Hintergrund

Um das Langzeitüberleben von Patienten mit Ösopgahuskarzinomen zu verbessern, kann die Durchführung eines multimodalen Therapieregimes als aktueller Standard angesehen werden. Bei diesem Konzept stellt die hohe Morbiditätsrate der chirurgischen Therapie von etwa 60 % die größte Herausforderung dar. Komplikationen verlängern nicht nur den Krankenhausaufenthalt und verursachen deutlich erhöhte Kosten, sondern beeinflussen die postoperative Lebensqualität negativ und verringern sogar die Überlebensrate. Die frühzeitige Identifizierung von Risikopatienten ist daher von immenser Wichtigkeit, um ggf. das therapeutische Vorgehen anpassen zu können.

Die vorliegende Studie hat das Ziel, potenziell beeinflussbare Risikofaktoren für Komplikationen nach onkologischen Ösophagusresektionen zu identifizieren.

Methodik und Patienten

Zwischen 2001 und 2011 wurden 128 Patienten am Universitätsklinikum Lausanne aufgrund eines Ösophaguskarzinoms operiert. Die Daten wurden prospektiv erfasst und ausgewertet. Als potenziell beeinflussbare Risikofaktoren wurden der Ernährungszustand (Body-Mass-Index [BMI], Serumalbumin) sowie ein Alkohol- und Nikotinabusus untersucht.

Ergebnisse

Die Einschlusskriterien wurden von 93 Patienten erfüllt. Bei 71 Patienten wurde ein Magenhochzug mit thorakalem Anschluss und bei 16 Patienten mit zervikalem Anschluss durchgeführt. 6 Patienten erhielten eine transhiatale Gastrektomie. Die Gesamtkomplikationsrate lag bei 81 % (56 % minor; 18 % major). Die Mortalitätsrate betrug 6 % (n = 6). Am häufigsten traten pulmonale Probleme (55 %, n = 59), gefolgt von kardiovaskulären Ereignissen (35 %; n = 38) und Anastomoseninsuffizienzen (18 %; n = 19) auf. In der multivariaten Analyse konnten weder ein erniedrigter BMI und die Hypalbuminämie noch ein erhöhter Alkoholkonsum als unabhängige Risikofaktoren für postoperative Komplikationen bestätigt werden. Der Nikotinabusus zeigte sich demgegenüber als signifikanter Risikofaktor für Majorkomplikationen (p = 0,002). Bei der Analyse des simultanen Auftretens von zwei respektive mehreren der untersuchten Risikofaktoren zeigte sich eine signifikante Beziehung zur Gesamtkomplikationsrate. 83 % der Patienten mit Majorkomplikationen hatten wenigstens zwei der untersuchten Risikofaktoren.

Diskussion

Die vorliegende Studie verdeutlicht, dass Ösophagusresektionen als Hochrisikooperationen zu bewerten sind. Die Komplikationsrate von 81 % erscheint realistisch, allerdings ist die geringe Fallzahl zu berücksichtigen (etwa 12 Resektionen/Jahr). Des Weiteren sind das retrospektive Design und die aus unserer Sicht ungenügende Anwendung des BMI in Kombination mit dem Serumalbumin als Beurteilungsparameter des Ernährungszustandes zu bemängeln.

Die von den Autoren untersuchten Risikofaktoren spiegeln die typische Konstellation von Patienten mit einem Ösophaguskarzinom wider und sind zugleich auch entscheidend an der Karzinogenese beteiligt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass diese Faktoren bzw. deren simultanes Auftreten auch einen negativen Einfluss auf das direkte postoperative Outcome haben.

Ob durch eine präoperative Umstellung der Lebensgewohnheiten (Nikotin- und Alkoholkarenz) und eine Verbesserung der Ernährungssituation tatsächlich ein positiver bzw. protektiver Effekt erzielt werden kann, muss in weiteren Studien geklärt werden. Für den klinischen Alltag stellt dies die größte Schwierigkeit dar, da diese spezielle Vorbereitung nicht nur eine interdisziplinäre, sondern auch eine intersektorielle Herausforderung bedeutet, einer adäquaten Patientencompliance bedarf und darüber hinaus einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt. In diesem Kontext ist gegenwärtig unklar, wie lange eine Alkohol- und Nikotinkarenz nötig ist, um eine wirkliche Verbesserung der Risikosituation zu realisieren.