Zusammenfassung
Eine soziologisch gerichtete Neurosenbetrachtung läßt selbstverständlich die Neurosenbehandlung nicht unberührt; die Anerkennung der sozialen Verflechtung neurotischer Störungen verlangt auch deren Berücksichtigung bei den Heilmaßnahmen. Eine Art „sozialer“ Therapie wird nahegelegt, für die zunächst einmal dreierlei wesentlich erscheint: Sie hat sich speziell mit den Fällen zu befassen, die als Sozialneurosen sich aus den Besonderheiten der Gemeinschaft und ihrer sozialen Lebensbedingungen ergeben; sie hat speziell solche Behandlungsweisen heranzuziehen, die in der Richtung einer sozialpsychischen Einflußnahme liegen, und sie hat sich speziell solche therapeutische Ziele zu setzen, die auf soziale Förderung des Neurotikers, insbesondere also auf seine soziale Brauchbarmachung, seine Angleichung an die sozialen Aufgaben und Forderungen, seine Wiedereingliederung in den sozialen Volkskörper hinauslaufen. Dieser Sozialtherapie der Neurosen steht im übrigen eine ähnlich geartete und gerichtete Sozialprophylaxe nahe, die mit psycho-und sonstigen hygienischen Maßnahmen die neurosebegünstigenden sozialen Einflüsse abzudämmen, den neurotischen Tendenzen und Bereitschaften vorzubeugen und die Neurose als kollektive und soziale Störung vom gesamten Volkskörper fernzuhalten hat. Nun gilt im großen ganzen was gegenüber den neurotisch Betroffenen angebracht ist, auch gegenüber den neurotisch Gefährdeten und Disponierten, und so fließen Sozialtherapie und Sozialprophylaxe der Neurosen von weitergreifenden Gesichtspunkten betrachtet, mehr oder weniger zusammen, bzw. finden im Rahmen sozialer Maßnahmen ohne scharfe Trennung gemeinschaftliche Verwendung.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsPreview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Notes
Dazu vor allem neuerdings v. Weizsäcker: Soziale Krankheit und soziale Gesundung. Berlin: Julius Springer 1931.
Eliasberg: Das Milieu und die soziale Therapie. Z. Neur. 137.
v. Weizsäcker: Soziale Krankheit usw. (s. S. 82). Über Rechtsneurosen. Nerrenarzt 2 und anderwärts.
Unger: Ein Versuch sozialer klinischer Psychotherapie usw. (s. S. 38).
Praktisches Vorgehen und theoretische Richtlinien im einzelnen speziell bei Wronsky und Kronfeld in der obengenannten Schrift; außerdem soziale Einzelkasuistiken von Wronsky: Dtsch. Z. Wohlfahrtspfl.
Reiner: Bericht über die bisherigen Ergebnisse usw. a. a. O.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1933 Julius Springer in Berlin
About this chapter
Cite this chapter
Birnbaum, K. (1933). Zur Sozialtherapie der Neurosen. In: Soziologie der Neurosen. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-99626-9_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-99626-9_4
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-642-98811-0
Online ISBN: 978-3-642-99626-9
eBook Packages: Springer Book Archive