundheit hat.

Epidemiologische Studien, die Feinstaub oder Stickoxide (NOx) als zusätzliche Einflussfaktoren oder Störfaktoren berücksichtigen, zeigen, dass die Effekte von Grünflächen im Allgemeinen unabhängig von der Luftverschmutzung sind oder dass die verringerte Luftverschmutzung nur einen kleinen Teil der positiven Gesundheitseffekte von Grünflächen erklärt. So ließen sich in 2 Studien die beobachteten Zusammenhänge zwischen Grünflächen und Gesamtmortalität nicht durch Feinstaub PM2,5 bzw. NO2 begründen [40]. Hinsichtlich des Zusammenhangs mit dem Geburtsgewicht zeigen die Studien ein unklares Bild. Eine kanadische Studie [41] identifizierte einen Zusammenhang zwischen einem größeren Angebot von Grünflächen in der Wohnumgebung von Müttern und einem erhöhten Geburtsgewicht des Kindes. Dieser Zusammenhang änderte sich nicht, wenn für Luftschadstoffe adjustiert wurde. Dagegen zeigte eine spanische Studie [42] eine Abschwächung, während eine deutsche Studie [43] wiederum eine Verstärkung des positiven Effekts von Grünflächen auf das Geburtsgewicht nach Berücksichtigung von Stickstoffdioxid bzw. Stickstoffdioxid und Feinstaub nachwies.

Bezüglich Effektmodifikation wurden in einer im Alpenraum durchgeführten Studie Grünflächen nur in Gegenden mit niedrigen NO2-Konzentrationen mit dem Geburtsgewicht in Verbindung gebracht [44].

Hinsichtlich allergischer Erkrankungen, wie Asthma oder Heuschnupfen, scheinen die Zusammenhänge zwischen Vegetation und Luftverschmutzung komplizierter zu sein, wobei die Richtung des Zusammenhangs vom Untersuchungsgebiet abhängt. Das deutlichste Beispiel hierfür ist die in Deutschland durchgeführte Studie von Fuertes et al. [45], bei der Grünflächen mit einem erhöhten Risiko für allergische Erkrankungen bei Kindern in der städtischen Region Münchens, aber mit einem geringeren Risiko in ländlichen Gebieten um Wesel in Verbindung gebracht wurden. Diese heterogenen Zusammenhänge wurden in einer weiteren multizentrischen Studie bestätigt [39]. Offenbar spielen nicht nur die Nähe oder der Umfang der Vegetation eine Rolle, sondern auch die Zusammensetzung der Pflanzenarten und vor allem deren Allergengehalt [31]. Zwar werden durch eine verstärkte Vegetation mehr allergene Pollen freigesetzt, was für höhere Effekte in ländlichen Gebieten sprechen würde, allerdings kann der Allergengehalt durch Luftschadstoffe in städtischen Gebieten erhöht werden [39].

Luftschadstoffe und allergene Pollen

Allergien haben in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen. Klimawandel, insbesondere höhere Außenlufttemperaturen, oft in Kombination mit Luftschadstoffen werden als mögliche Gründe hierfür diskutiert (z. B. [46]). So können steigende Temperaturen verbunden mit einem erhöhten CO2-Gehalt zu einem früheren Blühstart, einer verlängerten Pollensaison und größeren Pollenmengen führen [47]. Unter dem Einfluss von erhöhten CO2-Konzentrationen konnten erhöhte Mengen der Hauptallergene von z. B. Wiesenlieschgras (Phleum pratense) nachgewiesen werden [42]. Hinsichtlich einer Exposition von Pflanzen gegenüber Luftschadstoffen, beispielsweise an viel befahrenen Straßen, häufen sich in den letzten Jahren die Anzeichen dafür, dass Luftschadstoffe Allergien auch indirekt beeinflussen. Luftschadstoffe wie das bodennahe O3 und NO2 haben nicht nur einen Einfluss auf die menschliche Gesundheit, sie wirken sich auch auf die Vegetation und mit ihr auf die allergenen Pollen aus. Zudem können die Proteinfreisetzung aus Pollen und ihre Allergengehalte durch Luftschadstoffe beeinflusst werden. Ein großer Teil aller bekannten Pflanzenallergene zählt zu der Gruppe der „pathogen-related proteins“ (PR-Proteine), welche auf biotischen Stress (z. B. Bakterien) bzw. abiotischen Stress reagieren und die pflanzliche Abwehr aktivieren [48]. Bodennahes O3 ist ein solcher abiotischer Stressfaktor. So wurde für das Hauptallergen aus Birke (Bet v 1), ein positiver Zusammenhang zwischen einem Anstieg der O3-Konzentration in der Umgebungsluft und dem Betv1-Gehalt sowie stärkeren Reaktionen im Pricktest an birkensensibilisierten Patienten gezeigt [49]. Auch verschiedene In-vitro-Studien an Birke, Eschen-Ahorn, Europäischer Hopfenbuche und Hainbuche konnten nach kurzzeitiger Begasung mit erhöhten O3- bzw. NO2-Konzentrationen eine stärkere Reaktion mit den in Patientenseren enthaltenen spezifischen Antikörpern nachweisen [50]. Durch das Zusammenspiel von NO2 und O3 können Allergene zudem chemisch modifiziert werden und somit die allergischen Reaktionen beeinflussen [51].

Auch Beifußambrosie (Ambrosia artemisiifolia) wird durch erhöhtes NO2 und O3 beeinflusst, was sich auf die Allergenität der Pollen auswirkt. Ambrosia-Pollen, welche an viel befahrenen Straßen gesammelt wurden oder im kontrollierten Versuch erhöhten NO2-Werten ausgesetzt waren, wiesen ein erhöhtes allergenes Potenzial auf, zudem konnte ein neues potenzielles Allergen unter erhöhten NO2-Bedingungen gezeigt werden [45]. In Bezug auf O3 scheint Ambrosia relativ tolerant zu sein, so wurden in zwei unabhängigen Studien keine unterschiedlichen Gehalte des Hauptallergens detektiert. Abhängig von O3 konnten aber für Ambrosia Änderungen des Wachsgehalts auf der Pollenoberfläche nachgewiesen werden, was einen Einfluss auf die Interaktion von Pollen und Nasenschleimhaut haben könnte. Daneben zeigte sich mit O3 eine gesteigerte Nicotinamidadenindinukleotidphosphat(NADPH)-Oxydaseaktivität, für die angenommen wird, dass sie durch freigesetzte radikale Sauerstoffspezies Auswirkungen auf die allergische Immunantwort haben könnte [50, 52].

In-vitro- und In-vivo-Studien mit erhöhten O3-Konzentration bei verschiedenen Gräsern zeigen unterschiedliche Reaktionen, so führte die kurzzeitige Exposition von Wiesenlieschgras mit erhöhten O3-Konzentrationen zu einer Abnahme sowie zu einer Ansäuerung einiger bekannter Allergene [53]. Auch eine In-vivo-Behandlung mit erhöhtem O3 führte bei Wiesenlieschgras zur Reduktion spezifischer Allergene [54]. In Studien an Roggen und Weidelgras war nach einer In-vivo-O3-Exposition wiederum ein Anstieg bestimmter Allergene zu verzeichnen, was auf eine artenspezifische Reaktion auf O3 hindeutet. Eine Aufnahme von NO2 in die Pollen von Wiesenlieschgras korrelierte direkt mit einem Anstieg von Botenstoffen in humanen Zellen, die für allergische Reaktionen typisch sind. Dies ist ein Hinweis darauf, dass NO2 nicht nur die Atemwege irritiert, sondern auch als Verstärker einer allergischen Sensibilisierung anzusehen ist [55, 56].

Luftschadstoffe und Lebensstil

Da der/die Einzelne nur einen geringen Einfluss auf die Höhe der Außenluftschadstoffe hat, denen er/sie ausgesetzt ist, gilt es zu überlegen, ob bestimmte Verhaltensweisen den negativen Einfluss von Außenluftschadstoffen auf die Gesundheit des Menschen mindern können. Obwohl Luftschadstoffe primär über die Atemwege in den Körper gelangen und damit zunächst ein Gesundheitsrisiko für die Lunge naheliegt, stellen sie das größte attributable Risiko für das Herz-Kreislauf-System dar [1]. Folglich liegt es nahe, hier anzusetzen: Zum einen, indem man Lunge und Herz-Kreislauf-System durch regelmäßige körperliche Betätigung gesund erhält, zum anderen, indem man negative Auswirkungen, die z. B. durch oxidativen Stress entstehen, durch eine gesunde Ernährung oder gezielte Nahrungsergänzung abmildert.

Grundsätzlich ist es unumstritten, dass sich regelmäßige sportliche Betätigung positiv auf die Gesundheit auswirkt. Doch gerade wer Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen für körperliche Betätigung nutzt, hält sich dabei im Freien auf und ist ggf. stärker gegenüber Luftschadstoffen exponiert als ohne körperliche Betätigung oder im Auto. Körperliche Aktivität erhöht zudem die Aufnahme von Luftschadstoffen um mindestens das Doppelte aufgrund erhöhter Atemfrequenz und tieferer Atmung [57].

Verschiedene Studien haben bereits untersucht, ob bei einem Umstieg von passivem Transport im Auto auf aktiven Transport, also Gehen oder Fahrradfahren, die positiven oder die negativen Aspekte für das Individuum überwiegen. Zu den positiven Aspekten wird die körperliche Aktivität gerechnet, zu den negativen die höhere Exposition gegenüber Luftschadstoffen sowie die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen. Die Ergebnisse zeigen bei gesunden Erwachsenen positive Auswirkungen auf die Lungenfunktion, selbst in einer stärker mit Luftschadstoffen belasteten Umgebung [58], sowie auf das Risiko von Asthma und chronisch obstruktiver Lungenkrankheit (chronic obstructive pulmonary disease, COPD; [59]), wobei sich die positiven Effekte jedoch mit zunehmendem Gehalt an Ruß in der Außenluft verringerten [60]. Auch für andere Krankheiten wie kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Demenz wird ein Überwiegen der positiven Effekte prognostiziert [61]. Mueller und Kollegen [62] folgerten aus 30 Gesundheitsfolgenabschätzungen, dass die prognostizierten gesundheitlichen Vorteile durch erhöhte körperliche Aktivität die schädlichen Auswirkungen von Luftschadstoffen und Verkehrsunfällen für den Einzelnen deutlich übersteigen. Tainio und Kollegen [63], die für die Gesamtmortalität verschiedene Luftschadstoffszenarien gegeneinander abwägen, kommen zu dem Schluss, dass selbst bei extrem hoher Luftschadstoffbelastung (PM2,5-Konzentrationen von 100 μg/m3) die Schäden den Nutzen erst nach 90 min Radfahren pro Tag oder mehr als 10 h Gehen pro Tag übersteigen würden.

Als weitere Möglichkeit, die negativen Auswirkungen von Luftschadstoffen abzuschwächen, wird die Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten diskutiert. Partikel können oxidativen Stress sowie Entzündungsreaktionen auslösen, die vom Lungengewebe über freigesetzte Botenstoffe den gesamten Organismus betreffen [1]. Es wird daher diskutiert, ob z. B. Omega-3-Fettsäuren oxidative Schäden begrenzen, da sie Plasmatriglyceride, Ruheherzfrequenz und Blutdruck senken und Entzündungen reduzieren. Ergebnisse einer Vielzahl von Studien und Metaanalysen deuten darauf hin, dass der Verzehr von Fischöl die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen signifikant reduziert [64].

Ob bestimmte Ernährungsfaktoren auch negative Auswirkungen von Luftschadstoffen mindern können, wurde bisher nur selten untersucht. Eine Reihe von doppelblinden, randomisierten Studien in unterschiedlichen Studienpopulationen kommt überwiegend zu dem Schluss, dass die Einnahme von Fischölkapseln die negativen Auswirkungen von Luftschadstoffen auf Biomarker für Entzündung und Gerinnung [65], Endothelfunktion [65], Plasmalipide [66], oxidativen Stress [65, 67] sowie HRV [66] mindert. In einer weiteren Studie konnten Tong und Kollegen allerdings nur positive Effekte von Olivenöl, nicht aber von Fischöl auf einen Marker für die Endothelfunktion nachweisen [68]. Ein aktueller Review [69] fand übereinstimmende Evidenz dafür, dass eine Aufnahme von Antioxidantien über erhöhten Obst- und Gemüsekonsum die mit Luftschadstoffen verbundenen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit mildert. Im Gegensatz dazu gab es für antioxidative Nahrungsergänzungsmittel, einschließlich Fischöl, Olivenöl und Vitamin-C- und -E-Zusätze, widersprüchliche Belege.

Zusammenfassung und Ausblick

Dieser Artikel beleuchtet das Zusammenspiel unterschiedlicher Umweltfaktoren hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen sowie methodische Ansätze für die Analysen. Während für die Gesundheitseffekte der einzelnen Faktoren häufig klare Evidenz vorliegt, zeigt sich, dass für die Kombination von Umweltfaktoren inhaltlich noch nicht alle Fragen beantwortet sind und auch die benötigten Methoden noch weiterentwickelt werden müssen. So fehlen beispielsweise ausgereifte Methoden, die mehr als zwei Parameter berücksichtigen. Das wurde bisher erst selten versucht. Eine Ausnahme sind Daten einer Querschnittsstudie aus den Niederlanden, in der Effekte von Lärm, Luftschadstoffen und Grünflächen über gegenseitige Adjustierung, Mediations- und Interaktionsanalyse in Bezug auf selbstempfundene Gesundheit [70], kardiometabolische Erkrankungen [71] sowie die mentale Gesundheit [72] evaluiert wurden. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass sich die Expositionen in ihrer Wirkung gegenseitig verstärken. Ferner zeigte sich, dass die Assoziation zwischen Grünflächen und Endpunkten teilweise durch das Fehlen von Luftschadstoffen erklärt wird. Eine Interaktion zwischen Lärm, Luftschadstoffen und Grünflächen konnte in Bezug auf keinen der Endpunkte beobachtet werden. Das zeigt auch, dass (Interventions‑)Maßnahmen zur Verringerung einzelner Umweltfaktoren oft miteinander verquickt sind. So führt der Umstieg von passivem auf aktiven Transport z. B. aufgrund von sicheren, begrünten Radwegen zu weniger Luftschadstoffen, langfristig zu geringeren Temperaturerhöhungen und gleichzeitig auch zu einer Verbesserung der Gesundheit des Einzelnen. Demzufolge liegt in einer sinnvollen Planung der bebauten Umwelt ein großes Potenzial zur Reduzierung der Umweltstressoren, zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens der Menschen.

Auch was den zeitlichen Aspekt angeht, steht die Forschung erst am Anfang. So gibt es zu Luftschadstoffen bereits eine große Anzahl von Kurzzeitstudien, Langzeitstudien sind dagegen immer noch rar. Hinsichtlich einer Kombination verschiedener Faktoren wird der zeitliche Aspekt nur selten berücksichtigt, häufig deshalb, weil man auf die in den Studien vorhandenen Daten angewiesen ist.

Daneben spielen saisonale Aspekte eine Rolle, so unterscheiden sich beispielsweise die Quellen für Außenluftschadstoffe in Winter und Sommer teilweise und damit auch ihre chemische Zusammensetzung. Auch andere Umweltfaktoren wie Pollen liegen über das Jahr gesehen nicht immer in gleicher Konzentration vor. Eine Kombination von Umweltfaktoren unter dem Aspekt der saisonalen Effekte wurde bisher nicht untersucht.

Integrierte Konzepte zur Bewertung der gesundheitlichen Auswirkungen von Kurz- und Langzeitexpositionen verschiedener Umweltfaktoren mit innovativen Studiendesigns und Methoden sind hier dringend erforderlich. Bereits 2014 betonten Zanobetti und Peters [26] die Notwendigkeit, sowohl kurz- als auch langfristige Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren sowie die Entwicklung von Krankheiten aufgrund dieser Wechselwirkungen in großen Kohorten mit gut charakterisierten Populationen in verschiedenen Regionen der Welt zu bewerten. Nur so ließe sich untersuchen, wie der Synergieeffekt je nach lokalen Gegebenheiten zwischen den Städten variiert. Ein Fokus auf große Kohorten würde es ermöglichen, neben der Untersuchung anfälliger Personen mit bereits bestehenden Krankheiten auch kurz- und langfristige Auswirkungen auf die Allgemeinbevölkerung zu bewerten. Neue statistische Methoden, die sich mit den oben beschriebenen Herausforderungen befassen, werden in Einzelfällen bereits angewendet.

Die Frage, welche der genannten Umweltfaktoren eine größere oder eher eine kleinere Rolle spielen, kann aus den bisher vorliegenden Daten nicht geklärt werden. Studien zu den verschiedenen Umweltfaktoren unterscheiden sich im Design, der untersuchten Population, der Jahreszeit etc. Eine erste Einordnung kann mithilfe des Rankings erfolgen, das auf den Global-Burden-of-Disease-Studien [73] beruht. Hier zeigt sich beispielsweise, dass Außenluftschadstoffe über die Jahre an Bedeutung gegenüber anderen Faktoren gewonnen haben. Allerdings sind dort nicht alle der in diesem Artikel erwähnten Umweltfaktoren erfasst, lediglich geringe körperliche Aktivität und ernährungsbedingte Risiken. In der neuen Bewertung, die bisher noch nicht veröffentlich ist, werden noch die Auswirkungen von Hitze und Kälte dazu kommen. Hinsichtlich kombinierter Effekte gibt es daher ebenfalls keine Daten, die einen Größenvergleich der Effekte ermöglichen.

Insgesamt besteht also sowohl inhaltlich wie auch methodisch großer Forschungsbedarf für dieses Thema.

Infobox 1 Störgröße, Adjustierung, Effektmodifikation und Mediation

Eine Störgröße ist eine Variable, die mit der interessierenden Exposition assoziiert auftritt und einen von der Exposition unabhängigen Einfluss auf den Gesundheitsendpunkt ausübt, jedoch nicht Teil der Kausalkette zwischen Exposition und Endpunkt ist. Die Störgröße kann die Assoziation in jeder Richtung beeinflussen. Rauchen gilt beispielsweise als Störfaktor für die Beziehung zwischen Kaffeekonsum (Exposition) und Pankreaskrebs (Endpunkt) und beides tritt häufig gemeinsam auf. Wenn in einer Studie der Kaffeekonsum in Bezug auf das Krebsrisiko untersucht werden soll, ist Rauchen ein Störfaktor, der berücksichtigt, also in das statistische Modell aufgenommen werden muss (Adjustierung), um das Ergebnis nicht zu verzerren. Würde Rauchen nicht berücksichtigt, würde der Einfluss des Kaffeekonsums auf Pankreaskrebs überschätzt [74].

Man spricht von Effektmodifikation bzw. Interaktion, wenn unterschiedliche Effektschätzer in verschiedenen Strata (Schichten) einer Variablen existieren. Die Stratavariable wird als Effektmodifikator bezeichnet. Reine Effektmodifikation führt nicht zu einer Verzerrung des Effektmaßes und gehört damit nicht zu den Fehlern in epidemiologischen Studien. Ein anschauliches Beispiel für Effektmodifikation ist die Beziehung zwischen Übergewicht (Exposition) und Brustkrebs (Endpunkt). Eine stratifizierte Analyse zeigt für prämenopausale Frauen eine inverse Assoziation zwischen Übergewicht und Brustkrebsrisiko, jedoch eine positive Assoziation für postmenopausale Frauen. In diesem Fall macht ein gemeinsamer Risikoschätzer keinen Sinn [74].

Mithilfe der Mediation wird versucht, die beobachtete Beziehung zwischen Exposition und Endpunkt durch einen Prozess oder Mechanismus zu erklären. Dies passiert durch das Hinzunehmen einer dritten Variablen, der sogenannten Mediations- oder Intermediärvariablen. Statt einer direkten kausalen Beziehung zwischen Exposition und Endpunkt geht das Mediationsmodell davon aus, dass die Exposition zunächst Auswirkungen auf die Mediationsvariable hat, welche dann wiederum den Endpunkt beeinflusst. Beispielsweise nimmt man an, dass eine durch Luftschadstoffe (Exposition) ausgelöste Entzündungsreaktion (Mediationsvariable) den Zusammenhang zwischen Luftschadstoffen und kardiovaskulären Erkrankungen (Endpunkt) zumindest teilweise erklärt.