Hintergrund und Fragestellung

Die Gastrektomie ist das häufigste Resektionsausmaß beim Magenkarzinom. Postoperative Komplikationen haben eine unabhängige negative Auswirkung auf die Prognose der betroffenen Patienten. Daher sind verlässliche Daten zur Morbidität und Mortalität von immenser Wichtigkeit. Die Definition von Morbidität ist jedoch sehr uneinheitlich (minor/major bzw. signifikant/nichtsignifikant). Eine detaillierte, auf die Auswirkungen für die Patienten bezogene Definition postoperativer Komplikationen nach Gastrektomie liegt nicht vor. Die allgemein anerkannte Clavien-Dindo-Klassifikation wird nur inkonstant angewendet und die vorliegenden Morbiditäts- und Mortalitätsraten schwanken in der Literatur zwischen 9–46 % sowie 1–10 %. Ein zulässiger Vergleich ist so nicht möglich.

Das Ziel der vorliegenden Studie ist die exakte Erhebung der Morbiditäts- und Mortalitätsraten nach Gastrektomie, indem alle postoperativ auftretenden Komplikationen detailliert definiert und klinisch bewertet werden.

Patienten und Methodik

Seit 2001 werden im Memorial Sloan Kettering Cancer Center alle postoperativen Komplikationen in einer prospektiven Datenbank dokumentiert. Alle Operateure dokumentieren ihre Komplikationen, die im Rahmen einer Morbiditäts- und Mortalitätskonferenz hinsichtlich der Korrektheit und Vollständigkeit geprüft und bezüglich ihrer Schwere klassifiziert werden. Aktuell sind mehr als 220 Komplikationen klar definiert und werden entsprechend der klinischen Ausprägung von Grad 1 bis 5 (grade 1: bedside care or oral medication; 2: intravenous medication or transfusion; 3: radiologic, endoscopic or operative intervention required; 4:resulting in chronic disability or organ resection 5: death/frei; umfänglich abrufbar unter www.mskcc.org/sse) eingeteilt.

Für diese Studie konnten aus der Datenbank die Daten von 238 Patienten, die zwischen 2003 und 2012 eine Gastrektomie in kurativer Intention erhalten haben und für die ein vollständiges 90-Tage-Follow-up vorlag, ausgewertet werden.

Ergebnisse

Die 90-Tage-Mortalität betrug 2,9 % (Duodenalstumpfinsuffizienz n = 3, proximale Anastomoseninsuffizienz n = 2, unklare Sepsis n = 1, Karotisblutung bei Zweitkarzinom n = 1). Im 90-Tage-Follow-up waren lediglich 37 % der Patienten ohne dokumentierte Komplikation. Mit 20 % (n = 48) war die transfusionspflichtige Anämie (ohne aktive Blutung) die häufigste Komplikation, gefolgt von Wundheilungsstörungen mit 18 % (n = 44/Grad ≥ 3: 2,3 %). Eine Anastomoseninsuffizienz trat in 14,7 % (n = 10/Grad 1–2: 4,2 %; n = 25/Grad ≥ 3: 10,5 %) auf. Eine Duodenalstumpfinsuffizienz wurde bei 3,8 % (n = 9/Grad ≥ 3: 77,8 %) der Patienten diagnostiziert. Risikofaktoren für klinisch relevante Komplikationen konnten nicht detektiert werden. Insgesamt wurde 342 Komplikationen dokumentiert, davon 11 % (n = 37) zwischen dem 30. und dem 90. postoperativen Tag. Die Anämie (n = 7) war hier erneut die häufigste Komplikation, gefolgt von der Anastomosenstenose (n = 3). 30 % aller Komplikationen traten erst nach der Entlassung auf. Die Anastomoseninsuffizienz war hinsichtlich der klinischen Relevanz die häufigste Komplikation.

Diskussion

Die vorliegende Studie verdeutlicht auf der einen Seite die Relevanz einer genauen Definition postoperativer Komplikationen – vor allem in Korrelation zu dem klinischen Schweregrad – und auf der anderen Seite die Wichtigkeit des ehrlichen und transparenten Umgangs mit erhobenen Daten. Weiterhin zeigt sich erneut die Bedeutung einer suffizienten Nachsorge bei erheblicher Morbidität erst nach der Entlassung.

Die Autoren beschreiben mit dem o. g. Vorgehen einen suffizienten, jedoch sehr aufwendigen und sicherlich nicht überall realisierbaren Lösungsansatz für die bekannte Problematik. Die Themen Transparenz, zulässiges Benchmark und freier Zugang zu behandlungsrelevanten Daten werden die Zukunft weiter prägen, zumal sie zunehmend gesellschaftlich und politisch eingefordert werden.

Interessenkonflikt

T. Franzke und J. Jähne geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.