Zusammenfassung
Wählt man einen im Endlichen liegenden Punkt O und eine nicht durch O gehende Ebene Π, so kann man eine Abbildung des Eaumes auf die Ebene Π dadurch erklären, daß man jedem Kaumpunkt P den Schnittpunkt P c des Strahles [O P] mit Π als Bildpunkt zuordnet. Diese bereits in Nr. 1 eingeführte Abbildung heißt Zentralerojektion oder Perspektive. Man nennt den Punkt O das Auge (oculus) oder das Projektionszentrum, die Ebene Π, die wir uns in der Folge stets lotrecht denken, die Bild- oder Projektionsebene und schließlich die Strahlen durch 0 die Seh- oder Projektionsstrahlen. Die Lage von O gegen Π läßt sich dadurch festlegen, daß man den Normalriß H von O auf Π angibt, ferner den Tafelabstand d = OH des Auges und jene Seite von Π, auf der sich O befinden soll (Fig. 299). H heißt der Hauptpunkt 1), d die Augdistanz oder kurz Distanz. Den in Π liegenden Kreis ô = (H, d) nennt man den Distanzkreis; er bestimmt die Lage von O gegen Π eindeutig, falls man noch angibt, auf welcher Seite von Π das Auge O liegen soll.
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Literature
Die Hauptgesetze der Perspektive waren vielleicht schon den alten Griechen und Römern bekannt; diese Kenntnis ging jedoch in den folgenden Jahrhunderten verloren und wurde in der Renaissancezeit (15. Jahrh.) zuerst in Italien neu geschaffen. Das erste deutsche Werk, das auch über Perspektive handelt, ist das interessante Buch des bekannten Malers Albrecht Dürer: „Underweysung der Messung mit Zirkel und Richtscheyt usw.“, Nürnberg 1525, von dem unter dem Titel „Albrecht Dürers Unterweisung der Messung“ eine etwas gekürzte und dem neueren Sprachgebrauch angepaßte Ausgabe von A. Peltzer, München 1908, erschien. Das erste Werk über Perspektive überhaupt stammt von dem Baumeister und Gelehrten Leone Battista Alberti; es führt den Titel „Della pictura libritre“ (abgeschlossen 1436, lateinisch gedruckt 1511, Nürnberg, italienisch 1804, Mailand). Ein Hauptförderer der Perspektive war der Physiker und Mathematiker J.H.Lambert, dessen Büchlein „Freye Perspektive“, Zürich 1759, 2. Aufl. 1774, zu den hervorragendsten älteren Werken über diesen Gegenstand gehört. Näheres über die Geschichte der Perspektive und der darstellenden Geometrie überhaupt findet man bei Chr. Wiener, Lehrbuch der darstellenden Geometrie, 1. Bd. Leipzig 1884, 1. Abschnitt und in der auf S. 133 angegebenen Literatur. G.Wolf, Mathematik und Malerei, Math. Bibl. 20/21, Leipzig 1916.
Bei Lambert a. a. O., 2. Aufl., L, S. 6 „Augenpunkt“. „Punkt des Auges“ bei Dürer (Peltzer) a. a. O., S. 117.
F. Tilscher, System der techn.-malerischen Perspektive. Prag 1867, S. 8.
W. Fiedler, Die darstellende Geometrie. Leipzig 1871, S. 7.
Vgl. etwa W. Nagel, Handbuch der Physiologie des Menschen, 3. Bd. Braunschweig 1905. Auf der Achse des Auges befinden sich zwei Knotenpunkte, d. h. ein Lichtstrahl, der vor dem Eintreten in das Auge gegen den einen gerichtet ist, erfährt eine Brechung, durch die er als paralleler Strahl durch den zweiten austritt. Da diese Knotenpunkte (6,95 bzw. 7,29 mm hinter der Hornhaut) fast zusammenfallen, kann man von einem optischen Mittelpunkt sprechen.
Bei näherer Betrachtung der Entstehung eines subjektiven Anschauungsbildes erkennt man, daß die. obige Begründung keineswegs hinreicht, schon aus dem Grunde, weil das Auge beim Betrachten eines Gegenstandes oder Bildes sich in ständiger Bewegung befindet. Man kann versuchen, bessere Annäherungen an die Wirklichkeit zu erzielen. Vgl. hierzu: G. Hauck, Die subjektive Perspektive und die horizontalen Kurvaturen des dorischen Stils, Stuttgart 1879; Über die Grundprinzipien der Linearperspektive, Z. Math. Phys. 26 (1881), S. 273–296; Perspektivische Studien, ebenda 27 (1882), S. 236–247. Ferner J. Deininger, Eine neue Theorie der malerischen Perspektive und deren praktische Resultate, Wien 1915. Bei dem Rückschluß von einer Perspektiven Darstellung zum dargestellten Objekt hinsichtlich seiner Gestalt und Lage im Raum spielen offenbar auch andere psychologische und physiologische Umstände eine Rolle.
Vgl. hierzu: J. de la Gournerie, Traité de perspective linéaire, Paris 1859, livre V, chap. I u. II;
R. Schüssler, Die richtige Deutung perspektiver Bilder, Graz 1904 (Antrittsrede als Rektor);
M. Pelišek, Perspektive Studien, Stzgsb. Böhm. Ges. W. (1890), S. 175–214.
Von dem unbestimmten Bild des in diesem Fall auf g liegenden Auges sehen wir ab.
Nach W. Fiedler, Die darstellende Geometrie, 2. Aufl. Leipzig 1875, S. 9.
Der Name „Fluchtpunkt“ bei G. Schreiber, Erläuterungen zum geometrischen Port-folio, Karlsruhe 1839. Man beachte, daß der Fluchtpunkt einer Geraden nicht ein Punkt dieser Geraden, sondern ihres Bildes ist.
Entnommen ans K. Reichhold, Lehrbuch der räumlichen Anschauung, ein Versuch zur Reform des Linearzeichenunterrichtes. München 1910.
Fluchtlinie oder Flucht bei G.Schreiber, a. a. O. S. 52. Bei Lambert, a. a. O. § 166 Grenzlinie.
Von parallelen Ebenen sagt man, daß sie dieselbe Stellung haben.
Über die Bildwirkung parallelprojektiver Bilder vgl. Nr. 93.
2) Nach W. Nagel, Handbuch der Physiologie des Menschen, 3. Bd., Braunschweig 1905, S. 357 ist wohl die Ausdehnung des monokularen Gesichtsfeldes für Lichtempfindung bedeutend größer, jedoch nimmt die Sehschärfe beim Entfernen vom Fixierpunkt so rasch ab, daß sie bei 30° nur noch ein Siebzigstel der Sehschärfe im Fixierpunkt beträgt (a. a. O. S. 353). Untersucht man den Bewegungsraum der Blicklinie, der bei fester Kopfstellung durch Drehung des Auges durchmessen werden kann, so kommt man zu dem Ergebnis (a. a. O. S. 362), daß alle Punkte des Raumes, deren Sehstrahlen mit dem Hauptstrahl einen Winkel von nicht mehr als 30° einschließen, durch Bewegung des Auges zur vollkommen deutlichen Wahrnehmung gelangen.
Nach E. Brücke, Bruchstücke aus der Theorie der bildenden Künste. Leipzig 1877, S. 206.
Freye Perspektive, 2. Aufl., § 70–78; der Name Sehkegel kommt bei Lambert noch nicht vor, doch dachte er zweifellos an diesen Begriff (vgl. § 71).
System d. techn.-mal. Perspektive. Prag 1867, Nr. 121, 146.
Die darst. Geom. I. Leipzig 1904 (4. Aufl.), S. 51.
Malerische Perspektive. Karlsruhe 1854, S. 52.
Lehrb. d. mal. Perspektive (bearb. von Hedwig Hauck). Berlin 1910, S. 22.
Ihre Erfindung wird dem berühmten Florentiner Architekten Filippo-Bruneleschi (1377–1446) zugeschrieben. Zum erstenmal schrieb darüber Leone Battista Alberti, Della pictura libri tre („Quellenschriften für Kunstgeschichte“, hrsg. von R. v. Eitelberger, Wien 1877, S. V). A. Dürer, der aus italienischen Quellen geschöpft hat, erläutert diese Methode in dem auf S. 304 erwähnten Werk. Vgl. für die Anfänge der Perspektive H. Schuritz, Die Perspektive in der Kunst Albrecht Dürers. Frankfurt a. M. 1919.
Über die Ausführung von Konstruktionen mit unzugänglichen Elementen handelt P. Zühlke, Konstruktionen in begrenzter Ebene (Math. Phys. Bibl. Bd. 11). Leipzig und Berlin 1913.
G. Schreiber, Malerische Perspektive, S. 172.
J. H. Lambert, Freye Perspektive, 2. Aufl., S. 66. Verwendet wurden diese Punkte schon von Brook Taylor, linear Perspektive. London 1715.
G. Hauck, Lehrbuch d. malerischen Perspektive (bearb. v. H. Hauck). Berlin 1910, S. 53.
J.H. Lambert, Freye Perspektive oder Anweisung, jeden perspektivischen Aufriß von freyen Stücken und ohne Grundriß zu verfertigen. Zürich 1759 (2. Aufl. 1774).
Nicholson’s Centrolineal, abgebildet und beschrieben in: W. P. Stanley, A descriptive treatise on mathematical drawing instruments. London 1878, S. 169. R. Mehmke, Über das Einstellen der dreiteiligen Fluchtpunktschiene, Z. Math. Phys. 42 (1897), F. Schilling, ebenda 56 (1908). Die Fluchtpunktschienen von R. Mehmke und F. Schilling werden vom Polytechnischen Arbeits-Institut J. Schröder in Darmstadt hergestellt.
Verlag Wilhelm Ernst u. Sohn, Berlin.
Ein anderes hierher gehöriges Verfahren gibt E. Böck, Beiträge zur Perspektive. Z. öst. Ing. u. Arch. V. 1929, Heft 9/10.
Vgl. W. Dyck, Katalog, S. 234–243; G. Scheffers, Lehrbuch der darstellenden Geometrie. Berlin 1920, 2 Bd., Nr. 302.
Vgl. G. Scheffers, a. a. O. Nr. 305.
Vgl. G. Bellotti, H prospettografo Fiorini, con istruzioni pratiche relative al suo uso (Florenz 1892).
Eine neue Methode und ein neues Gerät zur Konstruktion von Perspektiven, S. B. Ak. (math.-nat.) Wien, Abt. IIa, 127 (1918), S. 699–717.
E. Koutny, Kugelperspektive, Z. öst. Ing.-u. Architekten-Ver. 18 (1866), S. 200.
R. Niemtschik, S. B. Ak. (math.-nat.) Wien, 52 (1865), S. 573–622.
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Müller, E., Kruppa, E. (1948). Perspektive. In: Lehrbuch der darstellenden Geometrie. Springer, Vienna. https://doi.org/10.1007/978-3-7091-5847-0_11
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