Zusammenfassung
Die Lungentransplantation ist bei weit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen nach Ausschöpfung aller Therapiemöglichkeiten eine Therapieoption, welche die Lebensqualität und – bei bestimmten Indikationen (zystische Fibrose, Lungenfibrose, pulmonal arterielle Hypertonie) – Lebenserwartung verbessert. Die Anzahl verfügbarer Spenderorgane ist so gering, dass jeder 6. Patient auf der Warteliste verstirbt. Bei der Auswahl geeigneter Kandidaten sind neben der ursächlichen Lungen- oder Herz-Lungenerkrankung, das Alter, vorhandene Mobilität, Ernährungs- und Muskelstatus und extrapulmonale Begleiterkrankungen entscheidende Kriterien. Postoperative Komplikationen können durch die Operation bedingt, durch eine Transplantatabstoßung (akut oder chronisch), Atemwegskomplikationen, Infektionen und extrapulmonale Folgeerkrankungen auftreten. Die Nachsorge erfolgt immer in Kooperation mit dem Transplantationszentrum und hat in großen Zentren zu einer spürbaren Verbesserung der Langzeitergebnisse geführt.
Abstract
Lung transplantation has been established as an appropriate ultimate treatment strategy in end-stage lung disease, when all conventional therapeutic options have been exhausted. A successful transplantation should result in an improved quality of life as well as an increase in life-expectancy for certain diseases (cystic fibrosis, pulmonary fibrosis and pulmonary hypertension). There is still a critical need regarding the number of available donor organs. Presently, one out of six patients dies on the waiting list. In order to identify suitable candidates for transplantation a number of criteria require consideration. These include the exact etiology of the pulmonary or cardiac disease, but also patient age, physical mobility, nutritional and muscular status as well as a comprehensive assessment to exclude significant extra-pulmonary co-morbidities. Complications arising after transplantation occur because of general perioperative risks, but also as a result of specific issues such as acute or chronic graft rejection, airway stenoses, infections of the newly immunosuppressed patient as well as a complete spectrum of secondary extra-pulmonary conditions. Comprehensive follow-up care in lung transplantation patients remains a vital issue. Analyses have shown a relevant improvement in long-term outcome, when follow-up care is delivered in cooperation with an established large volume transplant centre.
Die Lungentransplantation stellt eine die Lebensqualität und bei einzelnen Erkrankungen auch die Überlebenszeit verbessernde Therapie bei weit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen dar, wenn alle anderen Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind. Weltweit werden jährlich etwa 2000, in Deutschland ca. 250 Lungentransplantationen durchgeführt. Einer weitaus höheren Anzahl potenzieller Organempfänger steht eine zu geringe Anzahl an Spenderorgane gegenüber. So verstirbt jeder 6. Patient auf der Warteliste. Die Auswahl geeigneter Kandidaten für eine Transplantation erfolgt im Transplantationszentrum unter Berücksichtigung krankheitsspezifischer Faktoren und vorhandener Kontraindikationen.
Der Anteil an Doppel- gegenüber Einzellungentransplantationen ist seit 1994 gestiegen: 2006 wurden zwei Drittel der Lungentransplantationen bilateral durchgeführt. Herz-Lungen-Transplantationen erfolgen 10-mal seltener. Zwei Drittel der Eingriffe werden in Zentren mit einer Frequenz von mehr als 30 Operationen pro Jahr vorgenommen [15]. Emphysem, Lungenfibrose und zystische Fibrose sind die häufigsten Indikationen für eine Lungentransplantation (Abb. 1).
Während die idiopathische Lungenfibrose im Zeitraum von 2000–2006 auf ein Viertel der Transplantationen zunahm, fiel der Anteil des Emphysems auf ein Drittel. Deutlicher ist der Rückgang bei der pulmonal-arteriellen Hypertonie von 12% (1990) auf 2% (2006) als Folge der verbesserten Pharmakotherapie.
Die Überlebensrate nach Transplantation muss dem natürlichen Verlauf der Erkrankung gegenüber gestellt werden. Prospektive, randomisierte, kontrollierte Studien zur Frage des Überlebensvorteils liegen bislang nicht vor. Retrospektive Analysen weisen auf einen Vorteil bei zystischer Fibrose, pulmonaler Hypertonie und idiopathischer Lungenfibrose hin [3]. Für das Emphysem besteht nur für ein Drittel der Empfänger ein Zugewinn von mehr als einem Jahr [34].
Die Aussicht auf eine verbesserte Lebensqualität stellt für den Patienten das entscheidende Argument für den Entschluss zur Transplantation dar.
Organverfügbarkeit
In Deutschland wird nur bei etwa 20% der Multi-Organspender eine Lungenentnahme durchgeführt [5]. Die Kriterien des idealen Spenders (Alter <55 Jahre, Beatmung <48 h, normales Röntgenbild, <20 Packungsjahre, bronchoskopisch kein putrides Sekret, pO2/FiO2 >300 mmHg) werden häufig nicht erfüllt. Durch Erweiterung der Spenderkriterien kann die Verfügbarkeit auf über 40% ohne Verschlechterung der Ergebnisse gesteigert werden [4].
Die Lebendspende bietet eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung des Organangebots, wird bislang aber nur in den USA und Japan genutzt. Dabei werden jeweils der rechte und linke Lungenflügel oder je ein Lungenlappen von 2 Lebendspendern verpflanzt. Das Verfahren kommt nur für Empfänger kleiner Statur in Frage. Die Ergebnisse sind mit denen der Organspende Verstorbener vergleichbar. Die Risiken für die Spender besteht in einer Mortalität von 1%, einer Komplikationsrate von 20% und einem Lungenfunktionsverlust von 15% [29]. In Deutschland wurde die Lebendspende aufgrund dieser Risiken bisher nicht angewandt.
Empfängerauswahl
Die Lungentransplantation ist eine Option für unter 60-jährige Patienten, deren körperliche Belastbarkeit, Lungenfunktion und Lebensqualität eingeschränkt sind und deren prognostizierte 5-Jahres-Überlebensrate unter 50% liegt. Dabei ist die Analyse von Risikofaktoren aus großen Kollektiven für die wichtigsten 3 Indikationen (idiopathische Lungenfibrose [8], Mukoviszidose [24], Lungenemphysem [34]) hilfreich. Alle Therapiealternativen müssen ausgeschöpft und Kontraindikationen ausgeschlossen sein.
Bei Patienten über 50 Jahren stellen kardiovaskuläre Erkrankungen, extrapulmonale Organschäden (Nieren- und Leberinsuffizienz) und die Divertikulose (Gefahr der Divertikulitis mit Perforation; [2]) häufige Kontraindikationen dar. Eine Koloskopie ist daher jenseits des 50. Lebensjahrs vor Aufnahme auf die Warteliste obligat. Eine glomeruläre Funktionsrate unter 40 ml/min (Cystatin C >1,5 mg/l) ist eine Kontraindikation zur isolierten Lungentransplantation.
Bei den meist jüngeren Patienten mit zystischer Fibrose sind Infektfoci (Sinusitis) vor Transplantation abzuklären.
Immobile oder nur wenige Schritte bewältigende Patienten sind in der Regel nicht für eine Transplantation geeignet. Die Rehabilitation als Therapie chronischer Lungenerkrankungen [30] kann auch in fortgeschrittenen Stadien eine Rekonditionierung für die Transplantation erreichen. Die Patientenschulung vermittelt Verhaltensstrategien für die Zeit vor und nach Transplantation. Eine gezielte Ernährung kann Defizite (Unter- oder Übergewicht, Muskelhypotrophie, diabetische Stoffwechsellage) ausgleichen.
Absolute Kontraindikationen sind Malignome (Rezidivfreiheit mindestens 2 Jahre, bei Mamma- und kolorektalem Karzinom 5 Jahre), Nikotin-, Alkohol- oder Drogenabusus, disseminierte Infektionen, morbide Adipositas und Non-Compliance.
Der Respirationstrakt ist bei zystischer Fibrose oft mit multiresistenten gramnegativen Erregern (v. a. Pseudomonas aeruginosa) besiedelt. Burkholderia cepacia kann zu lebensbedrohlichen Infektionen führen. Dies gilt vor allem für den häufigen Typ Genomovar III (B. cenocepacia; [1]): Bei Patienten mit einer Besiedlung durch diesen Keim überlebt nur ein Drittel das erste Jahr nach Transplantation. Viele Zentren akzeptieren deshalb Patienten mit B. cenocepacia nicht oder nur unter strengen Kautelen (elektives Verfahren, optimaler Ernährungszustand ohne Pleurakomplikation oder thorakale Voroperation) als Kandidaten. Der Nachweis multiresistenter Pseudomonas-Stämme, nicht-invasiver Aspergillen oder atypischer Mykobakterien stellt keine Kontraindikation dar.
Häufig bedingt die Summe aus Begleiterkrankungen und relativen Kontraindikationen, dass ein Patient für die Lungentransplantation ungeeignet ist.
Warteliste und Organallokation
Initial kontaktiert der behandelnde Arzt das Transplantationszentrum. Bei jüngeren Patienten, raschem Progress der Erkrankung oder relevanten Komplikationen sollte dies frühzeitig erfolgen. Nach einem diagnostischen Basisprogramm (Tab. 1) erhält der Patient einen Termin im Transplantationszentrum. Dort wird nach einem Gespräch zwischen Patient, Transplantationschirurg und Pneumologen unter Berücksichtigung von Symptomen, Befunden, Motivation des Patienten und der Nutzen-Risiko-Abwägung zwischen Transplantation und natürlichem Verlauf der Erkrankung über die Aufnahme auf die Warteliste entschieden. Häufig sind vor einer Listung weitergehende Untersuchungen nach Vorgabe des Zentrums erforderlich (Tab. 2). Die publizierten Empfehlungen gelten im Kontext lokaler Allokationssysteme und können für Deutschland nicht ohne Weiteres übernommen werden [27]. Kriterien für die Kandidatenauswahl sind in Abb. 2 aufgeführt.
Die Organisation Eurotransplant, der sich Österreich, die Niederlande, Belgien, Deutschland und Slowenien angeschlossen haben, sieht eine Organverteilung nach Wartezeit, Körpergröße und Blutgruppenkompatibilität vor. Unter bestimmten Bedingungen entscheidet eine unabhängige Kommission über die dringliche („urgent“) oder hochdringliche („high urgency“) Listung. Inzwischen werden 60% der Empfänger im dringlichen oder hochdringlichen Status transplantiert. Die mittlere Wartezeit der bei Eurotransplant registrierten deutschen Patienten beträgt ca. 22 Monate. Diese Zeit sollte zur Verbesserung des Muskelstatus, der Korrektur eines Unter- oder Übergewichts und der Auffrischung des Impfstatus (Influenza, Pneumokokken, Hepatitis A/B, Diphtherie, Polio, Tetanus) genutzt werden.
Die mittlere Wartezeit der bei Eurotransplant registrierten deutschen Patienten beträgt ca. 22 Monate
Mangels Spenderorganen verstarben in Deutschland im Jahr 2005 17% der Patienten auf der Warteliste. In den USA wurde das System der Allokation nach Wartezeit Mitte 2005 verlassen. Organe werden dort nach dem „lung allocation score“, der den wahrscheinlichen Nutzen der Lungentransplantation als Differenz aus Überlebenswahrscheinlichkeit nach Lungentransplantation und dem wahrscheinliche Überleben auf der Warteliste individuell vorhersagt, vergeben. Die Berechnung basiert auf Daten aus den Jahren 1998/99 des amerikanischen UNOS- (United Network for Organ Sharing) Registers [6]. Das System hat dazu geführt, dass Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose gegenüber Emphysempatienten bei der Organvergabe bevorzugt werden [18].
Transplantationsverfahren
Grundsätzlich stehen 3 Verfahren zur Verfügung:
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Bei der unilateralen Lungentransplantation wird ein Lungenflügel transplantiert und der 2. Lungenflügel des Empfängers belassen.
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Bei der bilateralen Lungentransplantation werden beide Lungenflügel sequenziell übertragen.
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Bei der Herz-Lungen-Transplantation werden das Herz und beide Lungenflügel en bloc übertragen.
Die Operationszeit der bilateralen Lungentransplantation beträgt etwa 4 h, die der unilateralen 2 h. Bei der Lungentransplantation ist der Einsatz der Herz-Lungen-Maschine in weniger als 50% erforderlich, bei der Herz-Lungen-Transplantation ist er obligat. Minimal-invasive Verfahren (anterolaterale Thorakotomie ohne Sternotomie) haben gegenüber der klassischen Thorakosternotomie (Clamshell-Inzision) kosmetische Vorteile und reduzieren postoperative Schmerzen und Wundheilungsstörungen. Bei der Lungentransplantation erfolgt die Anastomose an den Hauptbronchien, bei der Herz-Lungen-Transplantation an der distalen Trachea.
Nachsorge
Die Immunsuppression nach Lungentransplantation besteht aus einer Dreifachkombination aus Calcineurininhibitor (Ciclosporin oder Tacrolimus), Purinsynthese-Antagonist (Azathioprin bzw. Mycophenolat Mofetil) und Prednisolon. Bezüglich der Inzidenz der chronischen Transplantatabstoßung (Bronchiolitis-obliterans-Syndrom) hat sich in randomisierten kontrollierten Studien zu Calcineurinhibitoren, Purinsynthese-Antagonisten und mTOR- („mamallian target of rapamycin“) Inhibitoren (Sirolimus und Everolimus) keine Überlegenheit einer einzelnen Substanzgruppe gezeigt. Unter Tacrolimus treten tendenziell weniger akute Abstoßungen auf als unter Ciclosporin. Die Induktionstherapie mit antilymphozytären Substanzen oder monoklonalen Antikörpern gegen den Interleukin-2-Rezeptor (Basiliximab und Daclizumab) ist nicht die Regel.
Die Prophylaxe der Pneumocystis-jiroveci-Pneumonie mit Cotrimoxazol erfolgt lebenslang. In den meisten Zentren erfolgt eine Cytomegalie-Virus- (CMV-) Prophylaxe mit Valganciclovir über 3 Monate. Bei CMV-seronegativem Spender und Empfänger wird statt Valganciclovir von Beginn an Aciclovir eingesetzt.
Die Dosierung der Calcineurininhibitoren (CNI) wird nach Vollblutspiegel gesteuert. Im ersten Jahr liegen die Zielspiegel zur Vermeidung einer akuten Abstoßung nach Lungentransplantation im Vergleich zur isolierten Herz- oder Nierentransplantation höher – mit einer entsprechend höheren Toxizität. CNI werden über das hepatische Cytochrom-P450-System metabolisiert. Interaktionen mit anderen Medikamenten können die CNI-Blutspiegel gravierend beeinflussen.
Geplante Änderungen der Medikation sollten daher immer mit dem Transplantationszentrum abgestimmt werden.
Die Nachsorge nach Lungentransplantation ist komplex und erfordert ein hohes Maß an Mitarbeit des Patienten. Ziel ist es, Komplikationen zu vermeiden, frühzeitig zu erkennen und präemptiv zu behandeln. Regelmäßige ambulante Vorstellungen im und Kontakte mit dem Transplantationszentrum, Röntgenthorax-, Labor- und Lungenfunktionsuntersuchungen auch als Heimspirometrie sowie Bronchoskopien sind unerlässlich. Initial nimmt die Lungenfunktion üblicherweise zu, um nach 3–6 Monaten ein Plateau zu erreichen. Anschließend variieren die Werte nur gering. Ein Abfall um mehr als 10% vom Ausgangswert, neu aufgetretener Husten, Auswurf, Fieber oder Luftnot bedürfen einer umgehenden Bewertung durch das Transplantationszentrum. Die dort durchgeführte Bronchoskopie mit broncho-alveolärer Lavage und transbronchialer Biopsie ermöglicht die Diagnose.
Komplikationen
Frühpostoperative Komplikationen
Die 90-Tage-Mortalität beträgt durchschnittlich 15%. In den ersten 3 Tagen nach Transplantation stellt die primäre Transplantatdysfunktion mit einer Inzidenz von 10% die häufigste Komplikation dar (Tab. 3). Das klinische Bild ähnelt dem akuten progressiven Lungenversagen (ARDS), die Mortalität beträgt bis zu 73%. Differenzialdiagnostisch sind eine Obstruktion der Pulmonalvenen und eine fulminante akute Abstoßung abzugrenzen. Die Therapie entspricht der des ARDS mit inhalativer Stickoxidgabe und extrakorporaler Membranoxygenierung bei schwerem Verlauf.
Weitere Komplikationen sind Läsionen des N. phrenicus mit Zwerchfellparese, des N. vagus mit Magenentleerungsstörung, der Hämatothorax, Verletzungen des Ductus thoracicus mit Chylothorax, bronchopleurale Fisteln, kardiovaskuläre Komplikationen, das akute Nierenversagen sowie nosokomiale oder Cytomegalie-Virus-assoziierte Infektionen (Tab. 3).
Da die bronchialarterielle Versorgung der Spenderlunge bei der Organentnahme unterbunden wurde und die Perfusion nach Transplantation retrograd aus der pulmonalarteriellen Strombahn erfolgt, tritt häufig eine schwere Schleimhautischämie mit fibrinöser Bronchitis und ausgedehnten Fibrinbelägen auf. Folgen können Atelektasen, Infektionen und Blutungen sein, die wiederholte Bronchoskopien erforderlich machen.
Infektionen
Infektionen stellen mit 27% die Haupttodesursache nach Lungentransplantation dar [15]. In den ersten 6 Monaten führen bronchopulmonale Infekte häufig zur stationären Aufnahme. Die Immunsuppression, ein verminderter Hustenreflex und die reduzierte mukoziliäre Clearance wirken infektfördernd. Die Symptome sind oft atypisch: fulminante Krankheitsverläufe können afebril ohne Husten auftreten [17].
Auslöser nosokomialer Infektionen sind vor allem Staph. aureus und gramnegative Erreger. Aspergillen weisen ein Spektrum von der asymptomatischen, harmlosen Kolonisation der Atemwege bis hin zur invasiven bronchopulmonalen Aspergillose und dem prognostisch äußerst ungünstigen septischen Verlauf mit Befall des ZNS auf. Die Aspergillose der Anastomose stellt eine ernste Komplikation dar: neben einer Dehiszenz droht die Ausbreitung in das Mediastinum, die Pleura und die umgebenden Gefäße mit Gefäßarrosion, nicht beherrschbarer Blutung und Sepsis. Prophylaxe und Therapie lokaler, invasiver und disseminierter Pilzinfektionen konnten durch Einführung neuer Antimykotika (Azole, Echinocandine) deutlich verbessert werden. Pneumocystis-jirovecii-Pneumonien und Nokardieninfektionen sind unter Dauerprophylaxe mit Cotrimoxazol selten.
Virusinfektionen werden vor allem durch Cytomegalieviren (CMV) verursacht. Die Konstellation eines CMV-antikörperpositiven Spenders und eines antikörpernegativen Empfängers birgt das größte Infektionsrisiko in sich. Eine Prophylaxe mit Valganciclovir in den ersten 3 Monate ist teuer, kann aber die Anzahl der potenziell letal verlaufenden Infektionen signifikant senken [33]. Ganciclovirresistente Stämme treten durch wiederholte Exposition in bis zu 15% auf. Ambulant erworbene Virusinfekte (Influenza, Parainfluenza, RS-Virus, humanes Metapneumovirus) können schwere Verläufe bis zum respiratorischen Versagen verursachen und erhöhen das Risiko einer späteren Organdysfunktion [16, 28].
Der Impferfolg ist unter Immunsuppression reduziert, Lebendimpfungen sind kontraindiziert. Impfungen sollten in den ersten 6 Monaten vermieden werden. Die jährliche Influenzaimpfung ist auch für im Haushalt lebende Angehörige obligat.
Akute Transplantatabstoßung
Die im ersten Jahr häufige akute Abstoßung verläuft selten lebensbedrohlich. Unspezifische Symptome wie Husten, subfebrile Temperaturen, Luftnot, Hypoxämie, Pleuraerguss, interstitielle Infiltrate oder ein Abfall der Lungenfunktion können auftreten. Histologisch besteht eine lymphozytäre Infiltration der terminalen Bronchioli und begleitender Gefäße (Abb. 3). Eine internationale Klassifikation ist etabliert [32]. Die akute Abstoßung ist nach einem Steroidpuls (Methylprednisolon 15 mg/kgKG/Tag für 3 Tage) meist vollständig reversibel.
Chronische Organdysfunktion
Vom 2. Jahr an stellen das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (BOS, Tab. 4) als Korrelat einer chronischen Transplantatdysfunktion und nicht-CMV-assoziierte Infektionen die Haupttodesursachen im Langzeitverlauf dar.
Trigger des BOS, das als progrediente obstruktive Ventilationsstörung imponiert, scheinen wiederholte akute Abstoßungen, virale Infekte, mangelhafte Therapieadhärenz, Aspiration sowie ein gastroösophagealer Reflux zu sein. Jeder 2. Empfänger ist 5 Jahre nach Transplantation von einem BOS betroffen. Histologisch imponiert eine Obliteration der Bronchiolen (Abb. 4).
Sind mögliche Auslöser behandelt, erzielt die Langzeittherapie mit Azithromycin (250 mg/Tag an 3 Tagen/pro Woche) bei einem Drittel der Behandelten eine moderate Verbesserung der Lungenfunktion. Die Erfolgsrate liegt bei ausgeprägter Neutrophilie in der bronchoalveolären Lavage höher [12]. Ein adjuvantes Verfahren ist die Photopheresebehandlung mit einem T-Zell-modulatorischen Effekt [35, 21].
Bei progredientem BOS mit schwerer respiratorischer Insuffizienz sollte die Indikation zur Retransplantation geprüft werden.
Kriterien zur Auswahl geeigneter Kandidaten stellen vorhandene Mobilität, bisherige Therapieadhärenz, Alter bei Diagnose des BOS und relevante Begleiterkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz, Über- oder Untergewicht, Immobilität) dar.
Pulmonale Toxizität
Vor allem die Proliferationssignalinhibitoren Sirolimus und Everolimus besitzen bei 5% der Transplantierten eine pulmonale Toxizität. Diese kann sich in Form von pulmonalen Infiltraten, Pleuraergüssen und schweren Wundheilungsstörungen der Anastomosen manifestieren.
Atemwegskomplikationen
Die Prävalenz relevanter Atemwegskomplikationen liegt bei etwa 20%. Unterschieden werden Nekrosen und Obstruktionen neben den seltenen Torsionen. Risikofaktoren scheinen ein Größenmissverhältnis zwischen Spender und Empfänger und das Ausmaß einer Ischämie der Anastomose zu sein. Intrabronchiale Desobliterationstechniken (Argonplasmakoagulation, Laser- und Kryotherapie) werden zur Entfernung von Granulationsgewebe eingesetzt. Bronchusstenosen neigen zu Rezidiven (Abb. 5). Intrabronchiale Ballondilatation und die Stentimplantation stellen weitere Optionen dar. Bronchialstents werden auch zur Behandlung von Strikturen, zur Deckung von Dehiszenzen und bei Bronchomalazie eingesetzt. Die Verlaufsbeurteilung von Stenosen erfordert oft wöchentliche Bronchoskopien.
Gastroenterologische Komplikationen
In den ersten 6 Monaten tritt bei älteren Empfängern unter der Immunsuppression häufig eine Divertikulitis mit Perforationsgefahr auf.
Bei zystischer Fibrose ist frühpostoperativ das distale intestinale Obstruktionssyndrom (DIOS) häufig, welches sich klinisch als Subileus oder Ileus äußert. In einer retrospektiven Analyse hatten 20% der Empfänger mit zystischer Fibrose eine oder mehrere DIOS-Episoden, die Hälfte davon frühpostoperativ [9]. Ursachen für das DIOS auf Intensivstation sind eine negative Flüssigkeitsbilanz zur Vermeidung des Reperfusionsödems, Opiatanalgesie, intestinale Minderperfusion und Infektionen. Bewährt hat sich aus unserer Sicht die enterale Gabe eines hyperosmolaren, wasserlöslichen Kontrastmittels (50–100 ml Gastrografin®), ggf. kombiniert mit einer enteralen Darmspülung (Golitely®, KleanPrep®), der Dekompression des Darms und Einläufen. Ultima ratio ist die operative Therapie bei manifestem Ileus (Abb. 6). Prophylaktisch erfolgen Kontrollen der Stuhlfrequenz, eine ausreichende Hydratation, die Reduktion von Opiaten und die Gabe von Acetylcystein und Quellmitten wie Movicol.
Magenentleerungsstörungen als Folge einer Vagusläsion sind häufig und beeinflussen die Resorption der Immunsuppressiva. In diesem Fall werden Metoclopramid und Erythromycin, letztgenanntes in niedriger Dosierung (3×50 mg/Tag), als Dauertherapie erforderlich.
Der gastroösophageale Reflux bedarf als möglicher Trigger des Bronchiolitis-obliterans-Syndroms einer Protonenpumpenhemmergabe mit entsprechender Schlafhygiene (Oberkörperhochlagerung, Vermeiden von Spätmahlzeiten).
Hämatologische Komplikationen
Zytopenien sind Folge einer medikamentös-toxischen Myelosuppression. Mögliche Auslöser können Azathioprin, Mycophenolat Mofetil, Ganciclovir, Valganciclovir, Voriconazol, Cotrimoxazol, Protonenpumpen- und Proliferationsignalinhibitoren sein. Diese Pharmaka werden – mit Ausnahme der obligaten Immunsuppressiva – im Falle einer Zytopenie reduziert oder abgesetzt. Eine wichtige Differenzialdiagnose der Leukopenie ist die akute CMV-Infektion.
Thrombotische Mikroangiopathien, bei Nierenbeteiligung als hämolytisch-urämisches Syndrom, bei systemischer oder ZNS-Beteiligung als thrombotisch-thrombozytopenische Purpura, treten im ersten Jahr nach Transplantation häufiger unter der Kombination aus Calcineurininhibitor und Proliferationssignalinhibitor auf [14]. Typisch ist eine hämolytische Anämie mit Thrombozytopenie. Fragmentozyten und nicht nachweisbares Haptoglobin sind suggestiv. Bei akutem Nierenversagen, schweren neurologischen Symptomen und anhaltender Hämolyse erfolgt eine Plasmapherese mit Ersatz von Sirolimus oder Everolimus durch Zellzyklusinhibitoren oder einem Wechsel des Calcineurininhibitors. Milde Formern sprechen auf Glukokortikoide an.
37% der Patienten weisen eine Hypogammaglobulinämie auf (IgG <4g/l) [11]. Im Falle rezidivierender Infektionen werden die Zellzyklusinhibitoren reduziert oder abgesetzt.
Tumoren
Plattenepithelkarzinome der Haut sind die häufigsten Tumore nach Lungentransplantation. Darauf folgen Lymphome (Post Transplant Lymphoproliferative Disorders, PTLD). Diese sind häufig B-zellulären Ursprungs und Epstein-Barr-Virus-assoziiert. Die Symptome sind unspezifisch (Fieber, Lymphadenopathie, Transplantatdysfunktion, Gewichtsverlust). Manifestationsort ist mit 50% das Transplantat (Rundherde), extranodale und disseminierte Formen sind häufig. Die Diagnose ist histologisch zu sichern. Der Einsatz von monoklonalen CD-20-Antikörpern als Monotherapie (4 Zyklen mit 375 mg/m2 Rituximab in wöchentlichem Abstand) bewirkt Remissionsraten von etwa 60% bei geringer Toxizität.
Nephrologische Komplikationen
5 Jahre nach Lungentransplantation weisen 38% der Patienten eine chronische Niereninsuffizienz (glomeruläre Filtrationsrate, GFR <50% vom Soll) auf [15], wobei sich die GFR im ersten Jahr gegenüber dem Ausgangswert durchschnittlich um 50% verringert. 3% der transplantierten Patienten sind dialysepflichtig. Neben Begleiterkrankungen ist die Therapie mit Calcineurininhibitoren ursächlich verantwortlich.
Kardiovaskuläre Komplikationen
Die Inzidenz kardiovaskulärer Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes mellitus und Hyperlipoproteinämie beträgt nach 5 Jahren 85%, 47% bzw. 31%. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind aber nur für 5% der Todesfälle verantwortlich. Das niedrigere Durchschnittsalter bei Transplantation und eine gegenüber der Normalbevölkerung kürzere Lebenserwartung sind eine mögliche Erklärung. Als Antihypertensiva werden ACE-Hemmer und Kalziumantagonisten bevorzugt, wobei Verapamil und Diltiazem die Immunsuppressivaspiegel anheben.
Frühpostoperativ sind atriale Tachykardien (Vorhofflimmern, -flattern) häufig. Ursachen sind Elektrolytstörungen, Hypoxämien, Ischämien oder atriale Reentrymechanismen aus Vorhofanastomosen nach Herz-Lungen-Transplantation. Pharmakologisch müssen QT-Zeit-verlängernde Substanzen beachtet werden.
Neurologische Komplikationen
Calcineurininhibitoren können zu Tremor, Kopfschmerzen und Parästhesien führen. Bei der CNI-assoziierten posterioren Leukenzephalopathie treten Verwirrung, Koma, Krampfanfälle, kortikale Blindheit und Lähmungen auf. Zur Differenzialdiagnose (ZNS-Infektionen) ist die kraniale Magnetresonanztomographie geeignet, die in der T2-gewichteten Aufnahme verstärkte Signale vor allem der Okzipitalregion zeigt. Therapie der Wahl ist die Dosisreduktion der CNI. Ein Wechsel des CNI bleibt sowohl auf die Leukenzephalopathie wie auch auf die im Verlauf auftretenden peripheren Neuropathien ohne Effekt.
Rehabilitation
Nach Lungentransplantation besteht die Indikation zur Anschlussrehabilitation. Präoperative Konstitution, Muskelstatus [26], Transplantatfunktion, Komplikationen, Immunsuppression und potenzielle Risiken im Langzeitverlauf erfordern eine strukturierte Rehabilitation, die in enger Kooperation mit dem Transplantationszentrum durchgeführt wird.
Neben der medizinischen Trainingstherapie (Ausdauer-, Intervall- und Krafttraining) werden Atem- und Physiotherapie, Krankengymnastik, eine psychologische Begleitung und eine Ernährungsberatung durchgeführt, die die Effekte der Immunsuppression und möglicher Begleiterkrankungen (Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz, Unter- oder Übergewicht) erläutert. In Seminaren für Patienten und Angehörige wird Wissen über die Transplantation, die Pharmakotherapie, mögliche Komplikationen und die Beeinflussung der Lebensumstände durch die Transplantation vermittelt. Psychologische Verfahren dienen der Therapieadhärenz und der Krankheitsbewältigung [10].
Trotz optimalem Verlauf weisen Patienten nach Lungentransplantation im Langzeitverlauf im Vergleich zur Normalbevölkerung ein Leistungsdefizit der Skelettmuskulatur aufgrund einer peripheren Muskeldysfunktion auf [7, 19, 22].
Die Lebensqualität kann durch die Nebenwirkungen der Immunsuppressiva beeinflusst werden [20, 23].
Nach einem Zeitraum von 6, bei Komplikationen von 12 Monaten ist bei günstigem Langzeitverlauf eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung oder Umschulung in einen Beruf mit leichter körperlicher Tätigkeit unter Berücksichtigung infektionsprophylaktischer Voraussetzungen an einem trockenen, klimatisierten, sauberen, schadstofffreien- und staubarmen Arbeitsplatz unter Vermeidung von Wechselschicht-, Nachtschicht- oder Akkordarbeit möglich.
Während 12 Monate nach Transplantation ca. 70% der Patienten erwerbslos oder berentet und nur ca. 30% erwerbstätig sind, gehen weltweit 10 Jahre nach einer Lungentransplantation immerhin 40% der Patienten einer Erwerbstätigkeit nach [15].
Langzeitergebnisse
Die Resultate der Transplantationszentren werden jährlich in internationalen (ISHLT; [15]) oder nationalen Registern (DSO; [5]) publiziert. Bei Betrachtung der Überlebenszeit wird deutlich, dass es sich bei der Transplantation um keine Heilung, sondern um eine Therapie handelt, die nicht die Lebenserwartung der Normalbevölkerung erzielen kann: so leben weltweit nach 5 Jahren noch 51% der lungentransplantierten Patienten. Europäische Zentren erreichen eine 5-Jahres-Überlebensrate von über 60%. Unabhängig von einer Verlängerung der Überlebenszeit ist für den Patienten aber auch der erhebliche Zugewinn an Lebensqualität von hoher Bedeutung [13, 31, 25].
Fazit für die Praxis
Bei weit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen stellt die Lungentransplantation eine die Lebensqualität und teilweise auch die Überlebenszeit verbessernde Therapie dar:
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Da noch immer jeder 6. Patient auf der Warteliste verstirbt, muss die Empfängerauswahl nach sorgfältiger Abwägung der Risikofaktoren, der Begleiterkrankungen sowie Kontraindikationen mit dem zu erwartenden Benefit erfolgen.
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Die durchschnittlich 22 Monate auf der Warteliste sollten zur Verbesserung des Muskelstatus, der Korrektur eines Unter- oder Übergewichts und der Auffrischung des Impfstatus genutzt werden.
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Die Nachsorge erfordert ein hohes Maß an Mitarbeit des Patienten und sollte in engem Kontakt mit dem Transplantationszentrum erfolgen.
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Während in den ersten 3 Tagen nach Transplantation die primäre Transplantatdysfunktion die häufigste Komplikation ist, stellen Infektionen mit 27% die Haupttodesursache nach Lungentransplantation dar.
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Die im ersten Jahr häufige akute Abstoßung verläuft selten lebensbedrohlich und ist meist vollständig reversibel, dagegen führt das Bronchiolitis-obliterans-Syndrom im Langzeitverlauf häufig zu schwerer respiratorischer Insuffizienz.
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Eine strukturierte Rehabilitation umfasst eine medizinische Trainingstherapie, Atem- und Physiotherapie, Krankengymnastik, eine psychologische Begleitung und Ernährungsberatung.
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Neben einer 5-Jahres-Überlebensrate von über 60% in europäischen Zentren besteht der Therapieerfolg auch in einem erheblichen Zugewinn an Lebensqualität für die Patienten.
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Dierich, M., Fuehner, T., Welte, T. et al. Lungentransplantation. Internist 50, 561–571 (2009). https://doi.org/10.1007/s00108-008-2271-0
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